„Kinder als Opfer und Zeugen häuslicher Gewalt“

Fachtagung mit großer Resonanz

(wS/red) Siegen 14.12.2017 | Häusliche Gewalt ist in vielen Familien trauriger Alltag. Sie findet in Familien mit unterschiedlichster Bildung, gesellschaftlicher Stellung, Alter oder Herkunft statt.

Ein Viertel aller Frauen in Deutschland erlebt Gewalt in der Beziehung – Frauen ohne Bildungsabschluss doppelt so häufig wie Frauen mit niedrigen oder mittleren Abschlüssen. Aber: Besonders häufig erleiden auch Frauen über 45 Jahren mit hoher Bildung schwere Gewalt. Gerade Kinder werden oft in gewalttätige Situationen mit hineingezogen oder müssen sie mitansehen. 50 bis 70 Prozent der Kinder, die aggressive Situationen in der Familie erleben, haben Traumafolgen. Sie werden zudem auch achtmal häufiger selbst misshandelt als Kinder aus Familien ohne Gewalt zwischen den Eltern. Diese Zahlen legte Dr. Petra Kriependorf jetzt im Rahmen der Fachtagung „Kinder als Opfer und Zeugen häuslicher Gewalt“ im Kulturhaus Lÿz vor.

Dr. Petra Kriependorf (Mitte) informierte über „Kinder als Opfer und Zeugen häuslicher Gewalt“. Martina Böttcher (rechts) vom Runden Tisch gegen Gewalt und Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Siegen-Wittgenstein, hatte die Referentin zum zweiten Mal eingeladen. Jutta Capito, stellvertretende Landrätin des Kreises Siegen-Wittgenstein, begrüßte die Gäste aus den verschiedenen Fachbereichen. (Foto: Kreis)

Die Fachtagung war vom Runden Tisch gegen Gewalt in Siegen-Wittgenstein unter Leitung von Martina Böttcher, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Siegen-Wittgenstein, organisiert worden und fand bereits zum zweiten Mal statt.

„Da die Fachtagung bereits im letzten Jahr restlos ausgebucht und das Interesse nach wie vor groß war, haben wir uns entschlossen, die Veranstaltung nochmal anzubieten“, so Martina Böttcher. „Dank der finanziellen Unterstützung des Landes konnten wir Frau Dr. Kriependorf erneut einladen“. Mit über 270 Fachkräften aus Kitas, Schulen, Krankenhäusern, der Jugendhilfe, der Polizei, der Beratungseinrichtungen von Vereinen und Verbänden war die Aula des Kulturhauses Lÿz auch dieses Mal wieder bis auf den letzten Platz besetzt, zahlreiche Interessenten standen noch auf der Warteliste.

„Offenbar gibt es ein großes Bedürfnis bei engagierten Fachkräften in der Region, sich Hintergrundwissen zu verschaffen, um auf Situationen vorbereitet zu sein, in denen Kinder Opfer und Zeugen von Gewalt in der Familie werden“, so die stellvertretende Landrätin Jutta Capito bei ihrer Begrüßung.

Referentin Dr. Petra Kriependorf ist psychologische Psychotherapeutin und leitet die Traumastation der internistisch-psychosomatischen Fachklinik Hochsauerland in Bad Fredeburg. Mit Blick auf die Kinder führte sie aus, dass diese nicht nur ein höheres Risiko hätten, später selbst Opfer oder Täter zu werden. Gewalterlebnisse zögen zudem vielfach psychische Erkrankungen nach sich. Oft könnten die Betroffenen später auch keine normalen Bindungen eingehen und würden nicht selten ihre eigenen Kinder vernachlässigen. In vielen Fällen empfänden Zeugen und Opfer häuslicher Gewalt auch Scham und Schuldgefühle. Wichtig sei es, dass Fälle häuslicher Gewalt angezeigt würden – das geschehe immer noch viel zu selten. Den Opfern müsse deutlich gemacht werden: „Du bist nicht schuld“.

Die Psychotherapeutin gab auch zahlreiche Hinweise, wie den Opfern geholfen werden könne. Wichtig sei es dabei, die Betroffenen vor den Tätern zu schützen, ihre Isolation zu durchbrechen, und ihnen zu ermöglichen, sichere Bindungen zu erfahren und die traumatischen Erlebnisse aufarbeiten zu können.

„Für die Arbeit in der Kita habe ich viele Denkanstöße bekommen“, freute sich eine Teilnehmerin, eine andere ergänzt: „Der Workshop hat noch einmal die Zusammenarbeit gestärkt und gute Hinweise und Tipps für die Arbeit mit betroffenen Familien im Alltag gegeben.“
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