(wS/red) Wilnsdorf 30.03.2025 | Es war genau 11 Uhr, als Sprengmeister Eduard Reisch im leichten Nieselregen mit kräftiger Stimme zum Countdown ansetzte: „Zehn… neun… acht…“ – die Menge hielt den Atem an – „…drei, zwei, eins, null – SPRENGUNG!“ Dann donnerte das zweite Teilbauwerk der Talbrücke Landeskroner Weiher mit einer gewaltigen Staubwolke in sich zusammen, ein dumpfer Knall durchbrach die Stille, – genau so, wie es geplant war.
Gänsehaut-Momente für die Zuschauer, die trotz grauem Himmel und feuchtem Wetter gekommen waren, um diesen historischen Augenblick mitzuerleben. Jubel, Applaus, staunende Blicke – ein Mix aus Respekt, Faszination und ein bisschen Wehmut lag in der Luft. Denn auch wenn es ein technisches Meisterstück war, bedeutete die Sprengung auch das Ende einer Brücke, die seit 1967 das Siegerland prägte.
Eine Brücke fällt – und macht Platz für Neues
Die Talbrücke, die einst die Fahrtrichtung Frankfurt auf der A45 trug, war 377 Meter lang, 36 Meter hoch und wog rund 10.000 Tonnen. Seit Ende 2021 laufen hier die Arbeiten für den Ersatzneubau – heute wurde ein weiterer großer Schritt vollzogen. Bereits im Oktober 2022 fiel das Teilbauwerk in Richtung Dortmund. Jetzt ist auch der zweite Teil Geschichte.
Mit chirurgischer Präzision hatte das Team um Reisch zuvor 336 Sprenglöcher gebohrt, gefüllt mit knapp 50 Kilogramm Sprengstoff. Das eigens angelegte Fallbett mit 7.600 Kubikmetern Erde sorgte dafür, dass das massive Bauwerk sicher und kontrolliert zu Boden ging.
„Es ist jedes Mal wieder ein besonderer Moment – so viel Vorbereitung, so viele Menschen, die mitarbeiten. Und wenn dann alles auf die Sekunde funktioniert, ist das ein tolles Gefühl“, sagte Reisch im Anschluss.
Großes Interesse – und große Begeisterung
Schon am frühen Morgen kamen Schaulustige mit Klappstühlen, Kameras und Regenschirmen zum Aussichtspunkt. Kinder bestaunten THW-Fahrzeuge, Erwachsene diskutierten über Technik und Baugeschichte. Die Stimmung war trotz Nieselregen durchweg gut – fast familiär. Als die Brücke fiel, war das Staunen groß – viele zückten ihre Handys, andere schauten einfach nur mit offenem Mund zu.
Rund 65 Helferinnen und Helfer des THW, die Feuerwehr, Polizei und Drohnenteams waren im Einsatz, um die Sicherheit der Sprengung zu gewährleisten. Koordiniert wurde alles in enger Absprache mit Sprengmeister Reisch. Sogar eine spezielle Vergrämungssprengung wurde kurz vor der eigentlichen Zündung durchgeführt, um Vögel aus der Brückenkonstruktion zu vertreiben – ein kleiner, aber wichtiger Beitrag zum Artenschutz.
Ein Tag, der zeigt, was möglich ist
Vom ersten Fanfarenton bis zur abschließenden Entwarnung war der Ablauf durchgeplant und lief wie am Schnürchen.
Die A45, die sogenannte Sauerlandlinie, ist eine der wichtigsten Verkehrsadern Deutschlands. Mit täglich über 67.000 Fahrzeugen, darunter fast 12.000 Lkw, spielt sie eine zentrale Rolle für Pendler, Wirtschaft und Logistik. Umso wichtiger ist es, dass sie fit für die Zukunft gemacht wird – und dafür braucht es moderne Brücken.
Danke an alle Helfenden – und an das Publikum
Ein großes Lob geht an alle Einsatzkräfte, die bei der Vorbereitung und Durchführung mitgewirkt haben – vom THW über die Feuerwehr bis zur Autobahn GmbH. Auch die Zusammenarbeit mit der Presse und der digitalen Kommunikation der Außenstellen Netphen und Dillenburg lief vorbildlich. Vielen Dank dafür!
