Chronik des Kirchenchores „Cäcilia“ 1874 Brachbach – Einladung zum Jubiläumsgottesdienst mit „Missa Brevis“ – Kirchenchor „Cäcilia“ Brachbach

(wS/stc) Siegen 16.04.2024 |  Der Kirchenchor „Cäcilia“ 1874 Brachbach feierte im Jahr 2024 sein 150jähriges Bestehen und war somit der älteste Ortsverein. Nach der Fertigstellung des Kirchbaus im Jahr 1871 und der Einweihung kam am 2. Februar 1872 der junge Priester Johann Friedrich Schneider (*02.03.1843 +08.01.1894) als Pfarrvikar nach Brachbach und äußerte sofort den Wunsch, einen Kirchenchor zu gründen.

Chronik des Rektors Josef Kappes S.163: „Die erste Zeit seit Bestehen unserer Kirche war noch keine Kirchenorgel vorhanden. Statt deren wurde ein Instrument gebraucht, das „Örgelchen“. Dieses Instrument hatte Ähnlichkeit mit einem Dynamitkasten, sowohl im Ausmaß, wie auch im Aussehen. Es stand früher in der alten Schule, auf dem Pult. Es besaß einen Hebel zum Windmachen…..Es war der Vorläufer der heutigen Kirchenorgel und stand daselbst bis zur Aufstellung der ersten Kirchenorgel. Das war bis 1874. Wohin es gekommen ist und wo es sich vielleicht noch jetzt befindet, weiß niemand, aber man weiß, daß es damals nach seiner Betriebseinstellung durch Kauf an den zweiten Lehrer – Wihskirchen – damals in Brachbach, überging, und es ist auch der Preis bekannt geworden, der dafür gezahlt wurde….Der damalige Rechnungsführer der Kirchenkasse, Karl Pracht, vermerkte unter dem Datum vom 25. Oktober 1874 „die Harmonika an Lehrer Wihskirchen verkauft – 13 Thlr.“ Dieses Instrument hätte unbedingt der Gemeinde erhalten bleiben müssen, schade, das es nicht geschehen ist. Es wäre jedenfalls ein schönes Stück für ein Museum gewesen“.

Dieses erste Örgelchen wurde wohl zunächst von Lehrer Ferdinand Bähner bedient und wird in der musikalischen Begleitung der Gottesdienstbesucher sicherlich keinen Hochgenuß erzeugt haben.

Hierzu schreibt der Vikar: „Der Unterzeichner fand allerdings bei seinem Eintritt im Jahr 1872 schon einen Gesang-Verein in Brachbach vor [Anm.: den 1854 gegründeten Männergesangverein „Cäcilia“ Brachbach, der 1946 mit dem MGV „Concordia“ zum MGV „Frohsinn“ verschmolz]. Allein, so sehr er sich auch bemühte, diesem Verein, der schon lange Jahre existierte, neues Leben und Gestalt zu geben, die Bemühungen blieben fruchtlos. Erst als zu Ende des Jahres 1873 an der Pfarr-Vikarie-Kirche ein eigener Küster und Organist in der Person des H. Lehrer Wiskirchen angestellt wurde, war der Moment gekommen, meinen längst gehegten Lieblings-Plan, einen Pfarr-Cäcilien-Verein zu gründen, zur Ausführung zu bringen. Nach meiner Idee sollte dieser Verein Kirchenchor sein; er sollte mich namentlich in der Schaffung eines würdigen Kirchengesanges unterstützen, und er sollte durch echten Kirchengesang unseren Gottesdienst verherrlichen und so an dem großen Werke der Erlösung und Heiligung der Menschen sorgen und mitwirken. Deshalb konnte ich auch blos solche Mitglieder für den neuen Verein gebrauchen, die sich dieser Aufgabe gewachsen zeigten oder die wenigstens den Guten Willen dazu zeigten. Ich konnte nur Mitglieder gebrauchen, die regelmäßig den Gottesdienst Sonn- und Feiertags, Morgens und Nachmittags besuchten; die auch draußen im gewöhnlichen Leben einen tadellosen echt christlichen Lebenswandel führten. Denn Gott der Herr kann in unserer Kirche nur auf würdige Weise von reinen Lippen und reinem Herzen gelobt und verherrlicht werden. In gleicher Weise sollte der Verein ein Mittel sein, durch Pflege der Musik und durch gesellige Unterhaltung die Herzen der Vereins-Mitglieder für den Genuss reiner Freude zu bereiten, so die Herzen zu veredeln und für alles Schöne und Gute zu entflammen. Der Verein sollte mit seinen geselligen Unterhaltungen den Beweis liefern, dass man heiter, lustig, froh und munter sein, dass man recht vergnügt sein kann, ohne dass die Grenzen des Anstandes und der guten Sitte überschritten zu werden brauchen. Der Verein sollte in der Beziehung mir für die ganze Gemeinde ein Sauerteig sein, auf dass nicht nur in der Kirchen Gott dem Herrn durch gesittetes Betragen gedient werde, sondern namentlich im öffentlichen Leben der Gemeinde christlichen Anstand, christlich Zucht und Sitte immer mehr gefördert und verbreitet werde…. Nachdem ich die Statuten mit Lehrer Wiskirchen entworfen hatte, legte ich dieselben denjenigen jungen Männern, die zur Gründung eines Pfarr-Cäcilien-Vereins bereit waren, vor…“.

