Versuchtes Klärungsgespräch endet in Tragödie

wS/jk – Siegen – Ein Mann, der damals noch emotional zerrissen und aufgewühlt war, spricht heute gefasst und im weitesten Sinne offenkundig über seine folgenschwere Tat. „Ich bin einfach ausgetickt“, erklärt der 38-Jährige. Doch von dem anschließenden Geschehen kann er nur noch bruchstückhaft aus der Erinnerung berichten. Mark R. muss sich seit dem heutigen Donnerstag vor dem Landgericht Siegen wegen versuchten Totschlags verantworten.

Dem regional bekannten Musiker wird vorgeworfen, am Morgen des 3. Dezembers 2012 im Haus der Mutter seiner Ex-Frau in Freudenberg die Seniorin mit einem hölzernen Schneidebrett mehrfach gegen den Kopf geschlagen und sie daraufhin gewürgt zu haben, so dass das Opfer beinahe das Bewusstsein verlor. Erst als eine Zeugin dies beobachtete, ließ der Beschuldigte von ihr ab und flüchtete (wir berichteten).

Prozessauftakt im Saal 165 des Siegener Gerichtsgebäudes.

Prozessauftakt im Saal 165 des Siegener Gerichtsgebäudes.

Laut der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft soll Mark R. seine ehemalige Schwiegermutter in Tötungsabsicht angegriffen haben. Sie erlitt schwere Verletzungen an der Schädeldecke sowie eine Vielzahl von Abschürfungen und Prellung. Das Gericht muss zudem feststellen, ob er am Tattag vermindert schuldfähig war. Dr. med. Michael Mattes aus Herten (Facharzt für Psychiatrie) hat bereits ein schriftliches Gutachten erstellt.

Trennungsschmerz 

Beim Prozessauftakt der großen Strafkammer unter Vorsitz von Richter Wolfgang Münker zeigte sich Mark R., dessen Haftbefehl seit Ende April außer Vollzug gesetzt wurde, weitgehend bereitwillig, den Tathergang aus seiner Sicht zu beschreiben. Nach seinen Schilderungen wird klar: Der Versuch eines klärenden Gesprächs endete in einer Tragödie.

Schon 2009 ging die Beziehung zwischen Mark R. und seiner jetzigen Ex-Frau in die Brüche. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Die Trennung schmerzte den Familienvater so sehr, dass er sogar an Suizid dachte. Beim Streitgespräch mit seiner Ex-Schwiegermutter am Tattag war das wieder präsent.

Den Heiligen Abend mit seinen Kinder verbringen, war der größte Wunsch von Mark R. Trotz erfolgter Absprache hatte es sich seine Ex-Frau jedoch anders überlegt. „Da ich mit ihr nicht darüber reden konnte, hoffte ich, dass ein Gespräch mit ihrer Mutter etwas an dem Entschluss ändern würde“, beschreibt der Beschuldigte.

Vor dem Landgericht Siegen muss sich Mark R. wegen versuchten Totschlags verantworten.

Vor dem Landgericht Siegen muss sich Mark R. wegen versuchten Totschlags verantworten. Fotos: wirSiegen.de

Kurzerhand fuhr er zum Wohnhaus der ehemaligen Schwiegermutter in Freudenberg, täuschte als Vorwand für seinen Besuch eine Autopanne vor und traf die Seniorin bei Renovierungsarbeiten an. Die beiden Erwachsenen führten zunächst ein lockeres Gespräch, dabei half Mark R. beiläufig beim Abkratzen der Tapete. Als der 38-Jährige dann das Reizthema ansprach, eskalierte die Situation.

Als „Hospes“ betitelt

„Mit einem Nebensatz hat sie mich abgefertigt“, so Mark R. vor dem Landgericht. Einen „Hospes“ (ein Siegerländer Ausdruck für einen leichtsinnigen Menschen) habe sie ihn genannt – auch in der Vergangenheit schon. Dann sei ihm die Hutschnur geplatzt. „Ab diesem Zeitpunkt habe ich keine Erinnerung mehr“, so Mark R.

„Als ich wieder klar wurde, saß ich auf ihr und habe ihr den Mund zugehalten“, beschrieb er weiter. Der Beschuldigte bemerkte, dass eine Frau ihn durch das Fenster beobachtete und um „Hilfe“ schrie. Mit der Situation überfordert, ergriff er die Flucht. Während der verzweifelten Autofahrt in Richtung Wilgersdorf kamen auch die Selbstmordgedanken zurück.

An seiner Wohnanschrift habe er sich Tabletten geholt, sei in ein Wilnsdorfer Waldstück gefahren und schon gingen die Lichter aus, erzählte Mark R. dem Landgericht. Im Wald wurde er dann auch von der Polizei aufgefunden. Das Urteil in dem Prozess soll am Freitag, 23. August verkündet werden.
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