Wohnung an drei Studierende aus Indien vermietet: „Alles prima Jungs!“

Eckehard Weitz aus Siegen hat seine Einlieger-Wohnung ein Jahr lang an drei Studierende aus Indien vermietet. Aus dem Mietverhältnis wurde eine Freundschaft mit Kochabenden, gemeinsamen Motorrad-Touren und deutsch-indischen Weihnachten.

(wS/red) Siegen 06.10.2016 | Vor gut einem Jahr sind Rohith Malagalale Shivappa, Kanaada Metikurke und Anil Sharma aus Indien nach Siegen gekommen. Im Gepäck hatten sie die Zulassung zum Mechatronik-Studium an der Universität Siegen – eine Unterkunft hatten sie nicht. „Wir konnten kaum Deutsch und hatten keine Ahnung, wo wir wohnen sollten“, erinnern sich Rohith und Kanaada. Andere indische Studierende gewährten den beiden in den ersten Tagen Unterschlupf, ihr Freund Anil kam im Notquartier des Studierendenwerks im Tiergarten unter. Dass dieses Provisorium nur von kurzer Dauer war, verdanken die drei dem Zufall. Und dem Siegener Rentner Eckehard Weitz.

Gruppenfoto im „gemeinsamen“ Garten in Kaan Marienborn (v.l.n.r.): Kanaada Metikurke, Anil Sharma, Eckehard Weitz und Rohith Malagalale Shivappa (Fotos: Universität Siegen)

Gruppenfoto im „gemeinsamen“ Garten in Kaan Marienborn (v.l.n.r.): Kanaada Metikurke, Anil Sharma, Eckehard Weitz und Rohith Malagalale Shivappa (Fotos: Universität Siegen)

„Die Einliegerwohnung in meinem Haus stand damals schon seit vier Jahren leer“, sagt der 69jährige. „Dass Wohnungen für Studenten gesucht werden, hatte ich gehört.“ Darauf, ausgerechnet indische Studierende bei sich aufzunehmen, habe ihn eine Bekannte gebracht: „Sie lebte damals schon länger mit jungen Indern zusammen. Durch sie ist der Kontakt entstanden.“ Rohith, Kanaada und Anil schauten sich die 60 Quadratmeter bei Eckehard Weitz in Kaan-Marienborn an. Die Entscheidung stand auf beiden Seiten sofort fest, sagt Weitz: „Ich habe einen Anhänger geholt und dann haben wir den Umzug gemacht.“

Eckehard Weitz beschreibt sich selbst als offen und neugierig – Rohith, Kanaada und Anil habe er als „extrem freundlich und hilfsbereit“ kennengelernt. Eine Kombination, die vom ersten Tag an gut funktioniert hat, trotz anfänglicher Verständigungsprobleme. „Wir konnten zuerst nur ‚Ja‘ und ‚Nein‘ sagen. Mehr deutsch konnten wir nicht“, sagt Rohith und lacht. „Unterhalten haben wir uns mit Händen und Füßen – und dem Google-Übersetzer“, ergänzt Eckehard Weitz. Dass sie heute so gut Deutsch sprechen, verdanken seine Mieter vor allem ihm. Und der vielen Zeit, die alle miteinander verbracht haben.

Gemeinsame Kochabende standen im Hause Weitz im vergangenen Jahr regelmäßig auf dem Programm. So haben die drei Inder Kartoffelsalat, Reibekuchen und Milchreis kennengelernt – und Eckehard Weitz „Chapathi“ mit „Paratha“, ein indisches Pfannkuchen-Gericht mit Kartoffeln und Zwiebeln. „Für den deutschen Geschmack extrem scharf gewürzt, ich muss immer viel dazu trinken“, sagt der Rentner grinsend. Auch das gemeinsame Kaffeetrinken sonntags nachmittags um 16 Uhr wurde schnell zu einer festen Tradition. Ebenso regelmäßige Ausflüge ins Umland, bei gutem Wetter auch gerne mit Eckehard Weitz` Motorrad.

Rohith Malagalale Shivappa und Eckehard Weitz bei einem gemeinsamen Motorrad-Ausflug.

Rohith Malagalale Shivappa und Eckehard Weitz bei einem gemeinsamen Motorrad-Ausflug.

„An meinem Geburtstag habe ich die Jungs zur Biathlon-WM ins Stadion auf Schalke eingeladen“, erzählt Weitz. Auch Weihnachten und Silvester haben die vier zusammen gefeiert. „Wir haben von Eckehard wirklich viel über die deutsche Kultur erfahren“, sagt Rohith. Auch Eckehard Weitz hat im vergangenen Jahr einiges gelernt: „Ich habe mich schon immer für Indien interessiert. Aber eine Vorstellung vom Leben dort hatte ich vorher nicht.“ Jetzt hat er sogar eine Einladung nach Indien in der Tasche.

Seit sechs Wochen wohnen Eckehard Weitz und Rohith Malagalale Shivappa, Kanaada Metikurke und Anil Sharma nicht mehr zusammen. Weitz hat sein Haus verkauft und ist selbst in eine Mietwohnung gezogen. Rohith und Kanaada haben Plätze in Studierendenwohnheimen gefunden, Anil ein privates Apartment in Wilnsdorf. Gewöhnt haben sich die vier an diese neue Situation noch nicht: „Wir waren wie eine Familie“, sagt Kanaada. Auch Eckehard Weitz denkt mit etwas Wehmut an das vergangene Jahr zurück: „Das war wirklich eine unschlagbare Erfahrung. Das sind alles prima Jungs!“ Für alle vier ist deshalb klar: Der Kontakt wird auf jeden Fall bleiben.

Kanaada Metikurke (l.) und Rohith Malagalale Shivappa (r.) besuchen Eckehard Weitz in seiner neuen Wohnung. Anil Sharma ist gerade auf Familien-Besuch in Indien.

Kanaada Metikurke (l.) und Rohith Malagalale Shivappa (r.) besuchen Eckehard Weitz in seiner neuen Wohnung. Anil Sharma ist gerade auf Familien-Besuch in Indien.

Auch aktuell wird in Siegen dringend Wohnraum für Studierende gesucht. Besonders ausländische Studierende haben es oft schwer, eine Unterkunft zu finden. Stadt, Studierendenwerk und Uni rufen Bürgerinnen und Bürger deshalb dazu auf, Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Das geht zum Beispiel über das kostenlose Online-Portal www.studentisches-wohnen-in-siegen.de.

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