Mord am Bahnhof – von 6 Jahre bis lebenslänglich gefordert

ws/wf.   Siegen  –   Schlussvorträge in Sachen Mord am Siegener Hauptbahnhof ( 20.08.2011 ) am heutigen Dienstagnachmittag vor der 1. Großen Strafkammer im  Siegener Landgericht. Nachdem der  vorsitzende Richter Wolfgang Münker die Beweisaufnahme geschlossen hatte, war nun die Stunde der Staatsanwaltschaft, der Nebenklage und des Verteidigers. Der Angeklagte hielt während der gesamten Verhandlung sein Gesicht verdeckt und hatte das letzte Wort.

Staatsanwalt fordert lebenslange Freiheitsstrafe
Staatsanwalt Patrick Baron von Grotthuss  stellte noch einmal den gesamten Sachverhalt dar, faste das bisherige Leben des Angeklagten Ömer Y.  zusammen, ging auf das Tatgeschehen ein und bewertete dieses nach rechtlichen Gesichtspunkten. Staatsanwalt Patrick Baron von Grotthuss sieht es als erwiesen an, das der Angeklagte voll schuldfähig ist. Er hat vielleicht vieles verdrängt aber ansonsten keine Erinnerungslücken. Die „Affenliebe“ zu seinem Kind, Eifersucht und das er die Tat vorab schon durchgespielt hatte, zeigen, dass er nicht im Affekt handelte.  Die Staatsanwaltschaft plädiert auf lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen.

Nebenklage: Tat war eine Hinrichtung
Auch Rechtsanwalt Treude aus der Siegener Kanzlei Baranowski und Kollegen, der die Kindesmutter als Nebenkläger vertritt forderte eine lebenslange Freiheitsstrafe aus niedrigen Beweggründen und wegen der grausamen Tatausführung. Rechtsanwalt Treude führte aus, das Ömer Y. eigene Geltungsansprüche überbewertet hat. Er ist voll schuldfähig. Auch wäre er sich bewusst gewesen, was er getan hat und stand weder unter Alkohol oder Drogen (BTM).  In seinen Ausführungen bezeichnete Rechtsanwalt Treude die Tat als Hinrichtung. Die Tat geschah aus seiner sichtweise nicht im Blutrausch, insgesamt zweimal ließ Ömer Y. vom Opfer ab und bedrohte Zeugen.

Verteidiger fordert  6 Jahre wegen Totschlag
Rechtsanwalt Dr. Frank Nobis aus Iserlohn sprach in seinem Plädoyer von einer einseitigen Sichtweise der Ermittlungsbehörden und Staatsanwaltschaft. Im Kopf habe der Angeklagte nur um sein Kind gekämpft. Der Tatentschluss wurde seitens  Ömer Y. spontan in der Bahnunterführung gefasst. Dort beschimpfte ihn das Opfer Aylin I. „ dein Sohn wird zu einem anderen Vater sagen.“  Es gab einen langjährigen Beziehungskonflikt, die Eltern des Opfers waren gegen die Beziehung. Aus Sicht von Rechtsanwalt Dr. Frank Nobis gibt es eine ganze Reihe von Gründen für eine Strafmilderung.  Der Angeklagte hat keine ausgereifte Persönlichkeit, kein Selbstwertgefühl. Es handelte sich nicht um eine geplante Tat sondern um eine Spontantat. Auch sein Geständnis bei der Polizei und ein Entschuldigungsbrief an die Familie des Opfers müssen nach Meinung von Rechtsanwalt Dr. Frank Nobis in die Urteilsfindung einfließen. Er forderte aus diesen Gründen eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren wegen Totschlags.

Schlusswort des Angeklagten:  „für alle scheiße“  
Vorsitzender Richter Wolfgang Münker unterbrach dann die Hauptverhandlung für 5 Minuten, um den Angeklagten, der sich den ganzen Verhandlungstag seine Hand ins Gesicht hielt die Möglichkeit zu geben, sich für sein Schlusswort zu fassen. Dieses viel dann aber doch fast nur unverständlich und kurz aus: „es tut mir sehr leid, für alles Scheiße, scheiße für alle … mein Sohn, für die (damit meinte er die Familie von Aylin I.)  … es tut mir sehr leid.“

Das Urteil wird nun am Freitag den 30.03.2012, dem 8. Verhandlungstag, am Landgericht Siegen von der  1. großen Strafkammer gegen 12:00 Uhr verkündet.

> unser Bericht am Tag des Verbrechens

> unser Bericht vom ersten Verhandlungstag 

Fotos: Archiv wirSiegen

 

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