Frühlingserwachen im Johannland mit Akkordeonmusik und Gesang

(wS/red) Netphen 09.05.2023 | War das ein phantastisches Open-Air-Konzert am vergangenen Sonntagnachmittag auf der Wasserburg Hainchen! Ausgerichtet vom Siegerländer Burgenverein (Vorsitzender: Paul Breuer sowie dem MGV Concordia Hainchen (Leitung: Thomas Bröcher) und mitgestaltet vom Akkordeon-Orchester Ferndorf-Wilden (Dirigat Olga Belyaeva), waren viele Zuhörer der Einladung zu diesem ungewöhnlichen Gemeinschaftskonzert gefolgt, das der ehemalige Landrat Paul Breuer, Vorsitzender des Siegerländer Burgenvereins gemeinsam mit Christian Balling, Vorsitzender vom MGV Concordia Hainchen arrangiert hatten.

Der MGV Concordia Hainchen mit rund 30 Sängern hat eine langjährige Tradition und sich unter seinem Dirigenten Thomas Bröcher ein hohes Niveau erarbeitet. Das Akkordeon-Orchester Ferndorftal-Wilden (AOFW) ist ein Zusammenschluss der Orchester Ferndorftal und Wilden. Die Ferndorftaler gingen vor einigen Jahrzehnten aus dem ehemaligen Jugendorchester des Akkordeon-Orchesters Siegerland (AOS) hervor, die Wildener Formation hingegen wurde vor schon sehr langer Zeit von einer ehemaligen und inzwischen verstorbenen Spielerin des AOS, die aus Wilden stammte, gegründet.

Paul Breuer war offenbar in Hochform, als er in seiner herzerfrischenden und launigen Laudatio die Zuhörerschaft begrüßte, was ebenso auch auf Paul Wagener, Bürgermeister der Stadt Netphen, zutraf und der auch ein kleines „Flachgeschenk“ in der Tasche hatte.
Den Auftakt des wunderschönen Konzertes machte als gastgebender Verein der MGV Concordia Hainchen. Die Sänger gefielen durch ihre schöne, warme Klangfarbe, bunte
Farbtupfer zum (endlich) erwachenden Frühling. Begonnen mit dem Satz „Sei gegrüßt, Maria“ über den populären Spiritual „My Lord, what a Morning“ bis zu der besinnlich wirkenden Melodie „Nimm dir Zeit“ als Abschluss des 1. Blocks.
Den folgenden Auftritt des Akkordeon-Orchesters Ferndorftal-Wilden (AOF) erwartete man mit Spannung; ist doch das Akkordeon im Sieger- und Sauerland bei weitem nicht so verbreitet wie Instrumente aus dem Genre der Blasmusik. Die Besonderheit: Bei den Spielerinnen und Spielern muss es sich um Personen handeln, die nicht ausschließlich solistisch, sondern im Orchester exakt nach Noten spielen können, so Judith Geisweid, 1. Vorsitzende des AOFW. Auch die Spieltechnik sei eine andere als bei der reinen Solo-Musik.
So würden u. a. die typischen Begleitbässe im Orchester nicht mitgespielt; an deren Stelle treten u. a. spezielle Bassinstrumente und eine Rhythmusstimme, die nur eine der vier Stimmen im Orchester sei. Und eben diese Technik sei am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig. Auch die Führung des Luftbalges müsse stimmen, die letztlich Einfluss auf die Modulation und Intensität der Klänge habe.
Das Akkordeon ist nun eher bekannt durch Shanty- Schlager- und alpenländische Volksmusik, die das AOFW zwar auch in seinem Repertoire hat und zu passenden Anlässen spielen kann, der Schwerpunkt jedoch liegt eindeutig bei Jazz- Pop- Swing- und Rock- sowie Filmmusik und eigenen Kompositionen. Und das konnte man nun erleben!
Unter dem Dirigat der Diplom-Musikerin im Fach Akkordeon, Olga Belyaeva, die aus Köln kommt und somit den weitesten Anfahrtsweg hat, lief ein tolles Programm vom Stapel, das sich regelrecht gewaschen hatte. Durch das Programm führte die Spielerin Katrin Koch.

Gleich mit der ersten Komposition „Welcome to Venice“ des Ensembles Rondo Veneziano wurde der Stil der venezianischen Barockmusik offeriert; unterlegt mit barocken
Koloraturen und mit modernen Elementen, wie Schlagzeuger und Synthesizer, kombiniert.
Sehr gut und präzise gespielt! Das folgend „Air“ besteht ebenso aus einer Choralmelodie mit barocken Verzierungsnoten, unterlegt mit einem Schlagzeug-Pop-Rhythmus. Das Solo spielte Stefanie Loos. Ein sehr üppiges Werk ist übrigens „Gabriellas Song“, der 2005 von Stefan Nilsson für den Film „Wie im Himmel“ geschrieben wurde. Ein Musikfilm, der unter die Haut geht und ein berührendes und kraftvolles Lied über Freiheit, Selbstbestimmung und Lebensglück darstellt. – Die Solisten-Rollen übernahmen hierbei Mathis Weiß am E-Piano und Steffie Loos am Akkordeon.

