Rüstungsprojekt ARED: In die Zukunft durch hochmoderne Technik

Feierliche Übergabe des sechsten Großraumradargerätes in Freising an die Bundeswehr

(wS/bw) Erndtebrück/Freising | Ob Tiefflieger oder Höhenaufklärer – bis an die Grenzen der Stratosphäre erfassen sie Flugziele in einer Entfernung von bis zu 470 Kilometern: Sechs hochmoderne neue Radargeräte vom Typ Ground Master 406 Fixed (GM 406 F) sind nun von der Nordsee bis zu den Alpen unter Führung der Luftwaffe für die Sicherheit im deutschen Luftraum im Dauerbetrieb. Das 120 Millionen Euro teure Rüstungsprojekt „Aktives Radarrundsuchgerät Einsatzführungsdienst (ARED)“ kommt damit erfolgreich und termingerecht zum Abschluss.

Das neue Radargerät ist kleiner, leichter und effektiver geworden. Analog ist Geschichte und macht Platz für die digitale Zukunft.

Das neue Radargerät ist kleiner, leichter und effektiver geworden. Analog ist Geschichte und macht Platz für die digitale Zukunft. (Fotos: Thales Deutschland / Pitt Marx)

Am Dienstag, 08.09.2015,  wurde das sechste Radarsystem aus dem Rüstungsprojekt ARED feierlich durch die Firma ThalesRaytheonSystems (TRS) an die Bundeswehr übergeben. Der Abgesetzte Technische Zug 248 (AbgTZg 248) in Freising, der unter Verantwortung des Einsatzführungsbereich 2 in Erndtebrück für den Betrieb des neuen Radargerätes verantwortlich ist, übernimmt das neue System. Das GM 406 F blickt jetzt offiziell im Namen der Luftwaffe in den Himmel über der bayrischen Kreisstadt Freising. Die zwei Antennen mit einer Breite von circa sechs und acht Metern drehen sich 10 mal pro Minute und erfassen dabei Flugziele in einer Entfernung zwischen 5 und 470 Kilometern. Selbst in 33 Kilometern Höhe finden die Radarstrahlen des GM 406 F ihr Ziel. Zum Vergleich: Ein normales Verkehrsflugzeug fliegt in einer Höhe von etwa elf Kilometern. Freising ist der Abschluss der ARED-Einführung, nachdem es bereits erfolgreich an den Standorten Brekendorf, Visselhövede, Auenhausen, Erndtebrück und Lauda eingerüstet wurde.

Oberst i.G. Tönges (BMVg), Patrick Moreau (TRS), Elmar Wassenberg (BAAINBw) und Brigadegeneral Bartscher (Kdo Lw) bei der Zeremonie.

Oberst i.G. Tönges (BMVg), Patrick Moreau (TRS), Elmar Wassenberg (BAAINBw) und Brigadegeneral Bartscher (Kdo Lw) bei der Zeremonie.

Technik, die sich lohnt

„Die Radarsysteme sind die Augen des Einsatzführungsdienstes der Luftwaffe“, sagte Brigadegeneral Bartscher, Abteilungsleiter 4 Unterstützung des Kommando Luftwaffe beim Übergabeappell in der neuen Radarkuppel. Mit ihnen werde für die kontinuierliche Überwachung des deutschen Luftraums und über dessen Grenzen hinaus Sorge getragen, sagte Bartscher weiter.

Planmäßig im Zeit- und Kostenrahmen sei das Projekt, laut Oberst i.G. Peter Tönges, Leiter des Referats AIN IV 3 des Bundesministeriums der Verteidigung, realisiert worden. „Das Beschaffungswesen der Bundeswehr muss also doch besser sein, als es die Schlagzeilen der letzten Monate nahe legen“, scherzte er während des Übergabeappells. Acht Monate aufwendige Infrastrukturmaßnahmen liegen hinter dem kleinen Standort nahe München. Seit November 2014 bis Juni 2015 wurde unter anderem die städtische Stromanbindung erneuert und der Radarturm kernsaniert. Im gesamten Gebäude wurde das Informations- und Kommunikationsnetz erneuert und alle Elektroinstallationsarbeiten den neuen Raumanforderungen angepasst. „Es gab offensichtlich viel zu tun“, fügte Tönges hinzu.

