Lesen, erzählen, gestalten in der Schule von morgen

(wS/uni) Siegen 21.01.2023 | Die Universität Siegen ist am europäischen Forschungsprojekt „CultureNature Literacy“ zur Bildung für
nachhaltige Entwicklung (BNE) beteiligt. Es geht darum, wie Lesen die Verantwortung des Menschen für
die Natur prägen kann.
Kinder, die heute geboren werden, werden von Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet, die jetzt studieren.
Sie erwartet eine Welt voller Unwägbarkeiten: Pandemien, verändertes Klima, Ressourcenknappheit,
Artensterben. Was und wie müssen Kinder also lernen, um die Welt für sich und folgende Generationen
lebenswert zu erhalten? Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) steht ganz oben auf der Agenda der
schulischen Schlüsselkompetenzen für die Zukunft. Gemeint ist eine Bildung, die Menschen zu
zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt und ermöglicht, die Auswirkungen des eigenen Handelns
auf die Welt zu verstehen.
Soweit das Leitbild. Was das für einen werteorientierten Unterricht bedeutet, ist Gegenstand des von der
EU geförderten Forschungsprojekts „CultureNature Literacy“. Beteiligt sind die Germanistinnen Prof. Dr.
Berbeli Wanning und Dr. Jana Mikota von der Universität Siegen. Insgesamt neun europäische
Projektpartner aus Österreich, Deutschland, Estland, Slowenien und Ungarn – Hochschulen und
wissenschaftliche Einrichtungen – arbeiten an dem innovativen Bildungskonzept, das unter dem Stichwort
„Anthropozänkompetenz“ steht. „Das Anthropozän ist das Zeitalter, etwa ab der Industrialisierung, in dem
der Mensch die Umwelt entscheidend verändert hat und weiter verändert“, erläutert Berbeli Wanning.

„Die Folgen spüren wir schon jetzt und sie werden sich weiter verschärfen. Nachhaltigkeit wird zum Dreh-
und Angelpunkt.“ Die Konsequenz für Schule und Unterricht bedeute aber nicht die Einführung eines neuen

Fachs oder zusätzliche Schwerpunktthemen in den naturwissenschaftlichen Fächern. „Es gilt einen
werteorientierten Unterricht zu entwickeln. Bildung für nachhaltige Entwicklung ist ein übergreifender
Bildungsansatz für Lehr- und Lernmethoden“, betont Jana Mikota. Die Projektpartner erarbeiten dazu einen
Leitfaden und Next-Practice-Beispiele für Schule und Hochschule.
Die beiden Forscherinnen der Uni Siegen sind insbesondere an der Frage interessiert, wie Lesen Natur und
Kultur konstruiert. „Kinder haben ein großes Interesse an Tieren und Pflanzen und sie haben die Fähigkeit
und die Phantasie, sich stark mit Figuren und Geschichten zu identifizieren“, so Berbeli Wanning.
Literarisches und nachhaltiges Lernen gehen also gut zusammen. Lesen verändert. „Und wir übernehmen
viel Empathie durch Bücher“, erklärt Jana Mikota. Bücher im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung
unterstützen den Erwerb von Zukunftskompetenz durch „futures literacy“. Gemeint sind keine
Zukunftserzählungen im Sinne von Science Fiction, sondern Bücher oder andere Medien, die Zukünfte
entwerfen und Möglichkeiten durchdenken. „Kinder sollen die Grundkompetenz erlangen, stets daran zu
denken, welche Wirkung eine Handlung für die Zukunft hat und welche Verantwortung der Mensch für die
Natur hat“, so Wanning.
Heißt das, Schluss mit Bullerbü und einer heilen Lesewelt schon für die Kleinsten?
Wanning und Mikota schütteln heftig den Kopf. „Nein, es geht weder um einen ständig erhobenen
Zeigefinger, noch darum, den Kindern nun die Weltrettung aufzubürden“, versichern die
Wissenschaftlerinnen. „Im Gegenteil“, erklärt Jana Mikota. „Es geht ums Mut machen.“ Der Blick richte sich
darauf, Chancen aufzuzeigen, eine Zukunft zu gestalten.
Im Rahmen des dreijährigen Projekts soll ein Aktionsplan als Fundament entstehen, um Bildung für
nachhaltige Entwicklung im Unterricht zu verstetigen. Die Studierenden, so der der Eindruck von Berbeli
Wanning und Jana Mikota, sind hochmotiviert und interessiert an dem Thema. „Sie wissen, dass sie
mehrere Schüler*innengenerationen in und durch eine sich vielfältig veränderte Zukunft begleiten werden
und dass sie deshalb selbst Kompetenzen brauchen, um die Werte kultureller Nachhaltigkeit in der Schule
zu vermitteln.“

Prof. Dr. Berbeli Wanning (links) und Dr. Jana Mikota. (Foto: Universität Siegen)

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