Wie moderne Bildgebung Prostatakrebs aufdeckt – 19. Symposium im „Haus der Siegerländer Wirtschaft“: Ärzte standen Patienten Frage und Antwort

(wS/dia) Siegen 28.04.2025 | Mit jährlich 65.000 Fällen gilt Prostatakrebs in Deutschland als häufigste Krebserkrankung bei Männern. Bei der Diagnostik greifen Ärzte auf modernste Methoden zurück. Welche das sind, das erfuhren mehr als 100 Zuhörer beim 19. Siegener Prostata-Symposium im „Haus der Siegerländer Wirtschaft“, organisiert von Dr. Peter Weib, Chefarzt der Urologie am Diakonie Klinikum Jung-Stilling, und Lothar Stock, Vorsitzender der Prostatakrebs Selbsthilfegruppe Siegen.

Im Mittelpunkt der, so Stock, „kostenlosen Sprechstunde mit hochkarätigen Experten“ stand ein Vortrag von Dr. Weib zum Thema „Prostatakrebs sichtbar machen: Was kann moderne Bildgebung leisten?“ Um es vorweg zu nehmen: Sie kann einiges – dank weit entwickelter Verfahren wie der Magnetresonanztomografie (MRT), der Computertomografie (CT) und der Positronen-Emissions-Tomografie (PET), die speziell zur Untersuchung der Prostata heute vielfach auch kombiniert zum Einsatz kommen. „Dabei ist die Bildgebung nicht nur wichtig in der Diagnostik, sondern auch für die Therapie“, so Dr. Weib.

Prostatakrebs gilt als tückisch, da Betroffene anfangs häufig kaum Symptome bemerken. Experten empfehlen Männern ab 45 Jahren daher, regelmäßig zur Vorsorge zu gehen. Zu den gängigen Methoden der Früherkennung zählt neben Ultraschall und Tastuntersuchung über den Enddarm der PSA-Test. Hierbei wird der Anteil des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) im Blut gemessen. Ein Wert unter 3 Nanogramm pro Milliliter gilt gemeinhin als unauffällig. Liegt das Ergebnis darüber, kann aber muss dies nicht zwingend auf Prostatakrebs hindeuten, erläutert Dr. Weib. Denn auch bei Harnwegsinfekten, einer Entzündung oder gutartigen Vergrößerung der Prostata, nach dem Geschlechtsverkehr oder sogar nach einer intensiven Fahrradtour kann der PSA-Wert ansteigen.

Dauerhaft erhöhte und sehr hohe Werte sollte man(n) jedoch abklären lassen, so der Rat des Urologen.

Um sich dann im wahrsten Sinn ein Bild von der Prostata zu machen, nutzen Mediziner modernste Verfahren. So lässt sich ein Tumor-Verdacht in der Regel schon mit einer „einfachen“ MRT verifizieren. Eine genauere Diagnose bietet eine multiparametrische MRT (mpMRT). Hierbei können erkennbare Gewebsveränderungen bereits klassifiziert werden. Anders als bei der CT werden bei einer MRT keine Röntgenstrahlen, sondern starke Magnetfelder eingesetzt. Die Technik macht sich dabei die magnetischen Eigenschaften der Wasserstoffatome im menschlichen Organismus zu Nutze.

Als Reaktion auf Radiowellen-Impulse, die das MRT-Gerät ins Körpergewebe sendet, entstehen Signale, die sich je nach Zusammensetzung des Gewebes unterscheiden. Aus diesen Daten erstellt ein Computer hochauflösende Schnittbilder. Bei einer mpMRT werden die kontrastreichen Aufnahmen noch mit zwei funktionellen Sequenzen kombiniert, die Informationen über Zelldichte und Durchblutung der Prostata geben. Dr. Weib: „Die mpMRT erspart rund einem Drittel der Männer die Biopsie. Zudem lassen sich damit Überdiagnosen bei Niedrig-Risiko-Karzinomen drastisch minimieren. Umgekehrt kann klinisch bedeutsamer Prostatakrebs verlässlicher nachgewiesen werden.“

