"Blitz-Tore" und dreimalige Führung reichen Sportfreunden nicht zur Revanche

wS/jk – Verl/Siegen – 12.10.2012 – Als „aufregend“ kann auch das zweite Aufeinandertreffen der Sportfreunde Siegen und dem SC Verl in der Regionalliga West bezeichnet werden. „Turbulent“ trifft es noch mehr. Beim 3:3 (2:2)-Unentschieden am Freitagnachmittag gab es Tore satt im Stadion an der Poststraße. Trotz dreimaliger Führung ist den Krönchenstädtern die Revanche für die 0:1-Niederlage im August dieses Jahres nicht gelungen. Eine Parallele gab es aber: Wieder flog ein Siegener vom Platz.

In der vorgezogenen Rückrunden-Partie der Regionalliga West traf es in Ostwestfalen Abwehrrecke Serkan Dalman, der nach 74 Minuten mit der „Ampelkarte“ vorzeitig zum Duschen musste. Diese war mindestens ebenso unnötig wie die drei Gegentore, die sich die mit der besten Defensive der vierten Spielklasse behaftete Sportfreunde-Elf fing.

Serkan Dalman reiht sich mit seiner Gelb-Roten Karte in Verl in die Riege der vom Platz verwiesenen Sportfreunde-Spieler ein. Trotz dreimaliger Führung gewann Siegen in Ostwestfalen nicht. Foto: wirSiegen/Michael Handke/Archiv

Wegen absichtlichen Handspiels sah Dalman die zweite gelbe Karte, nachdem er in der ersten Halbzeit schon wegen eines Foulspiels an der Mittellinie verwarnt worden war. Im Hinspiel im Leimbachstadion am 7. August musste Siegen nach der Roten Karte für Julian Jakobs in der 24. Minute länger in Unterzahl auskommen. Die dezimierten Gäste brachten eine 3:2-Führung dennoch nicht über die Zeit.

Jakobs begleicht Rechnung binnen 35 Sekunden

Dabei hatte der Siegener Rotsünder des letzten Duells mit den von Sportfreunde-Trainer Michael Boris damals als „Regionalliga-Dinos“ bezeichneten Verlern seine ganz persönliche Rechnung mit dem Sport-Club beglichen. Julian Jakobs, der bei 2:1-Erfolg in Wiedenbrück schon die Siegener Führung erzielte, brauchte in Verl dafür nur 35 Sekunden nach dem Anpfiff. Der 22-Jährige macht nach seinen beiden Feldverweisen in der Saison (gegen Verl und Kray) jetzt positive Schlagzeilen.

Nach einem Freistoß von Daniel Grebe landete der Ball nach einem verunglückten Abwehrversuch der Verler vor den Füßen von Julian Jakobs, der das runde Leder aus gut 20 Metern in die Tormaschen drosch. Ein Paukenschlag! Wie schon in Wiedenbrück war das für seine Mannschaftskollegen eine willkommene Art die „Rote“ aus dem Hinspiel auszugleichen.

Der Ausgleich des Spielstands war daraufhin das Ziel des SC Verl. Zehn Minuten später konnte die Elf von Trainer Raimund Bertels eine Erfolgsmeldung an ihre Anhänger schicken. Nach einem Eckball stieg Guerino Capretti höher als die gesamte Siegener Hintermannschaft und konnte völlig unbedrängt das 1:1 für die Ostwestfalen erzielen. Auch fortan ging es Schlag auf Schlag.

Offener Schlagabtausch an der Poststraße

Siegen brauchte nur fünf Minuten, in denen René Lewejohann, der das Spielgerät nur knapp neben das Verler Tor setzte, zwischenzeitlich eine Halbchance hatte, für die Antwort. Nach einem genialen Pass von dem wieder spielberechtigten Alexander Hettich auf Sven Michel, legte dieser in die Mitte zu Lewejohann, der keine Mühe hatte das 2:1 zu schießen.

Das beruhigte die turbulente Partie aber keineswegs, denn der offene Schlagabtausch setzte sich fort. Ein Krause-Schussversuch (18.) sowie ein von Keeper Raphael Koczor über die Latte gelenkter Capretti-Kopfball (22.) waren die Vorboten für den erneuten Verler Ausgleichstreffer. Denn den anschließenden Eckball verwertete Capretti – natürlich per Kopfball. Fast eine Kopie seines ersten Tores.

Im Umkehrschluss heißt das: In der sonst so stattelfesten Siegener Abwehr hatte der Sport-Club bei Standardsituationen eine verwundbare Stelle gefunden und diese zweimal eiskalt ausgenutzt. Auch das zeugt von Erfahrung und Cleverness. Attribute, die man den Verlern schon vor knapp zwei Monaten bescheinigen musste. Ohnehin zeigte die „beste Abwehr der Liga“ ungewohnte Schwachpunkte und ließ sich sogar zweimal hintereinander die Butter, hier die Führung, vom Brot nehmen.

