Spannende Einblicke und neue Ausblicke bei der Talsperrenführung des Heimatvereins Netpherland und Wasserverbands Siegen-Wittgenstein im Rahmen der Ausstellung „WasserWerk“

(wS/wvc) Netphen 22.01.2024 | Sie ist wohl eines der beliebtesten Ausflugsziele im nördlichen Siegerland – die Obernautalsperre.

Täglich sind zahlreiche Spaziergänger, Erholungssuchende und Hobbysportler auf dem ca. 9 Kilometer langen Weg rund um die Wasserfläche unterwegs. Doch wie sieht es eigentlich im Inneren der Talsperre aus? Im Staudamm und im Entnahmeturm, der sich über die Wasseroberfläche erhebt und den man nur vom Ufer aus betrachten kann? Antworten auf diese und viele weitere Fragen erhielten ca. 25 interessierte Besucherinnen und Besucher kürzlich bei einer Talsperrenführung, die der Heimatverein Netpherland und der Wasserverband Siegen-Wittgenstein (WVS) im Rahmen der Sonderausstellung „WasserWerk“ anboten.
Dirk Müller, Geschäftsführer des WVS, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf der Dammkrone unterhalb des Wanderparkplatzes. Hier gab er zur Einstimmung ein paar allgemeine Informationen zum Verband, seiner Historie und seinen Aufgaben, aber auch zur Wasserqualität im Siegerland. „Aufgrund unserer natürlichen Gegebenheiten und der Tatsache, dass es keine anthropogenen Belastungen in unseren Einzugsgebieten gibt, haben wir top Wasser“, so Dirk Müller.  Eine Aufbereitung des hervorragenden Rohwassers sei dennoch nötig: „An das Trinkwasser werden in Deutschland sehr hohe Ansprüche gestellt. Die Trinkwasserverordnung ist unsere Maßregel, sie gibt uns ganz genau vor, was wir zu tun haben.“
Der WVS-Geschäftsführer ging in seiner Einleitung auch auf den Klimawandel und die aktuellen Wetterbedingungen ein. Im vergangenen Jahr habe man aufgrund des ausgiebigen Niederschlags vergleichsweise hohe Füllstände verzeichnen können. „Sie haben es sicher schon mitbekommen: derzeit sind unsere Talsperren voll.“ Doch der Klimawandel sei zweifellos da. Das hätten die Jahre 2018 bis 2020 mit den heißen, dürreähnlichen Perioden und dem daraus resultierten Waldsterben deutlich gezeigt. „Zu viel Wasser oder zu wenig Wasser? – Das Thema bleibt spannend“, konstatierte Dirk Müller und führte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer weiter zur Hochwasserentlastungsanlage.

Diese ist – vereinfacht ausgedrückt – dafür da, die Talsperre vor einem Überlaufen des Wassers über die Dammkrone bzw. einem Dammbruch zu schützen. „Die Bauwerkssicherheit hat für uns als Betreiber oberste Priorität“, erklärte Dirk Müller und zeigte auf die drei großen Fischbauchklappen.
Im Winter halte der WVS stets einen Hochwasserschutzraum frei, um für Niederschlagsereignisse gewappnet zu sein. „Wenn aber so viel Regen fällt, dass auch dieser Schutzraum ausgeschöpft ist, läuft das Wasser über die Klappen der Hochwasserentlastungsanlage ab in das Tosbecken, wo es beruhigt und anschließend in den Obernaubach eingeleitet wird.“ In diesem Jahr stehe unter anderem die Betonsanierung der Anlage auf der To-do-Liste. „Die Sicherheitsstandards für Talsperren in Deutschland sind ebenso hoch wie für das Trinkwasser“, so der WVS-Geschäftsführer. Um die Versorgungssicherheit jederzeit zu gewährleisten, seien gerade die Systeme im Talsperrenbereich grundsätzlich redundant ausgelegt. Neben den routinemäßigen und notwendigen Kontrollen im All- tag finde im zehnjährigen Rhythmus eine umfangreiche, vertiefte Prüfung des Talsperrenbauwerks statt. Dann werde von der Hydrologie (Bemessungsabflüsse) über die Hydraulik bis statischen Betrachtungen alles auf links gedreht und begutachtet.

Über den Steg setzte die Gruppe ihren Weg anschließend fort zum Entnahmeturm. Hier konnten die Anwesenden ganz neue Ausblicke auf die Talsperre genießen. Normalerweise dürfen diesen Bereich nur Mitarbeitende des WVS betreten. Für die Führung öffnete Dirk Müller jedoch das Tor und die Gruppe nutzte sofort die Gelegenheit die Landschaft von der Wasserseite aus zu fotografieren.