Eine andere moderne und hochempfindliche Methode zur Bildgebung von Prostatakarzinomen undMetastasen ist die PSMA PET/CT. „Dabei matchen Nuklearmediziner und Radiologen ihre Bilder, legen sie also übereinander“, erläutert Dr. Weib. PSMA steht für das Prostata-Spezifische Membranantigen, ein Eiweißmolekül, das in Prostatazellen, in vielfacher Menge jedoch vor allem jedoch in bösartigen Krebszellen vorkommt. Bei der PSMA-PET/CT wird eine geringe Menge radioaktiver Kontrastmittel verabreicht, die sich dann in hoher Konzentration in Prostatakarzinomen und Metastasen anreichert. In Kombination mit der bildgebenden CT lassen sich so auch kleinste Tumore sowie Metastasen (etwa in Lymphknoten oder Knochen) entdecken. Die Radioaktivität wird später über die Nieren oder die Leber abgebaut.

Ob die Bildgebung nun per mpMRT oder PSMA PET/CT erfolgen sollte, kommt laut Dr. Weib auf die jeweilige Situation an. „Beiden Methoden gemein ist jedoch, dass es ärztlicherseits viel Erfahrung und Expertise braucht.“ Während die mpMRT standardmäßig bei der Primärdiagnostik eingesetzt wird und auch bei der Tumorbeurteilung (Staging) wichtige Informationen liefern kann, setzen Ärzte häufig (zusätzlich) auf eine PSMA-PET/CT, wenn der Verdacht auf fortgeschrittenen Prostatakrebs besteht. Denn die kombinierte nuklearmedizinisch-radiologische Bildgebung hat ihre Stärke vor allem in der Erkennung von Metastasen (insbesondere der Lymphknoten) und kann darüber hinaus sehr genaue Hinweise auf einen möglichen Rückfall der Erkrankung geben. Auch gesetzlich versicherte Männer mit Prostatakrebs, bei denen ein hohes Risiko für Metastasen festgestellt wurde, können diese hochspezialisierte Diagnostik in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Patient im Rahmen einer ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) für urologische Tumoren behandelt wird, wie sie etwa das Prostatakrebszentrum am Siegener Diakonie Klinikum Jung-Stilling bietet.

Im Anschluss an den Vortrag hatten die Zuhörer Gelegenheit, Fragen zu stellen und machten davon rege Gebrauch. Neben Dr. Weib standen Dr. Rene Baumann (Chefarzt Radio-Onkologie, Marien Kliniken Siegen), Dr. Georg Kuhnert (Praxis für Nuklearmedizin Kahraman/Kuhnert, Siegen/Kreuztal), Dr. Stephan von Mende (Urologische Gemeinschaftspraxis Kirchen) und Tanja Pauels (Psycho- Onkologin Diakonie Klinikum Siegen) als Experten Rede und Antwort. Dabei kamen verschiedene Aspekte rund um das Thema Prostatakrebs zur Sprache, so etwa psychologische Begleiterscheinungen der Erkrankung und der Hormontherapie. Unterstützung auf vielen Ebenen leistet hier seit 23 Jahren die Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Siegen. Die Gruppe, die sich einmal monatlich trifft und deren Einzugsgebiet das gesamte Dreiländereck abdeckt, tauscht nicht nur Erfahrungen untereinander aus, sondern pflegt auch einen ständigen Wissenstransfer mit Ärzten und weiteren Experten.

Mehr Infos zur Selbsthilfegruppe im Internet unter www.prostatakrebs-siegen.de

Informierten beim 19. Siegener Prostata-Symposium (von links): Nuklearmediziner Dr. Georg Kuhnert, Urologe Dr. Stephan von Mende, Psycho-Onkologin Tanja Pauels, Lothar Stock (Vorsitzender Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Siegen) sowie die Chefärzte Dr. Peter Weib (Urologie, Diakonie Klinikum Jung-Stilling Siegen) und Dr. Rene Baumann (Radio-Onkologie, Marien Kliniken Siegen). Foto: Diakonie in Südwestfalen
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