(wS/Red) Ferndorf 06.10.2024 | HARZ-GALA: Ferndorf lässt Nettelstedt keine Chance
TuS Ferndorf gegen TuS Nettelstedt-Lübbecke 32:25 (18:12)
Wir können uns das Spiel jetzt schönreden, und genau das werden wir auch tun, das müssen wir tun. Denn das war absolut kein gewöhnliches Saisonspiel, und der Gegner war auch kein Nobody – der war schon eine richtige Hausnummer. Trotzdem hat Ferndorf von Beginn an die Stählerwiese gerockt und die Halle zum Beben gebracht. Wenn man Worte sucht, um dieses Spiel zu beschreiben, gehen einem die Superlative aus, und das gab es bisher nur beim Weihnachtsspiel der Ferndorfer beim HSV vor über 9000 Zuschauern.
Es war eine kaum zu toppende Leistung, es war eine „HARZ-GALA“ par excellence. Cevens Jungs spielten auf einem sehr hohen Niveau, gefühlt bei 100 %, obwohl Ceven das so vielleicht nicht formulieren würde – ein wenig Luft nach oben würde er vermutlich noch entdecken. 😉
Wir alle in der Halle sahen jedoch schon diese 100 %, gefühlt sogar noch mehr. Wir sahen das Feuer in den Augen der Spieler, ihre Körpersprache, die klatschnassen Trikots, die am Körper klebten, und der pure Siegeswille strahlte über alles hinweg. Sie legten einen Start-Ziel-Sieg hin, der sich gewaschen hatte. Der Tabellenfünfte der letztjährigen Zweitligasaison bekam hier seine Grenzen schmerzlich aufgezeigt. Wenn man diese Hünen von Nettelstedter Spielern sieht, die alle nahezu an die zwei Meter groß sind, kann man diese Leistung nicht hoch genug bewerten.
Der höchste Berg in der Heimat der Gäste ist der Nettelstedter Berg, die Ferndorfer haben mit dem Kindelsberg einen noch höheren Berg. Den wollten die Gäste unter Neu-Trainer Piotr Przybecki einnehmen, wollten raus aus dem Tabellenkeller, sich ein Stück weit freischwimmen – doch daraus wurde nichts. Wie sagte Ceven Klatt noch vor Saisonbeginn? „Zielsetzung ist der Klassenerhalt.“ Acht Punkte haben sie sich dazu schon erkämpft und strahlen, zumindest vorübergehend, von Tabellenplatz 2 – das ist ein Traumstart. Nettelstedt hingegen wollte um den Aufstieg in die 1. Bundesliga mitspielen. Das ist zwar nicht unmöglich, aber nach derzeitigem Stand dürfte das ein harter und steiniger Weg werden.
Das Rückspiel im März wird für unsere Jungs sicherlich kein einfaches werden, daher sind die jetzigen 2 Punkte sehr wichtig. Nettelstedt war als Favorit in dieses Spiel gegangen, doch mit dieser Leistungssteigerung unserer Jungs war nicht unbedingt zu rechnen. Höchstleistungen sahen wir bei unserem TuS in allen Bereichen: Wir hatten eine brillante Abwehr, die den Gegner oft ins Zeitspiel trieb, wir hatten eine starke, schnelle und schlagkräftige Angriffsleistung, sahen über gefühlte 60 Minuten schönen Tempohandball und – last but not least – einen starken Can Adanir im Tor, der mit 12 Paraden auf eine Quote von 32,43 % kam und damit die gute Gesamtleistung komplettierte.
Das Zusammenspiel zwischen Janko Kevic und Mattis Michel riss die Fans immer wieder zu Begeisterungsstürmen hin. Diese intelligenten Pässe zu Mattis, teils sogar hinter dem Rücken, waren schon ganz großes Kino. Und wenn Marvin Mundus seine unhaltbaren Kracher ins Netz seiner ehemaligen Mannschaft (2016-2019) knallte, wurde die Tribüne zum Tollhaus. Dieses Tollhaus bestand aus 1333 Zuschauern, darunter auch ein Fanbus des Gegners, der richtig Party in der Halle machte. Das Spiel wurde komplett von Ferndorf bestimmt: Sie legten mit einem 4:0 los wie die Feuerwehr und zeigten dem Gegner schon früh, dass das heute für sie kein Zuckerschlecken wird – nicht in diesem Hexenkessel.
Übrigens, in einem Podcast mit Ex-Nationalspieler Jens Schöngarth sagte dieser:
„Ferndorf ist zu Hause ein Spektakel, wer noch nie in Ferndorf in der Halle war, dem muss man sagen: Leute, das ist echt ’ne Reise wert. Man könnte mittags noch ’ne Brauereibesichtigung machen und abends zum Handball gehen, ohne Witz.“
Da ist immer was los, so richtig mit Pauken und Trompeten, das ganze Dorf ist da – das ist der Wahnsinn.
