(wS/red) Siegen 15.01.2021 | Dr. Britta Schellenberg von der LMU in München war digital zu Gast im Forum Siegen
Forum Siegen und „Die große Transformation“ gibt es aktuell in digitaler Form. Zu Gast bei der Vortrags- und Diskussionsreihe der Universität Siegen war jüngst Dr. Britta Schellenberg, wissenschaftliche Mitarbeiterin der LMU in München. Ihr Vortragsthema lautete „Rassismus, Vorurteilskriminalität und Rechtsextremismus. Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten für Sicherheit um pluralen Deutschland“.
Zur Referentin: Britta Schellenberg beschäftigt sich am Lehrstuhl für Politische Systeme und Europäische Integration am Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft mit (Strategien gegen) Rechtsradikalismus in Deutschland und Europa; Vorurteilsforschung; conflicting memories; Framing; Diskursanalyse; Neoinstitutionalismus; sowie Demokratie- und Menschenrechtsbildung. Sie berät und verfasst Gutachten für staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure, u.a. den NSU-Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag.
Zum Vortrag: Halle, Hanau, Kassel – diese Städtenamen sind auch zu Synonymen für rechtsextremistische Gewalttaten geworden. „Rechtsextremismus und Antisemitismus zerstören Leben“ lautete das Eingangsstatement von Britta Schellenberg. Plurale Demokratie und Angriffe auf dieselbe durch Rassismus, Hasskriminalität und Rechtsextremismus – diese Gegenpole dominierten den 45-minütigen Vortrag.
Die diverse Realität in Deutschland bilde sich in der Vielfalt der Menschen in Einkaufsstraßen und Schulen ab, so Schellenberg. Auf der anderen Seite habe es 2019 pro Tag durchschnittlich fünf rassistische Übergriffe gegeben, im ganzen Jahr rund 8500 Fälle von Hasskriminalität. Ein Trend gehe in Richtung Pluralität, mehr Diversität, stärkere Bedeutung von Partizipation sowie stärkerer Bedarf an individueller Entscheidungsfindungsfähigkeit.
Ein anderer Trend bestehe in der Manifestation von Rassismus und in Bedrohungen. National und international seien demokratische Grundsätze und Menschenrechte in Gesetzen und Statuten von Staaten und Organisationen festgeschrieben, in Deutschland beispielsweise im Grundgesetz, im Staatsbürgerrecht, dem Gleichstellungsgesetz, der Antidiskriminierungsgesetzgebung und im Strafgesetzbuch.
Demokratie bestehe aus permanenter Erneuerung und in der Spannung zwischen verschiedenen Kräften wie Gleichheit, Freiheit, Sicherheit. Grundlegend sei das Ausmaß der Anerkennung, der Chancengerechtigkeit und der Teilhabe von Menschen. Die plurale Demokratie sei Angriffen durch Rassismus, Hasskriminalität und Rechtsextremismus ausgesetzt. Basis dieser Angriffe sei die Fiktion eines homogenen Volkes und die Erfindung „des Anderen“ („Othering“). Einher gehe die Forderung nach einem autoritären Staat. Rassismus beinhalte negative Einstellungen gegen Muslime, Sinti, Roma, Geflüchtete und insgesamt rassistisch markierte Menschen. Hasskriminalität basiere auf dem Motiv des Vorurteils. Rechtsextremismus impliziere Systemfeindlichkeit. Das rebellisch autoritäre Milieu erhalte seit einigen Jahren nicht nur in Deutschland Zulauf, ebenso das antidemokratische.
Um dem entgegen zu wirken und für die Stärkung der pluralen Demokratie zu arbeiten, würden Erfahrungen von Diskriminierung und deren Erzählung ebenso relevant wie Gestaltung und Umsetzung des Rechts, Bildungskonzepte, -projekte und -einrichtungen sowie das Engagement politischer Akteure und Institutionen, bürgerschaftliches Engagement, Zivilgesellschaft, öffentliche Debatten und Medien. Es gelte klarzustellen, wer in unserer demokratischen Gesellschaft dazu gehöre. Der Schutz vor Diskriminierung müsse geschärft, Grenzen müssten klargemacht, deren Einhaltung müsse eingefordert werden.
Schellenberg, die sich als „angewandte Politologin“ bezeichnet, verwies abschließend auf ihre Veröffentlichung „Training Antidiskriminierung. Den Menschen im Blick. Schwerpunkt Rassismus“ (Wochenschau Verlag) sowie auf das digitale Kompetenzportal www.den-menschen-im-blick.de.
Am 21. Januar ab 20 Uhr ist Christian Felber (Buchautor, Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie) zu Gast bei Forum Siegen. Sein Thema lautet „Vom Kapitalismus zur Gemeinwohl-Ökonomie: Aufruf zur Revolution der Wirtschaftswissenschaft“.
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