Festakt 30 Jahre Deutsche Einheit und Städtepartnerschaft Plauen

(wS/red) Siegen 08.10.2020 |  Feierstunde würdigte 30 Jahre Freundschaft mit Plauen

Die jährliche Feierstunde zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober ist ein fester Termin im Veranstaltungskalender der Stadt Siegen. In diesem Jahr gab es gleich mehrere Besonderheiten: Neben „30 Jahren Deutsche Einheit“ galt es zum einen auch „30 Jahre Deutsche Städtepartnerschaft Siegen – Plauen“ zu feiern. Zum anderen waren die Veranstalter in den Leonhard-Gläser-Saal der Siegerlandhalle ausgewichen, da der ansonsten prädestinierte Historische Ratssaal im Rathaus Oberstadt unter „Corona-Bedingungen“ nicht den erwarteten (und tatsächlichen erschienenen) rund 100 Besucherinnen und Besuchern Platz geboten hätte.

Die Urkunde, die die offizielle Freundschaft der „Krönchenstadt“ Siegen mit der im Kreis Vogtland, Freistaat Sachsen, gelegenen „Spitzenstadt Plauen“ besiegelt, wurde am 3. August 1990 unterzeichnet. Besiegelt wurde damit zugleich die „Hilfe zur Selbsthilfe“, die schon Anfang 1990 gestartet war: Mitglieder von Rat und Verwaltung, Behörden, Verbänden und Vereinen, aber vor allem zahlreiche Privatunternehmen (Handwerker!) aus Siegen haben die Stadt Plauen beim Übergang zur kommunalen Selbstverwaltung und zur Marktwirtschaft unterstützt. Die daraus entstandenen Freundschaften wirken zum Teil bis heute fort.

Jörg Schmidt (l.) aus Plauen, der diesjährige Festredner der Siegener Feierstunde, überreichte Bürgermeister Steffen Mues zur 30-jährigen Städtepartnerschaft als Gastgeschenk Holzkunst und Lichterspitzen aus seiner Heimat. (Foto: Stadt Siegen)

Unter Beweis stellte dies auch der Festredner der Siegener Feierstunde. Wie in den Vorjahren war er aus Plauen angereist, um seine Zeitzeugen-Erfahrungen aus der Wendezeit mit den Siegenerinnen und Siegenern zu teilen. Jörg Schmidt, aktueller Vorsitzender der CDU-Fraktion im Stadtrat der Stadt Plauen, berichtete eindrucksvoll von dem Leben in der DDR, das ein realistisches Bild fernab aller „Ostalgie“ zeichnete: verfallende Bausubstanz in einer ohnehin vom Zweiten Weltkrieg zu Dreiviertel zerstörten Stadt, an einem Fluss, der Weißen Elster, die zeitweilig einer stinkenden Industrie-Kloake glich.

Schlimmer noch wirkte die Schilderung der Schikanen des Staatsapparates, welche die Familie Schmidt trafen und die auf dem banalen Umstand basierten, dass der Großvater – ein selbstständiger Fleischermeister – in der Woche drei Schweine verarbeitete und daher als „Großkapitalist“ galt. Vor diesem Hintergrund erlebte der damals 16-jährige Enkel Jörg Schmidt die friedliche Massendemonstrationen am 7. Oktober 1989 in Plauen – den ersten auf dem Boden der DDR, vor dem die bewaffnete Staatsmacht vor ihren Bürgerinnen und Bürgern zurückweichen musste (!) – als Sieg der Freiheit über den Unrechtsstaat (Schmidt: „ohne Wenn und Aber!“) und Aufbruch in ein wahrhaft „neues Leben“.

Dem Redner gelang es, bei seiner Schilderung der damaligen Ereignisse, die untermalt wurde von einem kurzen, aber eindrucksvollen Amateurvideo, ein lebendiges Bild in den Köpfen der Gäste der Feierstunde zu malen. Bewegend insbesondere die erinnerten Details, allen voran die vielen Kerzen, die plötzlich von den Teilnehmern der Demonstration „gezückt“ und den Staatspolizisten entgegengehalten wurden – eine „Waffe“, auf die Letztere keine Antwort hatten. „Wir sind das Volk!“, riefen die Plauener und in der Folge die Menschen in Leipzig, Dresden und überall in der DDR. Die friedliche Protestbewegung führte zum Fall der Mauer und zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten.

Siegens Bürgermeister Steffen Mues hatte zuvor in seiner Rede deutlich gemacht, wie wichtig solche Zeitzeugen-Erinnerungen in der heutigen Zeit sind, da durch die Corona-Pandemie zwangsläufig auch die Besuche und Begegnungen zwischen den Städtepartnern fast vollständig ausfallen müssen: „Wir schaffen hiermit die Voraussetzungen für ein gelingendes Heute, in dem wir auch wieder Pläne schmieden für ein gutes Miteinander in der Zukunft.“

Mues‘ Appell: „Wir alle sind gefordert, im Osten wie im Westen, für die Freiheit, für Demokratie und Vielfalt in Deutschland und Europa, aktiv einzustehen. Denn sie sind keine Selbstverständlichkeiten, sondern ein unermesslich großes Geschenk an uns, das wir an kommende Generationen weitergeben müssen.“ In Zeiten wie diesen, unter den vielfältigen Herausforderungen und Belastungen im Zuge der Corona-Pandemie, gelte daher umso mehr das Motto „Wir miteinander!“, das auch die diesjährige zentrale Einheitsfeier der Bundesrepublik Deutschland in Potsdam dominierte.

Für die musikalische Untermalung der Feierstunde sorgten vier Schülerinnen und Schüler der Fritz-Busch-Musikschule. Mit ihren Auftritten begeisterten Clara Löbbecke, Klavier, Peter Kilian, ebenfalls Klavier, sowie Johanna Sobanski, Violine, und Leopold Schlüter, Violoncello. Clara Löbbecke war es vorbehalten, am Ende die Deutsche Nationalhymne zu singen – stellvertretend für die Gäste der Feierstunde, denen dies aufgrund der aktuellen Corona-Regeln nicht möglich war.

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