In einem „normalen“ Spielbericht schreibt man oft über Fehler: Was im Angriff nicht klappte, warum die Abwehr manchmal schwächelte, und und und. Das können wir uns heute sparen, denn die wenigen Kleinigkeiten, die vielleicht nicht ganz passten, sind nicht erwähnenswert. Ferndorf machte alles richtig – es war eine absolut geschlossene Mannschaftsleistung. Einzig nach dem 4:0 durch Marvin Mundus gab es eine kurze Schwächephase, die innerhalb von 4 Minuten zum 5:5 führte. Kein Grund zur Besorgnis: Mattis Michel und Marvin Mundus klärten das und verwalteten den Vorsprung, der nach hinten raus größer wurde. Wieder war es Mattis Michel, der in der 23. Minute das 14:11 erzielte. Jetzt sah sich der Gästecoach genötigt, auf den Team-Time-Out-Buzzer zu drücken. Er musste umstellen, denn das, was er sah, gefiel ihm nicht sonderlich. Das störte unseren Kapitän Mattis Michel nicht im Geringsten, denn er sorgte direkt danach für das 15:11. Nettelstedt verwandelte noch einen Siebenmeter, bevor Hampus Dahlgren und Josip Eres (Siebenmeter) auf 5 Tore zum 17:12 (27. Minute) erhöhten. Ceven Klatt nahm eine Auszeit, und Mattis Michel legte noch einen nach – so ging man mit einem beruhigenden 18:12 zum Pausentee.
Die zweite Halbzeit begann verrückt: Josip Eres und Hampus Dahlgren handelten sich direkt eine Zeitstrafe ein, die Gäste nutzten das und verkürzten auf 18:14. Kein Grund, nervös zu werden: Als alle wieder auf der Platte standen, ging es weiter wie gehabt. Zweimal Marvin Mundus und einmal Hampus Dahlgren – mit dem 21:14 (37. Minute) war der erste 7-Tore-Vorsprung hergestellt. Die hünenhaften Gegner schienen ratlos und produzierten Fehler im Versuch, eine Wende herbeizuführen, aber sie scheiterten und haderten mit sich selbst. Janko Kevic hatte die Zügel in der Hand und gab die Richtung vor. Auch in diesem Spiel war er wieder der Denker und Lenker. In der 46. Minute nahm Nettelstedt seine nächste Auszeit, danach gab es wieder zwei Zeitstrafen gegen Ferndorf (Mattis Michel und Hampus Dahlgren), aber Nettelstedt konnte das nicht in zählbare Erfolge ummünzen. Ganz im Gegenteil: Hampus Dahlgren schnappte sich den Ball im Flug aus der Luft und erzielte das 27:20. Die Gäste waren restlos bedient, bäumten sich aber nochmals auf und konnten auf 27:23 verkürzen.
Wer jetzt dachte, das könnte nochmal eine enge Kiste werden, der irrte, denn Ferndorf legte nochmal eine Schippe drauf. Daniel Hideg und Marvin Mundus versenkten erfolgreich das harzige Spielgerät. Der Gästecoach nahm seine letzte Auszeit, nur um zuzusehen, wie Janko Kevic einen Doppelpack zum 31:23 einnetzte – ein Feldtreffer und ein verwandelter Siebenmeter. Dazu noch ein Kracher von Marvin Mundus – und dieses grandiose Spiel in der Stählerwiese war vorbei. Die Fans standen zu diesem Zeitpunkt schon minutenlang und beglückwünschten unsere Jungs zu diesem Galaabend.
Fahnen und Gesänge der Brigade C und die Trommeln der Ferndorfer Füchse, die sicher heute noch qualmen, begleiteten unsere Mannschaft und trugen auch zu diesem Sieg bei.
Nicht spielen konnte an diesem Abend Fabian Hecker. Er war zwar kurz am Platz, aber es ging nicht, er hatte die ganze Woche schon nicht trainieren können und plagte sich noch mit leichtem Fieber rum, gute Besserung von hier aus.
Wenn man diese Leistung nächste Woche zum ASV Hamm transferieren könnte, wäre das toll, denn da stehen die nächsten 60 Minuten Highspeed-Handball an. Auch da könnte etwas Zählbares drin sein, aber wir bleiben erstmal am Teppich und halten den Ball flach.
Noch etwas: Einige haben es vielleicht mitbekommen – ein neues Gesicht wurde (vorerst??) als Zuschauer in der Halle gesichtet. Es handelt sich um einen Rückraumspieler des EHV Aue, nämlich den 1,98 m großen Serben Marko Vignjevic. Es soll sich eine Zusammenarbeit mit dem TuS anbahnen – er ist noch nicht verpflichtet, steht aber in der Entwicklungsphase. Marko ist ein starker Rückraum-Links-Spieler, der das Ferndorfer Spiel auf dieser Position bereichern könnte. Warten wir also ab, was sich da tut.
Stimmen zum Spiel:
Josip Eres: Was soll ich sagen, vor dem Spiel waren wir auf dem Papier Außenseiter. Aber wir haben gleich zu Beginn gezeigt, dass es für sie nicht einfach sein wird. Starke Verteidigung mit Can Adanir im Tor. Der Angriff war sehr gut, und wir hatten die ganze Zeit die Kontrolle über das Spiel. Ein toller Start in die Saison, aber wir machen weiter.
