Für eine Wertegesellschaft und den Schutz des Sonntags!

DGB und ver.di fordern bundeseinheitliche Regeln

(wS/red) Siegen 21.09.2017 | Kurz vor der Bundestagswahl melden sich die DGB-Region Südwestfalen und der ver.di-Bezirk SiegenOlpe gemeinsam zu Wort und greifen den freien Sonntag als ein wertvolles Kulturgut und eine wichtige Säule des Gemeinwesens auf.

„Wir wollen den Bundestagskandidaten unser gemeinsames Anliegen mit auf den Weg geben und sie an die staatliche Schutzgarantie mit Verfassungsrang (Art. 140 GG) für Sonn- und Feiertage erinnern“, so die beiden Geschäftsführer Ingo Degenhardt (DGB) und Jürgen Weiskirch (ver.di).

Bereits vor nunmehr 1.696 Jahren hat der damalige römische Kaiser Konstantin für das römische Weltreich den Sonntag per Edikt als für alle Bürgerinnen und Bürger arbeitsfreien Tag verkünden lassen.

„Wir haben in vielerlei Hinsicht den alten Römern viel zu verdanken und Kaiser Konstantin hatte mit Sicherheit triftige Gründe solch eine Entscheidung zu treffen. Vielleicht sollten unsere Politikerinnen und Politiker auch einmal in sich gehen und überlegen, was sie Teilen ihrer Wählerinnen und Wählern mit so mancher ihrer Entscheidung und den daraus resultierenden Auswirkungen zumuten. Auch wenn sich die Zeiten geändert und die Gesellschaft sich stark gewandelt hat, gibt es Werte die über Jahrhunderte hinweg getragen haben und an diesen sollten wir uns auch heute orientieren“, sagt Ingo Degenhardt.

„Als Gewerkschaften erwarten wir von den Bundestagskandidatinnen und –kandidaten, dass sie sich konsequent für den Schutz des freien Sonntags einsetzen. Und von den künftig gewählten Abgeordneten des Deutschen Bundestages aus unserer Region erwarten wir, dass sie die neue NRWLandesregierung mit ihrem Vorschlag die Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage zu verdoppeln stoppen“, so Jürgen Weiskirch. Degenhardt und Weiskirch weisen beide darauf hin, dass die Bundesländer und somit auch NRW bei der Ausübung ihrer Zuständigkeit die Vorgaben des Artikels 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 139 Weimarer Reichsverfassung zu beachten haben. Die vom Grundgesetz geschützte Sonntagsruhe wurde durch drei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (1961, 2004 und 2009) sowie durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (2015) gestärkt.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat die Ausweitung der verkaufsoffenen Sonntage mit in sein „Entfesselungspaket“ gepackt. Beide Gewerkschafter sagen dazu: „An den bisherigen Regelungen von vier verkaufsoffenen Sonntagen und dem notwendigen Anlassbezug gibt es nichts zu entfesseln, es gilt vielmehr unsere Wertegesellschaft und den Sonntag als wertvolles Kulturgut und wichtige Säule des Gemeinwesens zu schützen.

Laut statistischem Bundesamt arbeiteten 2014 bundesweit mehr als elf Millionen Menschen an Sonn- und Feiertagen. 1994 hingegen waren es weniger als acht Millionen Erwerbstätige, die gelegentlich, regelmäßig oder ständig an Sonn- und Feiertagen zur Arbeit gingen.

„Der weitere Ausbau der Dienstleistungsgesellschaft, Digitalisierung und der demographische Wandel werden den Trend zur Sonn- und Feiertagsarbeit zunehmend verstärken. Wir werden wohl zu einer Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft kommen, hier gilt es Schutzmechanismen zu schaffen und Rahmenbedingungen zu setzen“, so die Auffassung von DGB und ver.di.

Mit der angekündigten Gesetzesnovelle von Ministerpräsident Laschet zur Ladenöffnung wird ein offensichtlich verfassungswidriges Ziel verfolgt: die Erlaubnis zur Sonntagsöffnung ohne Anlass und einzig aus Gründen von „Standortkonkurrenz“. Mit rein wirtschaftlichen Interessen wird eine Sonntagsöffnung begründet, was praktisch bedeutet, das jeden Sonntag vor Ort oder in einer Nachbarstadt Einkaufen möglich ist. Der Gesetzesentwurf steht offen im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundesverwaltungsgerichtes. Zuletzt im Mai 2017 haben auch die obersten NRW-Verwaltungsrichter entschieden, dass das Umsatzinteresse des Einzelhandels keine Sonntagsöffnung rechtfertigt. Die Latte für Öffnungen an Sonntagen bleibt trotz der schwarz-gelben Initiative hoch – und das ist gut so.

Wer sieben Tage „shoppen“ einführen will, meint es nicht gut mit den Menschen, schafft keinerlei Rechtssicherheit, sondern provoziert eine neue Klagewelle. Dem Vorstoß den Sonntag langsam aber sicher zum Regelöffnungstag zu machen werden sich der DGB und ver.di als Fachgewerkschaft entgegenstellen und den im Grundgesetz geschützten Sonntag weiterhin im Interesse der Beschäftigten und der Werte unserer Gesellschaft verteidigen.

In der neuen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages fordern DGB und ver.di eine bundeseinheitliche Regulierung der Sonntagsarbeit – u.a. durch die Einführung einer bundesweit gültigen Bedarfsgewerbeverordnung sowie durch bundeseinheitliche Standards für die Ladenöffnungsgesetze der Länder und fordern die dann gewählten Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf hier initiativ zu werden.

Von der Bundesregierung wird zudem die Einführung eines Sonntagsschutzberichts gefordert, der den rapiden Anstieg der Sonn- und Feiertagsarbeit detailliert analysieren soll.

Nach wie vor gibt es aus Sicht der beiden Geschäftsführer Rechtsunsicherheit bei der Beantragung und Genehmigung von verkaufsoffenen Sonntagen. Dies haben auch im Kreisgebiet jüngste Genehmigungs- und anschließende Klageverfahren gezeigt.

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