Nach zwei weiteren Vorträgen wurde das Publikum erneut in den Jazzclub mitgenommen und bekam aufgezeigt, wie vielseitig das Akkordeon ist. „Feeling Good“, arrangiert von der Spielerin Jutta Heinrich Reichel, präsentierte mit jazzigen Rhythmen und virtuosen Impressionen eine Stilistik, die man im AOFW so nicht vermutete. Doch davon überzeugten voll die Soli von Jutta Heinrich-Reichel.

Im letzten Stück vor der Pause wurde die Zuhörerschaft musikalisch auf den Balkan entführt.
Die Komposition „Balkanfieber“ wurde 2015 von Hans-Günther Kölz komponiert, in der die heitere und ausgelassene Stimmung der Menschen in dieser Region genau beschrieben wird. Eine rasante, spannende und stellenweise virtuose Komposition, die regelrecht das Lebensgefühl des Balkans ins Siegerland brachte. In der Tat: Das Akkordeon kann bei jeder Art von Musik mit entsprechender Registrierung voll mithalten.

Es gab nun eine längere Pause mit Möglichkeiten zur Bewirtung und zum Plaudern untereinander. Danach bestritt der MGV Concordia Hainchen seinen 2. Block, romantisch und beschaulich mit der „Abendruhe“, spritzig und lebendiger mit „Lebe – liebe – lache!“ und zum Abschluss präsentierte der Chor noch „Griechischer Wein“, mit der Musik von Udo Jürgens. Die Haincher Sänger zeichnen sich durch viel Sangesfreunde und auch ihre Publikumsnähe aus. Und beim Thema „Heimat“ blieben die Sänger auch mit ihrer Zugabe: „Bergheimat du …“ und setzten einen letzten folkloristischen Farbtupfer.
Das Akkordeon-Orchester freilich blieb im Bereich der Moderne. „Concerto d’Amore“ verbindet mit Pop, Rock und Jazz drei Stilrichtungen. Ein Motiv daraus wandelte sich zu einer Swing-Passage und endete in einem (ruhigeren) Adagio-Bereich.
Kein Zweifel: Dieses Akkordeon-Orchester beherrscht alle Musikgenres und fährt nicht nur auf einer Schiene. Und wer Lust hat, ist herzlich willkommen. Neben weiteren Akkordeonisten werden vor allem Schlagzeuger/innen gesucht. Weitere Informationen findet man auf der Homepage des Orchesters aofw.de.

Doch weiter im Programm: „You raise me up“ ist ein internationaler Pop-Song aus 2001 und bedeutet auf Deutsch „Du ermutigst mich“. Eine wunderschöne Melodie mit Gänsehaut-Feeling und den Solisten Steffi Loos (Akkordeon) und Mathis Weiß (E-Piano). „Shallow“ ist der Titel-Song mit der Oscar- Auszeichnung aus der Oscar-Verleihung 20109 des Filmes „a Star Is Born“. „Shallow“ bedeutet „seicht – flach – oberflächlich und zeigt die Schwierigkeiten auf, als Musiker und Künstler Erfolg zu erlangen und halten. Arrangiert für das AOF wurde es von der versierten Spielerin Jutta Heinrich-Reichel. Von ihr wurde ebenso auch „Skyfall“ arrangiert und bearbeitet – der Name des 23. James Bond-Filmes aus 2012 und gleichnamigem Titel-Song.

Nach noch zwei weiteren Titeln präsentierte das AOFW mit „Bamboleo“ den abschließenden Titel des rund dreistündigen Konzertes. Dieses Flamenco-Pop-Lied stammt
aus 1987 von der Band „Gipsy Kings“ -arrangiert von der Dirigentin Olga Belyaeva. Dieser Titel bedeutet so viel wie „schwingen und schweben“ und strotzt vor Energie, Lebensfreude und Leichtigkeit. Und genauso wurde das Stück auch gespielt! Der Beifall aus dem Publikum war enorm, so dass da eine Zugabe herhalten musste, die mit „Hawaii 5.0“ gerne gewährt wurde. Es gab noch Worte des Dankes für das Kommen und die Ovationen – verbunden mit der Bitte der Unterstützung in jeder Form für die kulturellen Vereine, die gerade während der Corona-Pandemie sehr gelitten hätten. – Glück auf und den Blick nach vorne!


Text und Fotos: Hans-Gerhard Maiwald

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