Aufstiegskrimi: Ferndorf trotz nervenaufreibendem Remis in der 2. Bundesliga

(wS/Red) Ferndorf 16.06.2021 | Nach Dramatik und Spannung: Ferndorf triumphiert und steigt auf

HEUTE MIT VIELEN FOTOS!

Was in der Saison 2021/2022 Corona zerstört hat und was zum Abstieg aus der 2. BL führte hat nun nach 2 weiteren Saisons in der 3. Liga den TuS Ferndorf wieder in die zweite Liga gespült. Aber nicht so einfach, wie man sich das vorstellt, denn unter Coach Robert Andersson gelang der direkte Wiederaufstieg nicht. Sie waren zwar Tabellenzweiter am Saisonende, scheiterten aber in den Playoffs. Robert Andersson ging und für ihn kam der Meistertrainer Ceven Klatt, der ja nun in Ferndorf kein Unbekannter war, hat er doch vor vielen Jahren schon für den TuS am Kreis gespielt. Danach führten seine Wege in verschiedene Richtungen, als Trainer war u.a. bei den Rimpar Wölfen oder Ludwigshafen Friesenheim tätig, schlussendlich landete er dann beim TuS Ferndorf. Mirza Sijaric holte seinen Freund, dem er den „Ferndorfer Stallgeruch“ attestierte zurück ins Siegerland.

Und es dauerte nicht lange, bis die Skeptiker umdenken mussten und wenn sie heute seinen Namen hören oder sagen, tun sie dies mit Stolz, denn die Aura, die Ceven umgibt ist einzigartig. Mannschaft, Verein und ganz Handball-Siegerland stehen geschlossen hinter ihm. Und wenn er in Pressekonferenzen redet, was er so im nächsten Spiel vorhat, dann nickten sie, weil sie wussten, dass es klappen wird. So wie diese letzte Saison, die er ungeschlagen mit 59:1 Punkten beendete. Es gibt nicht viele Beispiele für eine so dominante Saison, das Ding musst du erst mal bringen. Und Ceven hat es gemacht, er hat die Liga mit seinen Jungs gerockt wie kein anderer und alle Vereine haben sich an den Ferndorfern die Zähne ausgebissen.

TuS Ferndorf steigt in die 2. Bundesliga auf.

Die ganze Mannschaft beschreitet nun den Weg in die 2. Bundesliga und wird versuchen, die Klasse zu halten. Aber halt, nicht alle gehen mit, Alexander Reimann, seit längerem verletzt, verlässt den Verein und befindet sich schon in heimatlichen Gefilden. Ebenso Nikita Pliuto, er ist auch noch verletzt, aber es ist schon seit einiger Zeit klar, dass er zur HSG Konstanz wechseln wird. Es wird ihn freuen, denn dort wird er seinen Bruder wiedertreffen, der dort spielt. Und ja, noch eine ganz wichtige Personalie verabschiedet sich von harzigen Händen, verklebten Trikots, blauen Flecken und dem TuS Ferndorf mit seinen zahlreichen Fans, er beendet seine Laufbahn und seine Verlobte wird sich sicherlich freuen.

Lucas Puhl, eine Lichtgestalt, ein absoluter Leistungsträger und ein Sympathikus des Ferndorfer Handballs sagt Adieu. Es fällt ihm sicherlich nicht leicht, uns aber auch nicht. Servus, mach’s gut Lucas. „Niemals geht man so ganz, irgendwas von dir bleibt hier“
Ich hoffe, wir können dich bei dem ein oder anderen Heimspiel begrüßen, es wäre uns eine Ehre.

Nun zum Spiel, in der Stählerwiese trat der MTV Braunschweig zum Rückspiel an, das Hinspiel haben sie in ihrer „Alten Waage“ in Braunschweig mit 32:23 gegen den TuS verloren und viele in ihrem Umfeld strotzten vor Zweckoptimismus. Es wären zwar 9 Tore, aber auch so etwas könnte ja mit der richtigen Taktik auch noch umbiegen, das hätte man ja im Ligabetrieb auch schon geschafft. Aber wie sonst sollte man die Niedersachsen in der Heimat motivieren, nein, sie wollten kämpfen bis zum Umfallen und das haben sie in der Stählerwiese eindrucksvoll getan.
TuS Ferndorf gegen MTV Braunschweig 27:27 (11:14)