Tatsächlich finden sich in den 14 Paragrafen der Satzung z. T. sehr strenge Maßregeln. So z. Bsp. in §2: Wer Mitglied des Vereins werden will, muss einen guten Lebenswandel führen und den Gottesdienst regelmäßig besuchen. Oder §9: Sollte ein Mitglied dringende Umstände halber gehindert sein, der Übungsstunden beizuwohnen, so hat er sich deshalb beim Dirigenten vorher zu entschuldigen. Wer ohne letzter Entschuldigung von dem Besuche der Stunden fernbleibt, verfällt jedesmal in eine Strafe von zweieinhalb Groschen zu Gunsten der Vereinskasse. Nur der Präsident [Anm.: der jeweilige Pfarrer] kann nach Anhörung der Gründe von dieser Strafe dispensieren.

Am 25. April 1874 wurde die Vereinsgründung vollzogen, erster Vorstand war August Zöller „Stähler’sch“ (*24.11.1849 +25.10.1905). Der Chor bestand aus 23 Sängern, wovon recht viele aus dem vormals geschmähten MGV Cäcilia stammten.

Johann Friedrich Schneider blieb – da Brachbach erst am 26. April 1887 zur Pfarrei erhoben wurde – Pfarrvikar bis zum 12.06.1888 und danach bis zu seinem Tode durch Lungenentzündung erster Pfarrer in Brachbach und somit Präsident (später Präses genannt) des Kirchenchores. Ihm folgte 1894 für acht Jahre Pfarrer Franz Xaver Gadomsky (*23.06.1865 +16.09.1920) und 1902 für nur ein Jahr Pfarrer Matthias Geuter (*01.09.1865 +17.08.1913).

Lehrer Hubert Wißkirchen dirigierte bis zu seiner Versetzung 1879 nach Mudersbach den Chor und spielte die 1874 für 1.450 Taler angeschaffte erste Kirchenorgel. Diese wurde beim ersten Kirchenumbau 1911 zwar nochmals versetzt, konnte aber nicht mehr in Betrieb genommen werden.

Nachfolger von Hubert Wißkirchen als Dirigent wurde 1879 Peter Mays, der bis 1917 Lehrer und Organist in Brachbach war. In diesem Jahr wurde der Organistendienst von der Lehrerstelle getrennt.

Peter Mays legte allerdings im Jahr 1905 den Dirigentenstab nieder, und die Mitgliederzahl der aktiven Sänger ging bis auf drei zurück. Sänger, Küster und später Organist Josef Utsch (*10.06.1868 +1.10.1934) übernahm mit einem Knabenchor und einigen neu gewonnenen Sängern den Kirchenchor. Die Gesangsproben fanden bis 1907 in seiner Wohnung (Gartenstr. 2 „Klösterchen“) statt.