Modernste Technik: Die sechs und acht Meter großen Antennen drehen sich 10 mal pro Minute im Dauerbetrieb.

Modernste Technik: Die sechs und acht Meter großen Antennen drehen sich 10 mal pro Minute im Dauerbetrieb.

Meilenstein der Luftraumüberwachung

An insgesamt 18 Radar-Standorten, verteilt über ganz Deutschland, werden Flugziele erfasst. Zur Erstellung eines immer aktuellen Luftlagebildes werden die gesammelten Daten an die beiden Control and Reporting Center (CRC) Erndtebrück und Schönewalde übertragen. Von dort aus wird im Notfall die Alarmrotte, zwei bewaffnete Eurofighter, mit Hilfe der Radargeräte zum Ziel geführt, um zivilen Maschinen Hilfe zu leisten oder Bedrohungen abzuwenden. „Die Bedeutung dieser Aufgabe zeigt sich dadurch, dass diese rund um die Uhr erbracht werden muss und bereits im Frieden im NATO-Verbund wahrgenommen wird“, erklärt Brigadegeneral Bartscher unter den neuen Antennen des Systems.

Das neue ortsfeste 3D-Radargerät gilt als äußerst genau und zuverlässig und eignet sich bestens für die Landes- und die taktische Luftraumverteidigung. Die beiden wesentlichen Komponenten des ARED-Systems sind dasPrimärradar Ground Master 406 F des Herstellers TRS und das bereits in der Bundeswehr eingeführte Sekundärradar MSSR 2000 I der Firma Airbus Defence & Space. Beide Systeme wurden durch die Firma TRS in der französischen Kleinstadt Limours montiert. „Auch technischen Laien wird bei dem Anblick dieser Radarstellung bewusst, wie viel Arbeit und Abstimmung zwischen vielen Menschen notwendig ist“, betonte Elmar Wassenberg, Leiter der Abteilung Ausrüstungsmanagement und Strategie des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnologie und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) vor den etwa 80 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Militär.

Nach Angaben des Herstellers TRS arbeitet das Radargerät mit modernster Technologie und bietet eine überlegene Zielerkennung. Vom sehr wendigen taktischen Flugzeug, das unter der konventionellen Radarerkennung fliegt, bis hin zu Objekten mit ungewöhnlich kleinem Radarquerschnitt wie Drohnen oder Marschflugkörper – das neue Gerät erfasst jedes Flugziel. Für die Luftwaffe stellt die Einführung des ARED einen wichtigen Meilenstein für die Luftraumüberwachung dar.

Effektiv, wirtschaftlich, gut

Neben dem technisch hochmodernisierten Innenleben fallen die äußeren Veränderungen besonders stark ins Auge. Brauchte der Vorgänger Medium Power Radar (MPR) noch über drei Etagen des Gebäudes, steht das GM 406 F nur auf einem kleinen Podest im oberen Teil der Radarkuppel. Das neue System ist kleiner, leichter, effektiver und vor allem kostengünstiger. Durch die Nutzung vorhandener Infrastruktur war an keinem der sechs ARED-Standorte ein Neubau notwendig. Aber auch beim Personal konnte eingespart werden. Bislang brauchte man mindestens vier Techniker, die im Dauerschichtbetrieb arbeiten mussten. ARED kommt mit deutlich weniger Personal aus. Nachts oder an Wochendenden muss beispielsweise niemand mehr im Dienst sein, weil Neustarts und Notabschaltungen sogar per Knopfdruck aus dem CRC erfolgen können.

Die Böllerschützen Neufahrn rundeten die Übergabezeremonie mit ihren Salut-Schüssen nach bayrischer Tradition ab.