Und ein herzliches Danke geht auch an die Zuschauer: für ihr Interesse, ihre Disziplin – und den stimmungsvollen Applaus, der diesem technischen Kraftakt eine menschliche Note verlieh.
Heute fiel eine Brücke. Aber was bleibt, ist der Eindruck eines Tages, an dem Menschen zusammengekommen sind, um Fortschritt zu erleben. Laut. Staubig. Und irgendwie auch schön.
Update – Die Autobahn GmbH des Bundes
A45: Zweites Teilbauwerk der Talbrücke Landeskroner Weiher erfolgreich gesprengt
Wilnsdorf. Um 11 Uhr stürzt am Sonntagmorgen (30.3.) das zweite Teilbauwerk der Talbrücke Landeskroner Weiher 36 Meter in die Tiefe. Der Anspannung folgt die Erleichterung. Sprengmeister Eduard Reisch und sein Team klatschen zufrieden in die Hände. Wie bereits beim ersten Teilbauwerk im Oktober 2022 lief auch diesmal alles nach Plan. „Alles hat perfekt funktioniert. Die Brücke liegt genau da, wo sie liegen soll“, fasst Reisch den Fall der 377 Meter langen und rund 10.000 Tonnen schweren Talbrücke zusammen. Nun liegt der Koloss aus Stahl und Beton auf dem unter der Brücke aufgeschütteten Fallbett. 16 Pfeiler sind wie ein Zollstock zusammengeklappt und der Überbau ist senkrecht zu Boden gestürzt.
Schon in den frühen Morgenstunden ist es rund um die Talbrücke an der A45 bei Wilnsdorf wuselig. Nichts wird heute dem Zufall überlassen: Exakt eine Stunde vor dem eigentlichen Sprengtermin beziehen die insgesamt 67 Helfer des THW ihre Positionen. Es muss ausgeschlossen werden, dass jemand die eingerichtete Absperrzone betritt. „Die Sicherheit hat oberste Priorität“, schwört Reisch alle Beteiligten auf den Tag ein. Zeitgleich wird die A45 in beide Fahrtrichtungen voll gesperrt. Um 11 Uhr schallt es dann durchs Tal: „Drei, zwei, eins – Zündung“ – und nur vier Sekunden später stürzt das Teilbauwerk in Fahrtrichtung Frankfurt zu Boden.
Wichtiger Schritt für den Neubau
In den nun folgenden Stunden begutachten Bauwerksprüfer und Statiker das bereits neu gebaute Teilbauwerk in Fahrtrichtung Dortmund und stellen sicher, dass es während der Sprengung keinen Schaden genommen hat. Mit hochauflösenden Drohnen werden die Pfeiler abgeflogen, um alles genaustens unter die Lupe zu nehmen.
„Die gelungene Sprengung ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum Neubau der Talbrücke Landeskroner Weiher. An der A45 bewegt sich gerade wirklich sehr viel – und vieles ist für den Verkehrsteilnehmer ja gar nicht sichtbar. Das, was wir heute hier gesehen haben, ist nur dank eines tollen Teams in der Außenstelle Netphen in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Baufirmen möglich gewesen. Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen, dass alles reibungslos funktioniert“, so der Leiter der Außenstelle Netphen, Samuel Freund. Derzeit bereitet das Team den nächsten großen Meilenstein an der A45 vor: „Noch in diesem Sommer wird die Talbrücke Rinsdorf mit Überbau und Pfeiler quer verschoben – ein einmaliges Ereignis, das es in dieser Größenordnung noch nie in Deutschland gegeben hat“, so Freund weiter.
So geht es nun weiter
Ab morgen wird damit begonnen, die rund 10.000 Tonnen Abbruchmaterial abzufahren. Die Materialen werden getrennt und wieder verwertet. So wird beispielsweise der Beton zu Schotter verarbeitet und beim Neubau genutzt. Die Arbeiten unter der Brücke dauern rund sechs Wochen. Danach können dann die Vorbereitungen für den Neubau des zweiten Teilbauwerks starten.
Die Untersuchungen sind abgeschlossen. Die A45 wurde soeben in beide Fahrtrichtungen wieder freigegeben.
Fotos: Andreas Trojak / wirSiegen.de
Fotos: Die Autobahn Westfalen
Fotos: Andreas Trojak / wirSiegen.de
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