Vortrag zu KZ-Häftling: Einer muss überleben

(wS/bwv) Siegen 24.06.2022 | Willi Kessler verlor seine ganze Familie durch die Nationalsozialisten und überlebte die Hölle von Auschwitz. Seine Enkelin Melissa Quint hält die Geschichte lebendig. Siegen. Eigentlich sollte das Leben des Juden Willi Kessler anders verlaufen. Der Vater betrieb erfolgreich eine eigene Schneiderei, Kessler
war ein junger Mensch mit Träumen und Plänen. Dem setzten die Nationalsozialisten ein jähes Ende. Kesslers Geschichte ist eine von Millionen unfassbaren Lebensgeschichten, seine Enkelin Melissa Quint hält sie in Vorträgen lebendig. Sie war im Rahmen der Extremismusprävention zu Besuch am Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung.

Bereits nach der Machtergreifung 1933 bemerkte Willi Kessler erste Veränderungen. Die christlichen Freunde durften mit dem jüdischen Kind nicht mehr spielen. Mit 13 gab es Repressalien durch die Machthaber, Kessler musste zwangsweise Güter ausliefern. Mit 17 wurden er und seine Familie in die Hölle von Auschwitz deportiert, die er als einziger seiner Familie überleben sollte. Bereits nach der Selektion erlebte Kessler, wie sein Vater von einem Aufseher totgeschlagen wurde, weil er eine
Anweisung nicht verstand. Seine Mutter und Schwester hat er nie mehr gesehen.

Lediglich seine beiden Brüder blieben ihm, doch auch sie starben im KZ Auschwitz. Das Leben im KZ war unmenschlich. Nachts mussten sie aufstehen, dann folgte ein Marsch von 10 Kilometern, 12 Stunden Arbeit in einer Grube und wieder ein Marsch von 10 Kilometern zurück ins Lager.

Das alles bei wenig Verpflegung. Willi Kessler überlebte Auschwitz und den Todesmarsch nach Buchenwald bei Weimar. „Einer muss überleben“, so sein Überlebenswille. 1945 dann die Befreiung durch die Alliierten. Nach seiner Rückkehr fand er Unterkunft bei dem ehemaligen Dienstmädchen, in der Lungenheilanstalt lernte Kessler seine Frau kennen und gründete eine Familie in dem Land, das ihn so schlecht behandelt hatte. „Ich war ein Gefangener in dem Land, das meine Sprache spricht.“

Der Bundesrepublik war dieses Leiden lediglich 5.000 Deutsche Mark Entschädigung wert und auch die bekam Kessler erst nach langem Ringen mit den Behörden. Übrig bleibt eine Enkelin, die Willi Kesslers Geschichte weiterträgt und eine Collage des Großvaters zum Thema Auschwitz und Deportation, die mittlerweile im Bonner Haus der Geschichte ausgestellt wird. Für Thorsten Springob ein wichtiger Beitrag für die Extremismusprävention am Berufskolleg. „Antisemitismus ist leider nicht ausgestorben. Wenn man auch die gesellschaftliche Entwicklung und die Siegener Geschichte betrachtet, ist das Thema sehr wichtig.“

Melissa Quint (links) hält die Lebensgeschichte ihres jüdischen Großvaters Willi Kessler mit ihren Vorträgen lebendig. Thorsten Springob betreut die Extremismusprävention am Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung. Foto: Schule.

 

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