„Hier fand ich Menschen denen ich Vertrauen konnte“

wS/dsw   Freudenberg  –  „Die vergangenen zehn Jahre haben das Leben von rund 4000 Suchtkranken nachhaltig verändert.“ Mit diesen Worten eröffnete Egon Papior, Verwaltungsleiter des Krankenhauses Bethesda in Freudenberg, die Jubiläumsfeier der Entzugsstation. Im Januar 2001 schlug die Geburtsstunde für die qualifizierte Entzugsbehandlung im Krankenhaus Bethesda – und das in einer eigenen Station mit 18 Betten auf der Inneren Abteilung. Obwohl es anfangs nicht immer leicht war, konnte sich die Station mit ihrem Behandlungsangebot in der regionalen Suchthilfe etablieren. „Wir sind schrittweise voran gekommen und mit der Zeit ein arbeitsfähiges Team geworden“, erklärte Beate Hünting, Sozialpädagogin der Entzugsstation.

Es sei etwas besonderes, dass es in einem kleineren Krankenhaus wie dem Bethesda eine Entzugsstation auf der Inneren Abteilung gebe. Nur wenige kleine Krankenhäuser würden diesen Schritt wagen. Und das obwohl die enge Zusammenarbeit mit der Inneren Medizin viele Vorteile für Patienten hat, wie die Chefärztin der Inneren Medizin Dr. Barbara Beuscher-Willems erläuterte: „Alkoholbedingte Krankheiten wie beispielsweise die Gastritis können wir direkt mitbehandeln.“ Welche Bedeutung der Arbeit in Entzugsstationen zukommt, zeigen aktuelle Zahlen: Rund 8,5 Millionen Menschen trinken in Deutschland gefährlich viel Alkohol – 1,6 Millionen sind seelisch und körperlich alkoholabhängig. Im Krankenhaus Bethesda begleitet ein Team aus Schwestern, Fachschwestern, Physio- und Ergotherapeuten, Sozialpädagogen, Psychologen, Seelsorgern und Ärzten suchtkranke Menschen.

Ziel einer jeden Behandlung ist es, das Überleben und die Gesundheit zu sichern, den Körper zu entgiften, Patienten zu motivieren, vorhandene Ressourcen zu stärken, alkoholfreie Perioden zu verlängern und schließlich eine dauerhafte Abstinenz zu erreichen. Dass dies nicht alle Patienten beim ersten Mal schaffen, weiß Dr. Beuscher-Willems. „Rund 80 Prozent werden im ersten Jahr rückfällig und 54 Prozent greifen nach einer Langzeittherapie innerhalb der ersten Jahre wieder zum Alkohol.“ Aber auch wenn der Entzug oft mit mehreren Aufenthalten verbunden ist, sind Aussagen wie die folgende ein Beispiel für Erfolgsgeschichten der vergangenen zehn Jahre: „In der Entzugsstation fand ich Menschen denen ich Vertrauen konnte und die mir halfen, Altlasten aufzuspüren und zu verarbeiten“, schrieb ein ehemaliger Patient in einem Brief an die Mitarbeiter. Ein Erfolgsfaktor ist auch die enge Vernetzung der Einrichtungen für Suchtkranke innerhalb der Diakonie in Südwestfalen.

„Die Diakonie bietet eine umfassende Versorgungskette: In unseren Beratungsstellen wird Vertrauen geschaffen, in der Station werden Betroffene beim Entzug unterstützt und die Mitarbeiter des Hauses Euelsbruch in Freudenberg helfen den Suchtkranken dabei, sich wieder einzugliedern“, betonte Hubert Becher, Geschäftsführer des Diakonie Klinikums. „Gerade das Akutkrankenhaus ist für Suchtkranke ein Zufluchtsort ohne Stigmatisierung“, sagte Dr. Heinrich Elsner, Facharzt für Psychiatrie und Leiter der Methadonambulanz in Bochum. Denn hier werden auch Patienten mit „normalen“ Erkrankungen behandelt. Für Suchtkranke koste es weniger Überwindung sich hier behandeln zu lassen als beispielsweise in einer Psychiatrie. Heute sind Akutkrankenhäuser und Einrichtungen für Suchtkranke nicht mehr nur Anlaufstelle für junge Menschen, sondern auch für ältere. „Eine Zunahme von alten Menschen die suchtkrank sind ist zukünftig wahrscheinlich – was auch für Suchtkliniken eine Veränderung bedeutet, beispielsweise in der Behandlung“, sagte Dr. Dieter Geyer, Facharzt für Psychiatrie und Leiter der Fachklinik Fredeburg.

In der Behandlung von Älteren stehen beispielsweise Themen wie Einsamkeit, Trauer oder das Nachlassen körperlicher Fähigkeiten im Vordergrund. Auch Fort- und Weiterbildungen in der Geriatrie oder Gerontologie sowie eine Zusammenarbeit mit Seniorenheimen seien für die wachsende Begleitung älterer Suchtkranker wichtig.

Bildunterschrift: Von links nach rechts: Hubert Becher, Geschäftsführer des Diakonie Klinikums, Egon Papior, Verwaltungsleiter des Krankenhauses Bethesda, Beate Hünting, Sozialpädagogin der Entzugsstation, Dr. Barbara Beuscher-Willems, Chefärztin der Inneren Medizin im Krankenhaus Bethesda, Dr. Dieter Geyer, Facharzt für Psychiatrie und Leiter der Fachklinik Fredeburg, und Dr. Heinrich Elsner, Facharzt für Psychiatrie und Leiter der Methadonambulanz in Bochum.

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