TuS Ferndorf im Finalspiel gegen Braunschweig

Dieses Spiel war nichts für schwache Nerven, die Nerven waren wie Drahtseile gespannt und die Niedersachsen machten gewiss eines ihrer besten Spiele. Man musste am gestrigen Abend dem Gegner attestieren, dass sie an diesem Tag ganz einfach die bessere Mannschaft waren. Waren sich die Ferndorfer im Vorfeld zu sicher, oder hatte der Taktikfuchs Volker Mudrow die Karten besser gemischt, eines ist klar, die Ferndorfer kämpften in diesem Entscheidungsspiel den Kampf der Saison, denn keine der Ligagegner hat si in der abgelaufenen Saison dermaßen gefordert. Aber was hatte der MTV auch zu verlieren, NICHTS, absolut NICHTS. Und so spielten sie auch, ein ums andere mal spielten sie unsere Abwehr aus, zogen das Spiel auf die Mitte, um dann zu ihren Außenspielern zu passen, die dann oft Lucas Puhl überwunden haben. Auf der Gegenseite erwartete die TuS-Offensive eine ganz starke Niedersachsenabwehr, wie wir sie eigentlich nur von Ferndorf kennen. Der MTV startete, man hatte es auch nicht anders erwartet, mit seiner bewährten sieben gegen sechs-Taktik und den Ferndorfern war schon zu Beginn eine gewisse Nervosität anzusehen. Braunschweig hatte Anwurf, machte das 0:1, der TuS verwarf und es folgte das 0:2, Marvin Mundus erzielte mit einem seiner Kracher das 1:2, der Gegner traf wieder, Ferndorf verwarf und der Gegner legte wieder vor, es war schon das 1:4. Das war nicht der Anspruch von Ceven Klatt, beim 2:6 in der 6. Minute legte er die „Grüne Karte“ auf den Zeitnehmertisch, er hatte erheblichen Gesprächsbedarf. Was auch immer er den Jungs erzählt hat, wir konnten es am Pressetisch nicht hören, es fruchtete nicht.

Hier der Link zum Spielbericht des MTV Braunschweig:

https://www.mtv-handball.com/2024/06/kein-aufstieg-aber-ein-starker-auftritt/

Er hatte sich vielleicht eine andere Taktik überlegt, aber das war dem MTV schlichtweg egal, sie hatten auf alles, was Ferndorf unternahm die passende Antwort parat. Cevens Jungs bemühten sich, keine Frage, aber der Gegner standen mit gewetztem Säbel da und erwarteten sie. Das, was das Ferndorfer Spiel in der Vergangenheit ausmachte, wurde nun von den Niedersachsen zelebriert. In der 12. Minute hieß es gar 4:10, der Ferndorfer Vorsprung aus dem Hinspiel mit den 9 Toren, war schon auf 3 geschrumpft, es bestand akute Brandgefahr auf der TuS-Seite. Zuvor bekam Gabriel da Rocha Viana eine Zeitstrafe, es sollte die erste von insgesamt sieben gegen die Ferndorfer sein, man konnte also nicht behaupten, die Schiris wären auf Seiten der Heimmannschaft. Es gab umstrittene Entscheidungen, aber das soll die Leistung der Gäste nicht schmälern. Ihr bester Torschütze war mit 7 Treffern Bela Pieles, den so wirklich niemand auf dem Zettel stehen hatte. Trainersohn Jan Mudrow kam diesmal nur auf 4 Treffer, aber dafür sprangen halt andere in die Bresche.

Und immer wieder, wenn es ganz eng wurde, war Lucas Puhl zur Stelle, er hatte allein in dieser 1. HZ 8 Paraden. Nach diesem 6:12 gab es zwei Hinausstellung von TuS-Spielern und der MTV konnte nun sogar mit sieben gegen vier Spielen (23. Minute). Als diese zwei Strafzeiten vorbei waren, ging irgendwie ein Ruck durch die Mannschaft, denn unterbrochen nur durch ein Gegentor hämmerte nun der Zauberer Jank Kevic drei Dinger ins gegnerische Tor und es folgte noch ein viertes von Gabriel da Rocha Viana. In der 29. Minute versenkte auch noch Ante Simic einen Ball und Lucas Puhl hielt unter Begeisterungsstürmen der 1400 Fans (AUSVERKAUFT) und man ging mit einem nun „angenehmeren“ Zwischenergebnis zum Pausentee.