Ab 1907 leitete Karl August Mohr (*12.11.1883 +14.06.1951) den Kirchenchor zunächst für 15 Jahre, bis er am 4. Februar 1923 zusammen mit 22 Sängern austrat. Die verblieben 10 Sänger übernahm Alfons Josef Zöller „Stähler’sch“ (*10.04.1898 +23.02.1960) und frischte die Mitgliederzahlen wieder auf. Da er eine Stelle als Küster, Organist und Chorleiter in Freudenberg/bei Trier übernahm, legte er am 1. Juli 1925 sein hiesiges Amt nieder. Also übernahm Karl Mohr am 1. August 1925 erneut für weitere neun Jahre die Leitung des Chores.

Es waren bewegte Jahre, die häufige Wechsel wirkten sich jedes Mal sehr nachteilig aus, weil mit jedem Dirigentenwechsel häufig auch ein Sängerwechsel verbunden war. Aber es gab auch Positives: im Kriegsjahr 1916 beschloss die Versammlung, jedem aktiven und passiven Mitglied, der als Soldat im Felde steht, ein Weihnachtsgeschenk von je 3 Mark zu senden. Im Jahr 1919 wurde der Kirchenchor neu geordnet. Der Chor zählte zu diesem Zeitpunkt 32 aktive und 5 passive Mitglieder. Ein großes Ereignis war die Beschaffung einer Vereins-Fahne, die vom damaligen Präses, Pfarrer Heinrich Arndts (*23.01.1866 +05.02.1942) entworfen und am 30. Mai 1920 feierlich geweiht wurde. Kosten: 3.300,- Reichsmark, eine in der damaligen Zeit unvorstellbar hohe Summe. Besonders verdienten Sängern wurde die Ehre zuteil, als „Fähnrich“ die Fahne des Chores bei feierlichen Anlässen tragen zu dürfen. Zum ersten Fähnrich wurde Josef Neuser (*11.10.1893 +18.10.1970) gewählt.

Am 14. April 1929 wurde Karl August Mohr zum ersten Mal als Chorleiter verabschiedet. Er hatte im zweiten Quartal 1928 das Dirigentenamt an Peter Winkler übergeben. Peter Winkler gab am 30. Juni 1932 den Chor an Heinrich Diehl ab. Diese musikalische Leitung dauerte jedoch nicht lange, am 11. Oktober 1934 übernahm Peter Winkler erneut das Amt des Chorleiters, bis er im Jahr 1939 wegen des Militärdienstes ausscheiden musste.

In dieser Zeit gingen die Sängerzahlen jedoch stetig zurück. So wurden im Jahr 1933 im Jahreshauptbericht 47 Mitglieder gezählt, 1940 waren es noch 26. Die Zahl der Aktiven hatte sich in dieser Zeit auf 16 verringert. 1935 trat der Kirchenchor der Sängervereinigung „Liederkranz“ bei. Im April 1936 legte der Verein dem damaligen Bürgermeister Adam Groß die Bitte vor, die Ehrenmitglieder der Liederkranz-Chöre, die die 25jährige Mitgliedschaft erreicht hatten, zu Ehrenbürgern ernennen zu lassen. Gleichzeitig wollte man mit den Vorsteher-Wappen die Heimatverbundenheit dokumentieren.

Am 4. Oktober 1946 übernahm Peter Winkler zum dritten Mal das Amt des Chorleiters, konnte dieses jedoch aufgrund von gesundheitlichen Problemen nicht mehr lange ausüben. Daher übergab er am 1. November 1947 das Amt an Alfons Josef Zöller „Stähler’sch“ und übte es selbst nur noch stellvertretend aus.

Alfons Josef Zöller führte den Chor nun über 28 Jahre lang bis zum 20. November 1975. Er trat die Nachfolge von Peter Winkler an, der aufgrund von gesundheitlichen Problemen sein Amt niedergelegt hatte. Die Führung des Chores hatte Alfons Zöller von 1937 bis 1940 und von 1947 bis 1975 inne.

Im Laufe der Zeit prägte Alfons Zöller den Chor mit seiner Persönlichkeit und seinem Engagement. Er war nicht nur ein begnadeter Dirigent, sondern auch ein geschickter Organisator. Unter seiner Leitung erlebte der Chor eine Blütezeit und entwickelte sich zu einem festen Bestandteil des kulturellen Lebens in Brachbach und Umgebung. Zahlreiche Auftritte bei kirchlichen und weltlichen Veranstaltungen trugen dazu bei, den Chor bekannt zu machen und sein Ansehen zu steigern. Auch die Teilnahme an Wettbewerben und Festivals trug dazu bei, das musikalische Niveau des Chores zu steigern und sein Renommee zu festigen.

