Völkermord-Inszenierung auf der Apollo-Bühne

wS/si  –  Apollo-Theater  –  01.10.2012  —  „Hate Radio“ war die Sensation beim Berliner Theatertreffen  —  Ein Volk. Ein Sender. Eine Million Tote. Im ruandischen „Hate Radio“ wurde Völkermord wie eine Pop-Kampagne initiiert. Nachzuerleben in einer aufsehenerregenden Inszenierung von Dienstag bis Donnerstag, 9. bis 11. Oktober, jeweils ab 20 Uhr, im Apollo-Theater an der Morleystraße 1.

Es waren Zivilisten und Militärs, die in knapp vier Monaten Hunderttausende vom Volk der Tutsi folterten, verstümmelten, erschlugen, erschossen, lebendig verbrannten. Den Live-Soundtrack zum täglichen Massenmord lieferte der populäre Sender RTLM, der für das Volk der Hutu sendete.

Wie entsteht solcher Hass? Darum geht es in dem Theaterprojekt „Hate Radio“ von Milo Rau, bei dem Überlebende dieses Genozids von 1994 in einem gläsernen Studio eine Original-Sendung von RTLM nachspielen, rekonstruiert aus Protokollen, Zeugenaussagen, Gerichtsakten. Beim Berliner Theatertreffen 2012 war „Hate Radio“ eine der meist diskutierten Inszenierungen – eine Vorstellung im Biennale-Format.

Die Show, auf Französisch und Kinyarwanda gespielt (und mit deutschen Übertiteln versehen), wirkt zunächst ganz harmlos. Die Moderatoren sind ganz locker, während sie die Meldungen anderer Sender über Erfolge der Tutsi-Rebellen dementieren. Dann beginnen sie, die Tutsi nur noch als „Kakerlaken“ zu bezeichnen, die ausgerottet werden müssen. Mit breitbeiniger Selbstgewissheit rufen sie ihre Hörer dazu auf, Nachbarn zu denunzieren oder gleich eigenhändig umzubringen, vergleichen die grausamen Aktionen der Hutu-Milizen mit dem Kampf der Résistance gegen Hitler, wechseln im Ton zwischen heiligem Ernst und rotzigen Sprüchen. Reden von der „Courage“, die nötig sei gegen die Tutsi-Rebellen.

Zwischen den Mordaufrufen lockere Scherze – und natürlich Sport, Musik, das Wetter.

Wichtig: Nach der Vorstellung am Donnerstag, 11. Oktober, die rund zwei Stunden dauern wird, lädt das Apollo zum Theatergespräch mit den Darstellern ins Obere Theaterfoyer ein.

 

Pressestimmen

Im Glaskasten sieht man […] ein Experiment, das die mörderische Wirkung von Sprache untersucht. Am Ende scheint der Kasten vor Hass zu bersten.

Tagesspiegel, Berlin

 

Lässig nehmen die Moderatoren Publikumsanrufe von Denunzianten entgegen, spielen Stücke wie ›Rape me‹ von Nirvana ein und verlesen die Namen der abgeschlachteten Feinde. Doch in der Beiläufigkeit liegt die so einfache wie verstörende Botschaft: Das Böse steckt im vermeintlich Harmlosen.

Neue Züricher Zeitung

 

Kaum ein Kunstprojekt zuvor hat je so deutlich gemacht, welche Rolle der Sender in der psychologischen Vorbereitung des Völkermordes gespielt hatte.

taz

Dabei kann sich jeder im Publikum die entscheidende Frage selbst beantworten: Wie hätte man wohl damals reagiert auf den geballten Charme des Genozids?

Theater Heute

 

Ein gespenstischer Abend.

Süddeutsche Zeitung

 

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