Die 2. HZ war ähnlich wie die 1. HZ, aber es klappte beim TuS etwas besser, Braunschweig zog sein Ding zwar durch, aber Ferndorf agierte nun ein wenig besser. Die Eres, Mundus und Kevic waren die Protagonisten dieser Halbzeit, denn von den in der 2. HZ erzielten 16 Toren waren sie mit 12 Toren beteiligt. Zum Ende hin nahm das Match an Dramatik zu, es war ein reiner Schlagabtausch, Ferndorf konnte den Rückstand auf zwei Tore reduzieren, aber es wurde noch enger. Die Gäste merkten nun natürlich auch, dass sie diese 9 Tore Differenz nicht mehr aufholen könnten, aber sie wollten das Spiel trotzdem gewinnen. Die Zwischenstände waren 19:21 (48.), 22:23 (53.), 23:25 (56.), 24:26 (57.) und in der 59. Minute erzielte Daniel Hideg unter dem Jubel der Zuschauer das 26:26. Das war es aber noch nicht, Volker Mudrow nahm seine letzte Auszeit, um seinen Jungs zu erklären, wie man den Ferndorfern doch noch die einzige Niederlage zufügen könne. Nach gespielten 59:10 Minuten schickte sich der Grieche Nikolaos Tzoufras an, das 26:27 zu erzielen. Die Halle hatte zu beben begonnen, die Zuschauer ließen nicht nach, mehr Dramatik, Spannung und Haare raufen geht nicht, doch die Ferndorfer setzten doch noch einen drauf.

Es war nach gespielten 59:47 Minuten, als wiederum Daniel Hideg den Ball zu fassen bekam und als der zum Wurf ansetzte schoss der Lärmpegel noch einmal eine Oktave höher, denn es krachte im Braunschweiger Netz und das war auch das letzte Tor in diesem Spiel. Das am härtesten umkämpfte Spiel dieser gefühlt gesamten Saison bescherte dem TuS das 27:27 Remis. Und das hieß, sie waren und bleiben ungeschlagen in dieser gesamten Saison, einschließlich aller vier Playoff-Spiele. Das hat Kräfte gekostet, die Muskeln werden wehtun, Hämatome tun sich auf, aber was zählt das alles, denn FERNDORF IST AUFGESTIEGEN IN DIE 2. BUNDESLIGA.

Zuschauer, Spieler und Mannschaftsverantwortliche liegen sich in den Armen, der Hallenboden wird nass, denn nun gab es reichlich Felsquellwasser, etliche Liter kamen auch von oben und verteilten sich gut auf der Kopfhaut, aber das war nun wirklich egal, die gesamte Halle war total geflasht und ließ ihren Gefühlen freien Lauf.
Apropos Gefühle, denn nun kam etwas, was kommen musste, es war die Verabschiedung von Spieler, es waren nach dieser Saison gottseidank nur 3 Spieler. Dirk Stenger verabschiedete in Abwesenheit Linksaußen Alexander Reimann, gefolgt von Nikita Pluito, der auch noch verletzt ist, dessen Weggang aber schon seit einiger Zeit klar war. Er wechselt zur HSG Konstanz, wo auch schon sein Bruder spielt. Die HSG Konstanz hat heute ihr Aufstiegsspiel gegen Hildesheim und wenn sie es schaffen, werden wir uns in der kommenden Saison am Bodensee begegnen, viele würden sich darauf freuen. Und dann kam die letzte Verabschiedung und alle wussten, was nun kam, der Puls stieg bei etlichen Fans als Lucas Puhl aus der Kabine kommend das Spalier durchlief und zu Dirk Stenger und Mirza Sijaric ging. Auch ich musste schlucken, es tat so ein bisschen weh, denn es war der spielerische Abschied für immer und man sah, wenn man sich umschaute, dass Tränen flossen, der sich aber niemand schämen musste, denn Lucas war nicht irgendjemand. In den 10 Jahren, in denen er die Rot/Weißen Farben stolz trug, hat er sich zu einem Publikumsliebling entwickelt, den jeder in sein Herz geschlossen hat. Lucas ist ein bescheidener Spieler, der sich nicht gerne im Mittelpunkt sieht und das macht ihn noch sympathischer. Die Zuschauer feierten ihn wie einen Superstar, der auf der Bühne einige Zugaben gegeben hat und nun von der Bühne abtritt.

Apropos Bühne, jetzt mal einfach so dahingesagt, was wäre der TuS Ferndorf ohne seine Fanclubs, der Aufstieg ohne sie wäre eine ganz enge Kiste geworden.
Die „BRIGADE C“ hat sich mit ihrer Choreo selbst übertroffen, es stellte gefühlt alles in den Schatten, was sie in den vielen Jahren zelebriert haben. Ihre Tribüne, die Quast Tribüne bestand aus einem Meer Rot/Silberner  Glitzerfahnen und sie hatten aus der Tribüne eine Bühne gemacht, denn sie glich einer wirklichen Bühne. Es war nicht die Mailänder Scala, aber sie sah traumhaft aus, so etwas hatten wir in unserem „Harz-Wohnzimmer“ noch nie gesehen. Lautstarke Gesänge begleiteten nicht nur das Spiel, sondern auch den Abschied von „Puhlic“. Es war ein sehr emotionaler Moment und auch die „hartgesottenen Jungs“ der Brigade hatten vereinzelt feuchte Augen. Ihr Brigade-Männer, wir sagen DANKESCHÖN für diese Choreo.

