„Spukhafter Fernwirkung“ auf der Spur

wS/uni   Siegen   –   Das Team um Professor Dr. Otfried Gühne (Naturwissenschaftlich-technische Fakultät, Theoretische Physik) beschäftigt sich mit Quanteninformationsverarbeitung und den Grundlagen der Quantenmechanik. Speziell forscht die Gruppe an der Charakterisierung von „Verschränkung“, einer „spukhaften Fernwirkung“, wie Einstein sie genannt hat, die zentral für viele Anwendungen ist, z.B. für die Kryptographie oder die Entwicklung leistungsstarker Quantencomputer, deren wichtige Grundlage verschränkte Zustände sind.

„Verschränkung“ ist eine Eigenschaft von Quantenzuständen, ein Phänomen, das seit seiner Entdeckung kontrovers diskutiert wird, weil es der klassischen Intuition von Physik widerspricht: Teilchen können nicht mehr einzeln beschrieben werden, sondern nur noch als Gesamtsystem, die gemessene Abhängigkeit führt zu tieferen Beziehungen physikalischer Eigenschaften der Systeme, als in der klassischen Physik bekannt.

Im Beitrag, der jetzt in den „Physical Review Letters“ erschienen ist, schlägt das Team um Professor Gühne eine neue Methode zur Untersuchung von Mehrteilchenverschränkung vor, deren theoretische Charakterisierung besonders dann als schwierig gilt, wenn drei oder mehr Teilchen verschränkt sind. In Experimenten wurden jedoch mittlerweile bis zu acht Photonen oder 14 Atome miteinander verschränkt. Ihre Neuerung sei nun „ein simples Kriterium, das überraschend stark ist“, so Prof. Gühne. Die grundlegende Idee: die Menge der verschränkten Quantenzustände durch andere Mengen zu approximieren, die leicht charakterisiert werden können. Dadurch ergeben sich wesentlich verbesserte Analysemethoden für Experimente in der Quanteninformationsverarbeitung, die neue Experimente ermöglichen und helfen, die theoretischen Eigenschaften der Verschränkung besser zu verstehen, z.B. durch die Einführung eines neuen Verschränkungsmaßes.

„Wir benötigen keine Großgeräte“, so Prof. Gühne, „wir machen klassische Papier-Bleistift-Grundlagenforschung und liefern auch die Theorie für Experimentatoren“. Anwendung können seine Forschungsergebnisse etwa bei der Entwicklung leistungsstarker Quantencomputer oder bei Präzisionsmessungen finden.

Professor Gühne arbeitet eng mit dem Siegener Experimentalphysiker Professor Dr. Christof Wunderlich zusammen, der mit seiner Arbeitsgruppen u.a. mit sog. Ionenfallen experimentiert.

Der kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Physical Review Letters“ erschienene Artikel wurde von den Herausgebern besonders empfohlen. Eine amerikanische Journalistin führte daraufhin ein Interview mit Bastian Jungnitsch, dem Hauptautor und Doktoranden von Professor Gühne, um darüber im Physikportal „physorg“ zu berichten.

Link zu „Physical Review Letters“: http://prl.aps.org/abstract/PRL/v106/i19/e190502

Link zum Physikportal „physorg“: http://www.physorg.com/news/2011-05-genuine-multiparticle-entanglement.html

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