Die Böllerschützen Neufahrn rundeten die Übergabezeremonie mit ihren Salut-Schüssen nach bayrischer Tradition ab.

42 Jahre treue Dienste

Vor der Einrüstung des neuen Gerätes war auch in Freising das MPR im Einsatz. Stolze 42 Jahre drehte sich die 96 Quadratmeter große, 16 Meter breite und sechs Meter hohe Antenne ungefähr 122.000.000 mal und erfasste dabei etwa 590.000.000 Flugziele. Am 22. Oktober 2014 wurde das letzte MPR in Freising abgeschaltet. Trotz regelmäßiger Wartungsmaßnahmen und Systemupgrades war das MPR irgendwann überholt. Eine weitere und längerfristige Nutzung wurde durch die Bundeswehr aus technischen und wirtschaftlichen Gründen als nicht mehr vertretbar bewertet.

Zeitachse des Fortschritts

Bereits 2008 bekam die französische Firma ThalesRaytheonSystems (TRS) nachinternationaler Ausschreibung den Zuschlag als Auftragnehmer für die Integration eines Nachfolgeradars. Im Jahr 2010 wurde der Vertrag zur Beschaffung von sechs Weitbereichsradaren Ground Master 406 F unterzeichnet. Das erste Radarsystem des ARED-Projektes wurde Anfang Juli 2013 in Auenhausen in Betrieb genommen. Bereits im Februar 2014 folgte das zweite Gerät in Lauda.

Viele Umrüstungen fanden zeitgleich statt, um schnellstmöglich die gewohnte flächendeckende Radarabdeckung zu erreichen. So bekam bereits im Juli 2014, der Standort Visselhövede sein neues Radargerät. Peter Obermark, Vorsitzender der Geschäftsführung TRS, betonte bei der damaligen Übergabe, dass neben dem Liefervertrag auch ein Instandhaltungs- und Wartungsvertrag zwischen dem BAAINBw und dem Koblenzer Standort von TRS geschlossen wurde. „Basierend auf langjähriger vertrauensvoller Zusammenarbeit stellt dieser die Verfügbarkeit der Systeme in den nächsten Jahren sicher“, sagte Obermark weiter.

Erndtebrück öffnete im Dezember 2014 seine „Digitalen Augen“. Kaum einen Monat bevor das GM 406 F in Freising eingeschaltet wurde bekam der Standort Brekendorf im April 2015 seine moderne Radaranlage. „Herr General Bartscher, ich freue mich sehr, Ihnen nun das letzte der sechs neuen Radarsysteme übergeben zu können“, fügte Wassenberg zum Abschluss seiner Rede hinzu. Als kleiner Nebeneffekt, so Bartscher, konnte das neue Radargerät rechtzeitig zum verstärkten Schutz des Oktoberfestes ab Mitte September 2015 wieder in Betrieb genommen werden. Salut-Schüsse der Neufahrner Böllerschützen besiegelten die Zeremonie nach bayrischer Tradition. Mit den neuen Radargeräten ist die Dauereinsatzaufgabe Luftraumüberwachung des Einsatzführungsdienstes für die kommenden Jahre gewährleistet.

Daten und Fakten:

Projekt Aktives Radarrundsuchgerät Einsatzführungsdienst – ARED

Ausschreibungszuschlag ThalesRaytheon 2008
Unterzeichnung Beschaffungsvertrags 2010
Abschaltung MPR 22. Oktober 2014
Baubeginn in Freising 3. November 2014
Fertigstellung und Beginn Testzeitraum 22. Juni 2015
Gesamtkosten ARED-Projekt 120 Millionen Euro
Antennenfläche 12,6 Quadratmeter
Drehgeschwindigkeit 10 Umdrehungen pro Minute
Höhe der Antennen 23 Meter über Grund
Durchmesser Radarkuppel 12 Meter
Auffassungsbereich Fünf bis 470 Kilometer
Auffassung kleinster Flugziele bis zu
wendigen Kampfjets, oder
Marschflugkörpern
Reichweite 470 Kilometer weit, 33 Kilometer hoch

 

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