Auf dem Weg zum „Quanteninternet“

(wS/uni) Siegen 09.02.2022 | Die Physikerin Kiara Hansenne von der Uni Siegen hat eine neue Methode zur Analyse von Quantennetzwerken entwickelt. Netzwerke, die Quanteneigenschaften zur sicheren Informationsübertragung nutzen, sind Grundlage der Vision eines „Quanteninternets“.

Ein Internet, in dem Hackerangriffe oder Daten-Leaks nicht möglich sind und eine abhörsichere Kommunikation garantiert werden kann: Was aktuell noch ein ferner Zukunftstraum ist, könnte dank moderner Quantentechnologie eines Tages Wirklichkeit werden. Schon heute ermöglicht die so genannte „Quantenverschränkung“ eine physikalisch sichere Informationsübertragung. Um diese auch in komplizierten (Kommunikations-)Netzwerken nutzen zu können, ist eine genaue Kenntnis der Eigenschaften dieser Netzwerke erforderlich. Die Siegener Physikerin Kiara Hansenne hat zusammen mit Kollegen eine Methode entwickelt, um Quantennetzwerke genauer zu untersuchen. Ihre Erkenntnisse wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

„Eine Besonderheit in der Quantenphysik ist, dass zwei Teilchen an verschiedenen Orten in einem Zustand sein können, in dem sie nur gemeinsam beschrieben werden können“, erklärt Kiara Hansenne das Prinzip der Quantenverschränkung. Solche verschränkten Lichtteilchen ergänzen sich immer in ihren Eigenschaften, unabhängig davon, wie weit sie voneinander entfernt sind. Misst man eines der Teilchen, so kennt man automatisch auch den Zustand des anderen. „Diesen Umstand können wir für eine sichere physikalische Verschlüsselung nutzen. Die Verschränkung von Teilchen ist damit eine wesentliche Grundlage der Informationsübertragung in Quantennetzwerken“, erläutert Hansenne.

Quantennetzwerke zeichnen sich dadurch aus, dass sowohl die Verbindungen selbst als auch die Knotenpunkte zwischen den Verbindungen Quanteneigenschaften besitzen – das bedeutet, dass sie Quantenzustände herstellen, weitersenden, empfangen und speichern können. „Damit die Kommunikation in einem solchen Netzwerk auch über größere Distanzen funktioniert, muss an den richtigen Stellen Verschränkung erzeugt werden. Und natürlich ist es auch wichtig zu wissen, ob die durch die Verschränkung entstandenen Verbindungen auch wirklich funktionieren“, erklärt Prof. Dr. Otfried Gühne, der an der Uni Siegen die Arbeitsgruppe „Theoretische Quantenoptik“ leitet und Co-Autor der aktuellen Veröffentlichung ist.

Um diese Fragen zu klären, haben Hansenne, Gühne und ihre Kollegen Zhen-Peng Xu und Tristan Kraft einen Trick angewandt: Um auf die Eigenschaften eines bestimmten Netzwerks zu schließen, analysieren sie gleich mehrere Kopien dieses Netzwerks. „Dort haben wir die Möglichkeit, Verschränkungen und Verbindungen immer wieder neu anzuordnen. Betrachtet man anschließend alle Anordnungen, die möglich sind, so ergeben sich daraus neue Einsichten in das ursprüngliche Netzwerk“, beschreibt Hansenne die vom Siegener Team entwickelte Methode. In Verbindung mit bestimmten Symmetrien innerhalb des Netzwerks ist es den PhysikerInnen so gelungen, einfache und messbare Kriterien dafür abzuleiten, wo Quantenverschränkung vorliegt und wo nicht.

„Unsere Ergebnisse ermöglichen es uns vor allem auch, zu überprüfen, ob eine bestimmte Verbindung in dem vorliegenden Netzwerk intakt ist“, freut sich Gühne. Soll ein Netzwerk zur sicheren Kommunikation genutzt werden, ist es wichtig zu wissen, ob alle Verbindungen korrekt funktionieren. „Stellen Sie sich vor, Sie erwarten einen wichtigen Telefonanruf, aber ihre Leitung ist beschädigt. Wenn es kein System gibt, um Störungen zu prüfen, müssen sie möglicherweise lange warten“, erläutert Kiara Hansenne. Eine Methode zu haben, mit der sich zertifizieren lässt, dass die Verbindungen eines Netzwerks einwandfrei funktionieren, sei von entscheidender Bedeutung und im Hinblick auf die Vision eines „Quanteninternets“ eine wichtige Errungenschaft, betonen Gühne und Hansenne.

 

Kiara Hansenne ist im Herbst 2020 aus dem belgischen Lüttich an die Universität Siegen gekommen, um hier ihre Doktorarbeit zu schreiben. Ihre Dissertation wird mit einem Stipendium des „House of Young Talents“ gefördert. Die Publikation in der Zeitschrift „Nature Communications“ ist im Rahmen ihres Promotionsprojektes entstanden. „Mit der Veröffentlichung in diesem Journal hatte ich gar nicht gerechnet, aber sie freut mich natürlich sehr“, sagt Hansenne. „Das ist eine tolle Bestätigung meiner bisherigen Arbeit.“
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