Eure Arbeit, in die immer viel Geld, Zeit und Liebe investiert wird, kann gar nicht hoch genug angerechnet werden. Sollten sie einmal die Spendendosen von ihnen in der Stählerwiese stehen sehen, scheuen sie sich nicht, etwas hineinzuwerfen, denn diese Unmengen an Material für ein Choreo finanziert sich fast ausschließlich über diese Spenden. Ihnen folgen die „FERNDORFER FÜCHSE“ , ohne ihr mächtiges Handball-Rockkonzert, das den Hallenboden vibrieren lässt würde es an A CAPELLA erinnern (Gesang ohne musikalische Begleitung). Sie haben gestern Abend die Bespannung ihrer Trommeln heiß werden lassen und sich die Hände wundgeschlagen. Es ist immer schön zu sehen, wie sich die gesamte Mannschaft bei jedem einzelnen „Fuchs“ bedankt und dadurch deren Job wertschätzt.
Wir haben Ceven Klatt befragt, er gehört zu den glücklichsten Menschen auf dem Ferndorfer Handballglobus.
Sein Blick richtet sich erstmal auf die Ruhephase und die dann kommende Vorbereitung auf die 2. Bundesliga. Die Teilnahme am DHB-Pokal ist für ihn zweitrangig bis uninteressant, denn der Modus sieht gar nicht erst vor, dass man zu Beginn auf Teams im oberen Tabellendrittel der 1. Liga treffen könnte, die steigen erst in der 3. Runde ein und sind dann fast unter sich.

Statistik:
Tor Lucas Puhl 1. HZ 8 Paraden, 2. HZ 6 Paraden, das macht eine Quote von sehr guten 34,15 %
Torschützen:
Janko Kevic 9/3
Josip Eres und Marvin Mundus je 5
Daniel Hideg 3
Gabriel da Rocha Viana und Ante Simic je 2
Valentino Duvancic 1

Glückwünsche im Netz zum Aufstieg in die 2. BL kamen auch aus Dessau, Emsdetten Krefeld, Konstanz, Sportfreunde Siegen, TV Gelnhausen, Rostock, Dormagen, Rodgau Nieder-Roden, HSC Coburg…..

Stimmen zum Spiel
GABRIEL DA ROCHA VIANA – Wie haben uns die ganze Woche gut vorbereitet und wussten, das die wieder mit dem sieben gegen sechs anfangen werden und doch ein bisschen anders spielen werden als im Hinspiel. Ich finde, wir haben heute nicht so gut gespielt. In der 1. HZ haben wir nachgelassen, auch in der Abwehr. Aber im Großteil auch im Angriff, da haben wir ganz klare Dinger stehen lassen. Das Ende der 2. HZ haben wir als Team gut gemeistert.

CEVEN KLATT – Ganz ehrlich, das Spiel und der Gegner interessieren mich heute nicht mehr viel (grinsend). Ich bin froh, dass wir auch im letzten Spiel ungeschlagen geblieben sind. Ich glaube, man hat schon ein bisschen die Anfangsnervosität gemerkt, und dass bei dem ein oder anderen im Hinterkopf war, dass ein Plus von 9 Toren eigentlich uneinholbar ist. Das sollte es jetzt aber sein zum Spiel. Jetzt bin ich wirklich stolz auf die Mannschaft und auf das, was wir dieses Jahr geleistet haben. Ich denke, das ist eine besondere Saison mit einer besonderen Mannschaft, und ich freue mich, ein Teil davon zu sein. Ich bin einfach glücklich heute Abend.

MARVIN MUNDUS – Ich muss sagen, das sind die schwierigsten Spiele. Unter der Woche bekommst du von jedem Nachbarn, jedem Fan, jedem in der Halle und sogar von Leuten aus der Mannschaft zu hören, was wir planen und wie der Fokus gesetzt ist. Das ist einfach schwierig. Wenn dann der 9-Tore-Vorsprung in 6 Minuten fast weg ist, fangen die Köpfe an zu rattern. Dann kommen noch ein, zwei Entscheidungen gegen dich, die aber dazugehören. Es war viel Nervosität im Spiel. Am Ende denke ich, haben wir uns irgendwie gefangen. Zur Halbzeit minus 3, das hat uns den Arsch gerettet, das muss man einfach ganz klar sagen. In der 2. Halbzeit halten wir sie in Schach, die reißen immer aus, und das Unentschieden am Schluss ist natürlich glücklich. Einen Sieg haben wir heute auch nicht richtig verdient, das muss man zu unserer Leistung sagen.

Bericht/Videos: Peter Trojak

Fotos: Peter Trojak/Ferndorfer Füchse/Andreas Domian

 


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