Falsche Beratung: Volksbank Siegerland zu Schadensersatz verurteilt

wS/lg Siegen – Die Volksbank Siegerland eG muss insgesamt knapp 160.000 € Schadensersatz an vier Kunden zahlen. Das hat die für Banksachen zuständige 2. Zivilkammer des Landgerichts Siegen in vier heute verkündeten Urteilen entschieden.

In den Jahre 1991 bis 1994 kam es auf Initiative der Volksbank Netphen, Rechtsvorgängerin der Volksbank Siegerland, zu Beratungsgesprächen mit den vier langjährigen Kunden der Bank. Dort wurden den Kunden Beteiligungen an verschiedenen geschlossenen Immobilienfonds der DG Anlage, einer Tochterfirma der DG Bank (heute DZ Bank) und Zentralinstitut der Volks- und Raiffeisenbanken, vorgestellt. Daraufhin zeichneten die Kunden jeweils entsprechende Anteile. Was ihnen der Bankberater allerdings verschwiegen hatte: Die Volksbank kassierte von den Fondsgesellschaften sogenannte Rückvergütungen in Höhe von mindestens 6 % der jeweiligen Beteiligungssumme. Rückvergütungen sind Provisionen, die der Bank von der Fondsgesellschaft aus den Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gewährt werden.

Mit dem Verschweigen dieser Rückvergütungen habe die Volksbank ihre Pflichten gegenüber ihren Kunden verletzt, so die 2. Zivilkammer in ihren Urteilen. Denn eine Bank müsse in Beratungsgesprächen über alle für eine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände informieren. Dies beinhalte auch eine Aufklärung über Rückvergütungen und deren Höhe. Aufgrund der von den Fondsgesellschaften gezahlten Provisionen habe die Volksbank ein erhebliches Eigeninteresse an der Empfehlung der Fonds gehabt. Nur wenn der Anleger Kenntnis von den Rückvergütungen habe, könne er einschätzen, ob der Berater die Fondsbeteiligung vielleicht nur deshalb empfehle, weil er oder die Bank selbst daran verdiene. Diese Pflicht zur Offenlegung gelte unabhängig davon, ob der Bankkunde für die Beratungsleistung seiner Bank etwas bezahle oder nicht.
Die Kammer stützt ihre heutigen Urteile auf die aktuelle „kick-back“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hat inzwischen in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass durch Rückvergütungen (englisch „kick back“) Interessenkonflikte bei den Banken entstehen können. Den damit verbundenen Gefahren für ihre Kunden müssen sie durch ausreichende Information begegnen.

Die vier klagenden Volksbankkunden erhalten jetzt ihr angelegtes Kapital im Tausch gegen die Fondsanteile zurück. Sie seien, so die Kammer, so zu stellen, wie sie ohne die Pflichtverletzung der Volksbank stehen würden. Bei ordnungsgemäßer Beratung hätten sie die Fondsanteile nicht erworben. Lediglich die erfolgten Ausschüttungen müssen sich die Prozessgewinner anrechnen lassen. Diese waren allerdings, soweit es sie überhaupt gegeben hatte, gering ausgefallen.

Insgesamt hatten die Anlagen sich sehr schlecht entwickelt. Teilweise drohte sogar ein Totalverlust durch Insolvenz einzelner Immobilienfonds. Die Verfahren wurden am 17.02.2012 mündlich verhandelt. An den Urteilen haben der Vorsitzende Richter am Landgericht Andreas Bauer, der Richter am Landgericht Dirk Kienitz und die Richterin Heike Juris mitgewirkt. Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig. Die Volksbank kann innerhalb eines Monats Berufung beim Oberlandesgericht Hamm einlegen.

Landgericht Siegen, 2. Zivilkammer, Urteile vom 16.03.2012, Az. 2 O 81/11, 2 O 218/11, 2 O 219/11, 2 O 220/11


Foto: Archiv wirsiegen.de
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