Zehenspitzengang: Phänomen wird häufig unterschätzt

(wS/drk) Siegen 20.01.2025 | Kinder laufen häufig auf den Zehenspitzen, aber auch manche Erwachsene. Das ist jedoch mehr als eine Marotte und kann gesundheitliche Folge haben. Entsprechend frühzeitig sollten die Eltern das Zehenspitzen-Laufen ihres Kindes ärztlich abklären lassen. „Bei ihren ersten Schritten laufen Kleinkinder gerne auf den Zehenspitzen“, meint Dr. Christian Sippel. Der Leitende Arzt Kinderorthopädie an der DRK-Kinderklinik weiß wovon er spricht. Aber: „Leider wird dieses Phänomen bei Kindern durch die Kinderärzte oder die Eltern zu häufig unterschätzt und nicht ernst genommen. Hat sich der Nachwuchs den Vorfußgang erst einmal angewöhnt, ist er nur schwer wieder loszuwerden. Eine verkürzte Achillessehne, eine Fehlbelastung des Fußes mit Spreizfuß oder sogar vorzeitiger Gelenkverschleiß können die Folge sein.“

Die ideale Gangart, die uns die größte Sicherheit beim Gehen und Laufen gibt und die Muskeln, Sehnen und das Skelett am wenigsten belastet, sieht so aus: Wir setzen zuerst die Ferse auf den Boden, dann rollen wir den Fuß bis zu den Zehenspitzen ab, um den Fuß vom Boden abzudrücken. Aber: Bei einer Fehlstellung der Füße oder verkürzter Achillessehne ist dieses gesunde Gangbild nicht möglich. Ein Spitzfuß ist eine Fußfehlstellung, bei der die Fersen beim Stehen und Gehen den Boden nicht berühren. „Menschen mit einem Spitzfuß gehen und stehen also nur auf dem Vorder- und Mittelfuß – im Extremfall sogar nur auf den Zehenspitzen“, meint Christian Sippel. Das nennt man auch Fersenhochstand. Die aus dieser Fehlstellung folgende Gangart ist der Zehenspitzengang. Die Füße rollen beim Gehen nicht ab. „Aus der Perspektive des Sprunggelenkes betrachtet, ist der Fuß beim Spitzfuß nach unten gebeugt – wie zum Beispiel beim Durchtreten des Gaspedals im Auto. Ein stark ausgeprägter Spitzfuß ist sogar ständig nach unten gebeugt und der Betroffene nicht in der Lage, den Fuß gerade auf den Boden zu stellen.“ Das Problem eines dauerhaften Zehenspitzenganges ist, dass Gelenke fehlbelastet werden und sich Muskeln verkürzen. Das kann zu eingeschränkter Beweglichkeit sowie Knie- und Hüftschmerzen führen. Mögliche Folgeerkrankungen sind Arthrosen im Sprunggelenk oder im Knie. Hinzu kommen leider meistens auch noch die typischen Hänseleien unter Kindern.

Ist die Entwicklung erst einmal zu weit fortgeschritten, kommen die Mädchen und Jungen um eine Operation nicht mehr herum. Verkürzte Achillessehnen müssen mit Hilfe eines Eingriffs verlängert werden. Im Erwachsenenalter reicht dieses meistens schon gar nicht mehr aus. „Deshalb sollten die Eltern einen Blick auf ihren Nachwuchs haben und Fingerspitzengefühl beweisen“, macht der Orthopäde die Dringlichkeit deutlich. „Spätestens zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr sollte sich der Vorfußgang wieder normalisiert haben und das Kind normal laufen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich das Ganze einschleift und zur Gewohnheit wird. Der Gang zum Kinderarzt ist unumgänglich.“ Dieser sollte eine Physiotherapie mit Gangschulung verordnen. Ihr Ziel ist es, ein harmonisches Gangbild zu erreichen und bestimmte Muskeln zu aktivieren. Im Einzelfall wird auch mit dem Nachwuchs „richtig“ laufen geübt. Auf diese Art und Weise soll die Muskulatur gestärkt werden, die dagegen arbeitet. Helfen können auch Pyramiden-Einlagen, wenn die Physiotherapie keine messbaren Erfolge zeigt und die Kinder nach wie vor auf Zehenspitzen laufen. „Wenn alle Stricke reißen folgen Nacht-Lagerungsschienen oder Tag-Orthesen“, erläutert der Fachmann die gängige Praxis. „Damit haben die Kinder erst gar keine Möglichkeit mehr, falsch aufzutreten. Das Gangbild ändert sich danach relativ zügig.“

Ist die Entwicklung erst einmal zu weit fortgeschritten und die Kinder laufen immer noch auf den Zehenspitzen, kommen die Mädchen und Jungen um eine Operation nicht mehr herum.

Foto: DRK

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