Im Rahmen der Sonderausstellung „WasserWerk“ boten der Heimatverein Netpherland und der Wasserverband Siegen-Wittgenstein (WVS) kürzlich eine Führung durch die Obernautalsperre an. WVS-Geschäftsführer Dirk Müller (li.) verriet den Anwesenden allerlei Wissenswertes rund um das Bauwerk und die Trinkwasserversorgung.

Dann ging es in den Entnahmeturm und über eine Wendeltreppe an den Einläufen der Trinkwasserentnahme vorbei mehr als 50 Meter in die Tiefe bis auf den Grund der Talsperre. Die Armaturen und Rohre beeindruckten die Gäste allein durch ihre Größe und Massivität. Hier etwas auszutauschen bedürfe nicht nur einiges an Arbeit, sondern auch jeder Menge Planung, schilderte Dirk Müller. Immerhin gibt es solche Anlagen nicht im Baumarkt um die Ecke. „Wir können nicht warten, bis etwas kaputtgeht, sondern müssen vorher aktiv werden. Doch wie viele andere spüren auch wir die Auswirkungen der momentanen geopolitischen Situation deutlich in Form von Materialengpässen, Verteuerungen und langen Lieferfristen. An der Breitenbachtalsperre werden wir in diesem Jahr die Armaturen am Grundablass austauschen, da gibt es eine Lieferzeit von 26 Wochen.“
Die interessierten Besucher und Besucherinnen hörten gespannt zu und hatten auch einige Fragen.
Wie steht es beispielsweise um das Thema Energiegewinnung an Talsperren? Dirk Müller erklärte, dass dies für den WVS derzeit nicht wirtschaftlich sei. Im Hinblick auf den Klimawandel müsse man sich jedoch mit alternativen Energien auseinandersetzen. Gerade die Entwicklung von Floating-PV-Anlagen, also schwimmenden Photovoltaik-Anlagen, beobachte man intensiv. Jedoch müsse alles, was in dieser Richtung gemacht werde, trinkwasserverträglich sein, denn: „Wir sind an erster Stelle Trinkwasserversorger und kein Energielieferant.“

Die zweistündige Führung endete schließlich auf der anderen Dammseite am Schieberhaus, nach- dem die Anwesenden den rund 300 Meter langen Weg durch den Grundablasskanal zurückgelegt hatten. Hier öffnete der WVS-Geschäftsführer zur Demonstration noch kurz den Grundablasskanal.
Gemeinsam beobachtete die Gruppe, wie 20.000 Liter Wasser pro Minute gegen die frisch sanierten Wände des Tosbeckens peitschten.

Die Hochwasserentlastungsanlage ist ein wesentlicher Bestandteil der Talsperre.

Die Ausstellung „WasserWerk“ ist noch bis Anfang März im Heimatmuseum Netpherland zu sehen.
Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Obernautalsperre im vergangenen Jahr behandelt sie das Thema Wasser in unterschiedlichen Facetten, aber stets mit lokalem Bezug. So widmet sich ein Teil der Ausstellung der Obernautalsperre, während ein anderer etwa die Badekultur im Netpherland erläutert. Auch die Wasserkraft und die im Siegerland früher häufig zu findenden Mühlen werden in den Blick genommen.

Über den Steg ging es für die Gruppe in den Entnahmeturm der Obernautalsperre. WVS-Geschäftsführer Dirk Müller (re.) gab anhand einer Karte Informationen zu den Wassereinzugsgebieten.

Beeindruckend ist der rund 300 Meter lange Grundablasskanal am Grund der Obernautalsperre. Durch ihn ging es für die Besucherinnen und Besucher trockenen Fußes auf die andere Seite des Damms zum Schieberhaus.

Fotos: Ann Kathrin Müsse, Wasserverband Siegen-Wittgenstein

Besucht werden kann die Ausstellung jeden 1., 3. und 4. Sonntag im Monat von 15 bis 17 Uhr, jeden 2. Sonntag im Monat von 10 bis 12 Uhr sowie nach Vereinbarung (heimat- museum@heimatverein-netpherland.de). Daneben finden bis März weitere Veranstaltungen rund ums Thema Wasser statt. Eine Terminübersicht gibt es unter www.stadtnetphen.de im Bereich „Veranstaltungen“.
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