Marvin Mundus: Es war ein perfekter Abend. Wir kommen schnell ins Spiel, führen schnell 4:0, wie wir es uns vorgenommen haben. Es war wichtig, gegen diese Mannschaft gut zu starten, denn mit einem neuen Trainer und der Qualität der Mannschaft sind sie brandgefährlich. Die ersten 20 Minuten haben wir ein sehr hohes Tempo gespielt. Hier hat Ceven die Kräfte aber sehr gut verteilt, und so gehen wir mit einer guten Abwehrleistung mit 5 Toren Vorsprung in die Halbzeit. In der 2. Halbzeit machen wir da weiter, wo wir aufgehört haben. Wir haben den Kampf in der Abwehr voll aufgenommen – ich glaube, am Ende waren es 16 Stoßfouls, und das zeigt, wie viel Lust wir auf Verteidigen hatten. Vorne sind wir trotz Zeitstrafen cool geblieben und haben den Ball gut laufen lassen. Lübbecke konnte dem nichts mehr entgegensetzen, und ich denke, wir haben auch in der Höhe verdient gewonnen.
Auf die Frage zu seiner persönlichen Leistung sagte Marvin: Ich bin froh, heute der Mannschaft helfen zu können. Dass das gegen meinen Ex-Club war, ist umso schöner. Ich habe so ein Spiel jetzt auch mal gebraucht. Ich weiß, was ich kann, und ich wusste auch, dass so ein Spiel kommen wird. Ich konnte gut schlafen. 😉
Julius Fanger: In der Vorbereitung auf das Spiel haben wir uns vorgenommen, mit 100 % Kampfgeist und Emotionen die Halle anzuzünden und so ein bisschen Tinos Verletzung zu kompensieren und ein Stück weit für ihn zu spielen. Wir haben uns vorgenommen, die ersten zehn/fünfzehn Minuten super zu spielen und richtig dagegenzuhalten, damit es nicht passiert, dass sie sich nach ihrer jetzigen Situation mit dem neuen Trainer Selbstvertrauen erspielen können. Es hat auch gut geklappt, wir führen schnell 4:0, haben einen super Start, brechen dann aber kurz ein, was gegen einen solchen Gegner mit solcher Qualität völlig normal ist. Wir haben es aber relativ früh geschafft, uns wieder abzusetzen. Wir haben dann Würfe zugelassen, die wir genau so wollten, die Can Adanir dann ganz einfach halten kann, weil er gut aufgelegt war. Vorne hatten wir mit Janko jemanden, der das Spiel unfassbar an sich gerissen hat, sodass wir immer wieder Lösungen über den Kreis gefunden haben, und das über das ganze Spiel hinweg. Irgendwann haben wir uns dann in einen Flow gespielt, und dann kam die Halle dazu mit dieser großartigen Kulisse. Wir haben es geschafft, Nettelstedt in diese Unsicherheit zu bringen, sodass sie Fehler produzieren. Am Ende war es ein souveräner Sieg gegen einen Gegner, gegen den wir vor der Saison keine 2 Punkte eingeplant hätten, die uns jetzt aber nach hinten raus viel geben können.
Ceven Klatt: Wir sind bescheiden, wir sind bodenständig, und für uns sind das zwei weitere Punkte gegen den Abstieg, und das ist meine Meinung dazu. Zum Spiel muss ich sagen, dass wir Nettelstedt zu einem für sie sehr schweren Zeitpunkt der Saison erwischt haben. Auf der anderen Seite – und das soll unsere Leistung nicht schmälern – haben wir heute ein fantastisches Spiel gemacht. Wir bekommen hier heute einen Start-Ziel-Sieg gegen eine gute Nettelstedter Mannschaft, bei der es nicht so war, dass sie nicht alles versucht hätten, aber bei uns hat wirklich ein Rad ins andere gegriffen. Wir hatten heute viele individuelle Leistungen, aber die Teamleistung war auch entsprechend herausragend. 12 Gegentore in der 1. Halbzeit sprechen für eine sehr, sehr gute Abwehr und einen guten Torhüter dahinter. 13 Tore in der 2. Halbzeit bei 14 Minuten Unterzahl sprechen noch einmal für eine überragende Abwehr mit einem sehr guten Can Adanir dahinter – das muss man wirklich sagen. Wir wussten, dass Nettelstedt gerade mit laufenden Kreisläufern Probleme hat. Und das hat Janko Kevic sehr gut geregelt und gelöst, das hat er heute einmal mehr getan; Abnehmer war immer wieder Mattis Michel. Diese Achse hat sehr, sehr gut funktioniert, und ich freue mich für Marvin Mundus, der heute gegen seinen Ex-Verein ein sehr tolles Spiel gemacht hat.
DAS IST FERNDORF – DAS BIST DU
Tor: Can Adanir 12 Paraden, davon 1 Siebenmeter
Torschützen:
Marvin Mundus und Mattis Michel je 8
Janko Kevic 6
Hampus Dahlgren 4
Josip Eres 3/2
Daniel Hideg 2
Julius Fanger 1
Bericht: Peter Trojak
Bilder: Andreas Domian
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