Bilanzbuchhaltertag mit sehr großer Resonanz

wS/ihk  Siegen  – „Durch das Bilanzmodernisierungsgesetz (BilMoG) haben sich die Rechenwerke der Handelsbilanz und der Steuerbilanz immer weiter auseinander entwickelt. Dabei wurde das Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit abgeschafft. Steuerliche Sondervorschriften können seither in Anspruch genommen werden, ohne diese in die Handelsbilanz übernehmen zu müssen. Eine Zusammenführung beider Rechenwerke zu einer Einheitsbilanz ist heute daher kaum mehr sinnvoll. Vielfach wird dies von den Unternehmen jedoch nicht erkannt.“ Diese These vertrat Dipl.-Finanzwirt Rainer Kolleß jetzt in einem Vortrag vor über 100 Fachleuten aus dem betrieblichen Rechnungswesen in der IHK Siegen. Vereinfacht ausgedrückt bestehe bei der Einheitsbilanz als Steuerbilanz die Gefahr falscher Kreditunterlagen. Umgekehrt liefen die Unternehmen Gefahr, sich der Steuerhinterziehung schuldig zu machen, wenn die Einheitsbilanz als Handelsbilanz verstanden werde, so Kolleß weiter: „Hier bewegen sich die Unternehmen auf einem ausgesprochen schmalen Grat.“ Die Problematik werde noch dadurch verschärft, dass sich in zahlreichen Gesellschaftsverträgen so genannte Einheitsbilanzklauseln fänden und grundsätzlich der administrative Aufwand zur Aufstellung von getrennten Handels- und Steuerbilanzen überschätzt werde. In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht bestehe daher erheblicher Vertragsanpassungsbedarf, damit bei Beachtung handelsrechtlicher Notwendigkeiten auch steuerrechtlich optimiert werden könne.
Zuvor hatte Dipl.-oec. Ulrich Waldschmidt (Dr. Gehre-Treuhand-GmbH) verdeutlicht, dass die IFRS (International Financial Reporting Standards) als eigenständiges Regelwerk für kleine und mittelständische Unternehmen bei einem Gesamtumfang von 3.000 Seiten einen deutlich höheren Komplexitätsgrad aufweisen als die entsprechenden Regelungen für die Aufstellung von Handelsbilanzen. Zudem machte er an zahlreichen Einzelpositionen die aus den IFRS resultierenden Abweichungen deutlich.

Kolleß und Waldschmidt referierten beim ersten regionalen „Bilanzbuchhaltertag“, den die IHK Siegen gemeinsam mit dem Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller e.V. (BVBC) ausrichtete. BVBC-Vizepräsident Prof. Axel Uhrmacher kritisierte in seinem Vortrag vor den Teilnehmern die nach wie vor zu schwach ausgeprägten Möglichkeiten einer Selbständigkeit für Bilanzbuchhalter. Hier bestünden in zahlreichen europäischen Nachbarstaaten deutlich mehr Optionen, etwa in Österreich. Uhrmacher regte zugleich die Schaffung eines eigenständigen Berufsbildes „Buchhalter“ an. Uwe Jüttner, der Präsident der European Management Accountants Association e.V. (EMAA) ging noch einen Schritt weiter. Er forderte angesichts der zunehmenden Internationalisierung des Wirtschaftsgeschehens eine stärkere Vereinheitlichung entsprechender Ausbildungs- und Fortbildungsregelungen auch auf der europäischen Ebene.

Bildunterzeile: von links: Prof. Uhrmacher, Kolleß, Jüttner, Gräbener, Waldschmidt

Anzeige / Werbung

[plista widgetname=plista_widget_slide]