Historische Straßennamen ins Gedächtnis gerufen

wS/si  Siegen Weidenau –   Weidenau steht vor allem für Universität, Gewerbe und Handel. Während also die Gegenwart und die Zukunft sehr präsent und weithin sichtbar sind, gibt es im Ortsbild des Siegener Stadtteils heute so gut wie keine Hinweise mehr auf die Vergangenheit. So musste das ganze Dorf Boschgotthardtshütten der Hüttentalstraße weichen, die beiden Fördertürme der Grube Neue Haardt wurden abgebrochen und ebenso das „Schlösschen“. Lediglich der 1900 stillgelegte Fickenhütter Hammer existiert noch im Original, allerdings in Essen (als Halbachhammer im Ruhr Museum, Außenanlage Margarethenhöhe).

Da es zudem in Weidenau weder eine Heimatstube noch ein Heimathaus gibt, ergriffen engagierte Bürger die Initiative. Zum Ortsjubiläum „675 Jahre Ersterwähnung des Namens Weidenau“ in 2008 wurden auf Vorschlag von Rudolf Heß – Mitglied im Bezirksausschuss Weidenau – gleich zwei Projekte angestoßen, die die Erinnerung an die reiche Geschichte Weidenaus dauerhaft im Stadtbild verankern und vor allem für die junge Generation lebendig halten sollen. Das eine Projekt war die Errichtung einer Schautafel zur Weidenauer Industriegeschichte – am 9. Juni von Bürgermeister Steffen Mues an ihrem Standort zwischen Siegerlandzentrum und Busbahnhof feierlich enthüllt –, das andere die Anbringung von insgesamt 17 Hinweisschildern, die historische Straßennamen in Weidenau erklären.

„Die Stadt hat damit einen Beschluss des Kulturausschusses vom 15. September 2008 umgesetzt,“ berichtet Rudolf Heß, und weiter: „Es handelt sich im Einzelnen um sechs alte Hüttennamen, die alle bereits im 15. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt wurden, wie beispielsweise Auf der Meinhardt und Schneppenkauten, außerdem um neun Personennamen von Weidenauer Persönlichkeiten plus die Grube Neue Haardt und die Rentengutkolonie Vogelsang.“

So kann der interessierte Betrachter bei einem Spaziergang anhand der Zusatzschilder beispielsweise erfahren, dass die Samuel-Frank-Straße nach dem jüdischen Kaufmann benannt ist, der 1942 von den Nationalsozialisten ermordet wurde, oder der Karl-Saßmann-Weg nach dem 1836 geborenen Vorsteher und Ehrenbürger der Gemeinde Weidenau. Hoch interessant auch dies: Nach Heinrich August Schulte-Sodingen (1869 bis 1920) sind gleich 2 Straßen und ein Platz benannt: die Schultestraße, die Sodingenstraße und der Schulte-Sodingen-Platz. Da sage mal einer, nur die Schwaben seinen sparsam…

A propos sparsam: Die Finanzierung von Schautafel und ergänzenden Straßenschildern war durch den Bezirksausschuss lange Zeit nicht möglich. Das änderte sich erst, als ein Arbeitskreis von 8 Bürgerinnen und Bürgern (neben dem schon genannten Rudolf Heß der Historiker Dr. Bernd Plaum sowie Brigitte Eger-Kahleis, Traute Fries, Veronika Hellwig, Manfred Hofmann, Helmut Peter und Karlpeter Schlosser) in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv in jahrelanger mühevoller und ehrenamtlicher Kleinarbeit eine Chronik von Weidenau („Weidenauer Wege in die Moderne“) erstellt hatte. Der Zuschuss der Stadt für diese Chronik konnte dank gutem Verkauf der Bücher Ende 2009 zurückgezahlt werden. Von diesem zurückgezahlten Geld wurden schließlich die beiden Projekte finanziert.

Somit sind – auf ebenso beharrliche wie kreative Weise – zwei Projekte entstanden, die der Öffentlichkeit wenigstens einen kleinen Einblick in die Weidenauer Geschichte gewähren und zugleich ein Stück Historie bewahren, das andernfalls unwiederbringlich verloren gegangen wäre.

Bildunterschrift: Dass der Name „Schneppenkauten“ auf eine alte Hammerhütte aus dem 15. Jahrhundert zurückgeht, ist eine der Informationen auf den Zusatztafeln zu Straßenschildern, die in Weidenau an die reiche Industriegeschichte des heutigen Siegener Stadtteils erinnern.

 

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