Michal trifft 25 Sekunden nach Wiederanpfiff

Gerade dieser Umstand sollte den aus Serkan Dalman, Richard Weber, Leon Binder und Marcus Lemke bestehenden Abwehrverbund zusätzlich verunsichert. Zur Pause reagierte Michael Boris und brachte den wieder genesenen Fatih Tuysuz für Lemke. Bis zur Halbzeit gab Verl den Ton an und hatte durch Manuel Rasp (41.) noch eine Chance. Seinen Schuss parierte Koczor.

Den Überraschungsmoment hatten die Sportfreunde nach dem Seitenwechsel wieder auf ihrer Seite: Siegens bislang erfolgreichster Torschütze Sven Michel sorgte für das zweite „Blitz-Tor“ des Spiels. Von der halblinken Seite hatte er nach einem Zuspiel von Hettich exakt 25 Sekunden nach Wiederanpfiff getroffen und übertraf damit seinen Mitspieler, der für das 1:0 zehn Sekunden länger gebraucht hatte.

Das erneute „Blitz-Tor“ beflügelte die Sportfreunde in der Folgezeit, die zu Beginn der zweiten Halbzeit ihre beste Phase hatten. Das vierte Tor lag in der Luft, als ein Hettich-Schuss (48.) und eine Großchance von Lewejohann (50.) beinahe für die Entscheidung gesorgt und die Sportfreunde vor dem Spitzenspiel gegen Viktoria Köln nächste Woche Freitag (19.30 Uhr Leimbachstadion) fest auf Platz Zwei gehievt hätten.

In Unterzahl den 3:3-Ausgleich kassiert

Doch daraus wurde nichts. Nach einer gelungenen Kombination von den beiden Torschützen Michel und Jakobs schoss der dritte Siegener „Goalgetter“ im Bunde, Lewejohann, den Ball neben das Tor. Später vergab Julian Jakobs den Siegtreffer, als er nach einem Konter alleine auf das Verler Gehäuse zulief, sich von Torwart Jonathan Mellwig beim Versuch diesen zu Umkurven zu weit abdrängen ließ (76.).

Zwei Minuten zuvor war Serkan Dalman vom Platz geflogen. Die Fairness scheint im Siegener Team derzeit ein Fremdwort zu sein – es ist der vierte Platzverweis der Sportfreunde in der laufenden Saison. Neben der Gelb-Roten für Dalman wurden mit Lemke, Michel, Koczor und Lewejohann vier weitere Kicker zumindest verwarnt.

In Überzahl drängte Verl schließlich auf den Ausgleich – zum Dritten: Dieser fällt nach zwei Großchancen in der 85. Minute völlig verdient durch Marco Kaminski. An dessen Schuss aus 18 Metern kam Keeper Koczor zwar noch heran, doch der Ball zappelte im Netz. Am Ende mussten sich die Siegener mit dem Remis zufrieden geben. Die Sportfreunde bleiben auf dem dritten Platz in der Tabelle und das Spitzenspiel unter Flutlicht am kommenden Freitag ist angerichtet.

Den Titel „beste Abwehr der Liga“ können die Sportfreunde Siegen nicht mehr für sich alleine beanspruchen. Die U23 des VfL Bochum kommt ebenfalls auf nur acht Gegentore. Spitzenreiter Köln (9) liegt nur noch knapp dahinter. Die Viktoria hat dafür aber bereits zehn Tore mehr geschossen als Siegen. Der Sportfreunde-Abwehrverbund muss somit wieder stabiler werden, denn gegen den derzeitigen Regionalliga-Primus wartet der nächste heiße Tanz.

SC Verl – Sportfreunde Siegen 3:3 (2:2).
Verl: Mellwig – Kaminski, Capretti, Großeschallau (75., Eckert), Krause (75., Kunstmann) – Haeder, Brinker, Bertram, Schmidt – J. Schröder (65., L. Schröder), Rasp. – Siegen: Koczor – Dalman, Binder, Weber, Lemke (46., Tuysuz) – Grebe, Schattner (65., Dej) – Jakobs, Hettich (75., Süßenbach), Michel – Lewejohann. – Tore: 0:1 Julian Jakobs (1.), 1:1 Guerino Capretti (10.), 1:2 René Lewejohann (15.), 2:2 Capretti (23.), 2:3 Sven Michel (46.). – 3:3 Marco Kaminski (85.). – Gelb-Rote Karte: Serkan Dalman (74., Siegen) wegen absichtlichen Handspiels. – Schiedsrichter: Philipp Hüwe(Coesfeld). – Zuschauer: 332.

Bericht: Jürgen Kirsch

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