„Wir müssen schleunigst umdenken“

Im Uni-Workshop „Neue Mobilität für Siegen“ suchen Expert und Büger Alternativen zum Privatauto.

(wS/red) Siegen 27.01.2017 | Was muss passieren, damit die Siegener Bevölkerung ihre Autos stehen lässt und stattdessen mit Bus und Rad fährt? Und warum muss sich unbedingt etwas an den Verhältnissen am Siegener Fernbus-Bahnhof ändern? Über Fragen wie diese haben Bürger gemeinsam mit Akteuren aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Verwaltung im Workshop „Neue Mobilität für Siegen“ an der Universität Siegen diskutiert. Eingeladen hatten Dr. Jürgen Daub und Prof. Dr. Gustav Bergmann vom Forschungsprojekt remonet der Uni Siegen und Prof. Dr. Jürgen Steinbrecher, Bauingenieur und Verkehrsplaner.

Pedelecs, also elektrisch betriebene Fahrräder, könnten eine Alternative zum Privatauto sein. (Foto: Uni)

Pedelecs, also elektrisch betriebene Fahrräder, könnten eine Alternative zum Privatauto sein. (Foto: Uni)

Thema Nummer 1 während der Diskussion: Ist Siegen eine fahrradunfreundliche Stadt? Die Berge, der Regen, der Schnee – man könne doch von Arbeitnehmern nicht erwarten, dass sie freiwillig mit dem Rad zur Arbeit fahren, lautet ein Argument. Das sahen einige anders, darunter Dr. Katja Engelen von einem Aachener Stadt- und Verkehrsplanungsbüro. Pedelecs, also elektrisch betriebene Fahrräder, seien im Kommen, und zwar nicht nur bei Senioren, sagte sie. „Es macht Spaß, mit Rückenwind durch die Stadt zu fahren und vielleicht sogar schneller ans Ziel zu kommen als mit dem Auto.“ Mit erhobenem Zeigefinger ließen sich die Bürger allerdings nicht überzeugen. Die Stadt müsse ein positives Lebensgefühl im Zusammenhang mit den Pedelecs vermitteln. „Der Verkehr wird schon entlastet, wenn Leute nur bei gutem Wetter mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren“, erklärte Prof. Steinbrecher.

Politiker nutzten während des offenen Workshops auch die Chance, unpopuläre verkehrspolitische Entscheidungen zu erklären. „Es soll in der Siegener Innenstadt keine kostenlosen ebenerdigen Parkplätze mehr geben“, sagte Joachim Boller von den Grünen. Dafür habe man sich bewusst entschieden, vor allem, um die Jagd nach kostenfreien Stellplätzen – und damit unnötigen Verkehr – zu vermeiden.

Um die Siegener Bevölkerung langfristig zum Busfahren zu bewegen, müsse aber der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) mitspielen, meinte Boller. „Viele sagen, der ÖPNV in Siegen sei schlecht und teuer. Andere sagen, er sei besser als man denkt.“ Im Grunde stimme beides. „Manche Dörfer sind schlecht zu erreichen, aber vielfach gibt es eine gute Anbindung, vor allem entlang der Bahnstrecke. Wir werden keinen so attraktiven ÖPNV haben, wie in Ballungszentren oder im Flachland, aber Bürger dürfen erwarten, dass wenigstens jede halbe oder jede Stunde Busse in entlegenere Dörfer fahren.“

Ähnliches gelte für Fernreisen. „Wenn wir wollen, dass Menschen mit dem Fernbus fahren, muss sich etwas an den Rahmenbedingungen der Haltestelle ändern“, forderte Boller. Momentan befindet sich der Halt für Fernbusse an der Koblenzer Straße. „Die Verhältnisse dort sind für Fernreisende nicht angemessen. Wir brauchen Toiletten, die Möglichkeiten sich unterzustellen und Gepäck zu lagern. Und das an einem zentralen, gut zu erreichenden Ort in Siegen.“

Dass sich etwas an der Mobilität ändern muss, darin waren sich alle Workshop-Teilnehmer einig. „Mein Auto steht allzeitbereit vor der Haustür, ich komme überall hin und finde überall einen Parkplatz – die Zeiten sind vorbei“, sagte Prof. Daub. „Wir müssen schleunigst umdenken, wie wir runter vom CO2 kommen, ohne unsere Mobilität einzuschränken.“

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