Alfons Zöller verstand es, die Mitglieder des Chores zu motivieren und zu begeistern. Mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen gelang es ihm, aus einer Gruppe von Singbegeisterten einen homogenen Chor zu formen, der durch seine stimmliche Qualität und Ausdruckskraft überzeugte. Sein musikalisches Können und seine pädagogischen Fähigkeiten trugen dazu bei, dass der Chor immer wieder neue Herausforderungen annahm und sich weiterentwickelte. Alfons Zöller verstand es, die Freude am Singen zu wecken und das gemeinsame Musizieren zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen.

Unter seiner Leitung erarbeitete der Chor ein vielfältiges Repertoire, das sowohl geistliche als auch weltliche Musik umfasste. Von klassischen Werken über Volkslieder bis hin zu modernen Kompositionen reichte die Bandbreite der gesungenen Stücke. Dabei legte Alfons Zöller großen Wert auf eine sorgfältige Interpretation und eine authentische Wiedergabe der Musik. Mit viel Engagement und Hingabe widmete er sich der musikalischen Arbeit und setzte hohe Maßstäbe an sich selbst und seine Sänger.

Als Dirigent und Chorleiter prägte Alfons Zöller den Kirchenchor „Cäcilia“ 1874 Brachbach über viele Jahre hinweg und hinterließ bleibende Spuren in der Geschichte des Chores. Sein Einsatz und seine Leidenschaft für die Musik werden unvergessen bleiben und seinen Nachfolgern als Vorbild dienen. Alfons Zöller wird als eine herausragende Persönlichkeit in die Geschichte des Chores eingehen und in dankbarer Erinnerung behalten werden.

Nachfolger von Alfons Josef Zöller „Stähler’sch“ war im Jahr 1975 Wilhelm Schön „Bahnhofs-Willem“ (*06.02.1927 +20.07.2013), der jedoch schon nach 15 Monaten am 14. Februar 1977 mit 27 Sängern austrat. Ab 1. März 1977 übernahm dann Leo Freisberg „Spitzes-Leo“ (*01.02.1923 +23.05.2001) den Chor. Bereits am 27. November 1977 legte er jedoch das Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder. Danach leitete Peter Stähler den Chor zunächst bis zum 26. November 1978.

Einladung zum Jubiläumsgottesdienst mit „Missa Brevis“ – Kirchenchor „Cäcilia“ Brachbach – 150. Jahrestag der Gründung

Der Kirchenchor „Cäcilia“ Brachbach feiert in diesem Jahr den 150. Jahrestag seiner Gründung. Dazu wird eine Festmesse am Samstag, den 20.April 2024, um 17.00 Uhr in der Kirche St. Josef in Brachbach gefeiert. Musikalisch wird diese selbstverständlich vom Jubiläums-Chor und den 50 Sängerinnen und Sängern des Chorprojektes gestaltet. So kommt die „Missa Brevis St. Joannis de Deo – Die kleine Orgelsolomesse“ von Josef Haydn und das „Laudate Dominum“ aus der Vesperae Solennes de Confessore von W. A. Mozart zum Vortrag. Die Orgelbegleitung übernimmt die Siegener Dekanatskantorin Helga Maria Lange, Sopransolistin ist Petra Bätzing, die dem Chor schon seit vielen Jahren eng verbunden ist. Die Gesamtleitung hat Musikdirektor Matthias Merzhäuser, der in diesem Jahr sein 10jähriges Chorleiterjubiläum in Brachbach feiert. Weiterhin präsentiert der Jubiläumschor eine sehr interessante neue Chronik aus der Feder von Christoph Bätzing. Im Anschluss an den Festgottesdienst trifft sich der Chor in der „Feierei“ , der ehemaligen Hüttenschenke in Brachbach, um das Jubiläum, auch außerhalb des Gottesdienstes gebührend weiter zu feiern.

 

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