(wS/red) Siegen 18.02.2025 | Die Stadt Siegen treibt die Mobilitätswende weiter voran und setzt auf eine verstärkte Nutzung des Umweltverbunds aus ÖPNV, Rad- und Fußverkehr. Eine zentrale Maßnahme ist die Umweltspur, die in den vergangenen Jahren eingerichtet wurde, um den Kfz-Verkehr zu reduzieren und die Luftqualität zu verbessern.
Die Einführung der Umweltspur basiert auf der EU-Richtlinie 2024/2881 zur Luftqualität, die eine Verschärfung der Grenzwerte für Luftschadstoffe vorsieht. Ziel ist es, den NOx-Gehalt in der Luft bis 2026 auf 40 µg/m³ und bis 2030 auf 20 µg/m³ zu senken. Aktuelle Messungen zeigen, dass bis 2030 eine Reduzierung um weitere 13 µg/m³ erforderlich ist.
Eine wissenschaftliche Untersuchung der Universität Siegen hat die Auswirkungen der Umweltspur auf den Verkehr analysiert. Dabei wurden Floating-Car-Daten (FCD) ausgewertet, die Rückschlüsse auf Fahrzeiten und Geschwindigkeiten ermöglichen. Die Ergebnisse zeigen eine Verlängerung der Fahrzeiten, insbesondere in den Morgen- und Nachmittagsstunden. Während die mittlere Fahrzeit in Richtung Geisweid morgens um zwei Minuten anstieg, mussten Autofahrer in Richtung Siegen mit fünf Minuten längerer Fahrzeit rechnen. Am Nachmittag ergaben sich ähnliche Verzögerungen von drei bis sechs Minuten.
Trotz Rückstaus zu Spitzenzeiten hat sich die Pünktlichkeit des ÖPNV deutlich verbessert. Busse verkehren zuverlässiger, und die Bildung von Fahrzeugpulks konnte verhindert werden. Die Verkehrsbetriebe begrüßen die Maßnahme ausdrücklich.
Allerdings gibt es noch Herausforderungen: Rückstaus treten vor allem an kritischen Knotenpunkten auf, etwa an der Weidenauer Straße oder den HTS-Anschlüssen. Auch im Bereich des Kreisklinikums und in der Vorweihnachtszeit kam es zu Verkehrsbehinderungen durch abbiegenden Erschließungsverkehr. Erste Verbesserungen wurden durch Anpassungen an Lichtsignalanlagen im Dezember 2024 erreicht. Weitere Optimierungen sind für 2025 geplant, darunter Anpassungen an 15 weiteren Lichtsignalanlagen.
Die Unfallstatistik zeigt, dass die Einführung der Umweltspur eine höhere Unfallrate mit sich brachte, insbesondere durch Kollisionen zwischen abbiegenden Fahrzeugen und parallel fahrenden Bussen oder Radfahrern. Die Polizei registrierte im Jahr 2024 insgesamt 18 Unfälle auf der Umweltspur, davon 12 mit ÖPNV-Beteiligung.
Erste Bilanz im Verkehrsausschuss
Heute, am 18. Februar 2025, fand um 16:00 Uhr im Rathaus Geisweid eine Pressekonferenz zur Umweltspur statt. Stadtbaurat Henrik Schumann stellte gemeinsam mit Benjamin Hinkel, Leiter der städtischen Abteilung Straße und Verkehr, sowie Larena Kühnel von der Arbeitsgruppe Straßen- und Verkehrsplanung die erste Bilanz vor.
Dabei wurden die aktuellen Ergebnisse präsentiert und Fragen beantwortet. Die Diskussion über die Zukunft der Umweltspur wird weitergeführt – insbesondere vor dem Hintergrund der Verkehrssituation, der Unfallstatistik und der laufenden Optimierungsmaßnahmen.
Wie jedoch Theorie und Praxis wirklich aussehen und was hunderte von Siegener Verkehrsteilnehmern dazu sagen, folgt in einem weiteren UPDATE!
Foto: Andreas Trojak / wirSiegen.de
Genauere Auswertung der von der Universitätsstadt Siegen übermittelten Präsentation der Abteilung Straße und Verkehr zur Umweltspur:
Umweltspur in Siegen – Sachstandsbericht (18.02.2025)
1. Zielsetzung der Umweltspur
- Die Stadt Siegen verfolgt mit der Umweltspur das Ziel einer Mobilitätswende:
- Erhöhung des Anteils umweltfreundlicher Verkehrsmittel (ÖPNV, Fahrrad, Fußverkehr).
- Reduzierung des Kfz-Verkehrs auf lange Sicht.
- Senkung von Emissionen wie Feinstaub und Stickoxiden (NOx).
- Bisherige Entwicklung: Trotz Umweltspur hat sich der Kfz-Verkehr kaum verringert.
2. Gesetzliche Vorgaben zur Luftqualität
- Die EU-Richtlinie 2024/2881 hat die Grenzwerte für Luftschadstoffe verschärft:
- Zielvorgabe für NOx:
- 2026: 40 µg/m³.
- 2030: 20 µg/m³.
- Zielvorgabe für NOx:
- Messstation Sandstraße (LANUV-Daten) zeigt:
- NOx-Werte haben sich reduziert, aber weitere Senkungen sind nötig.
- Um den Zielwert für 2030 zu erreichen, muss die Belastung um weitere 13 µg/m³ gesenkt werden.
Analyse der Grafiken
- Die Diagramme zeigen den Verlauf der NOx-Belastung seit 2008.
- Seit 2018 ist ein Rückgang der Stickoxide erkennbar, was mit einer Ampelschaltung am Kölner Tor zusammenhängt.
- Die Grenzwerte für 2026 und 2030 sind noch nicht erreicht.
3. Verkehrsanalyse & Auswirkungen der Umweltspur
Verkehrszählungen & Messmethoden
- 2022–2024: Verkehrsbeobachtungen mit Zählungen und Videomaterial.
- Ab 2024: Dauerzählstelle Weidenauer Straße zur kontinuierlichen Messung.
- Floating-Car-Daten (FCD): Bewegungsdaten aus Fahrzeugen erfassen Fahrzeiten & Geschwindigkeiten.
Ergebnisse der Fahrzeitanalyse
- Vergleich der Fahrzeiten zwischen 2023 (vor Umweltspur) und 2024 (nach Einführung):
- Morgens (07:00–08:00 Uhr):
- Richtung Norden (Geisweid): +2 Minuten (von 23 km/h auf 19 km/h).
- Richtung Süden (Siegen): +5 Minuten (von 30 km/h auf 18 km/h).
- Nachmittags (16:00–17:00 Uhr):
- Richtung Norden: +3 Minuten (von 21 km/h auf 17 km/h).
- Richtung Süden: +6 Minuten (von 27 km/h auf 16 km/h).
- Morgens (07:00–08:00 Uhr):
- Fazit:
- Verkehr fließt langsamer als vorher, insbesondere Richtung Süden.
- Hauptproblem: Rückstaus nachmittags zwischen 15:00 und 17:00 Uhr.
Überlagerung NOx-Belastung & Verkehrsaufkommen
- Die Grafik zeigt: Höheres Verkehrsaufkommen führt direkt zu höherer NOx-Belastung.
- Besonders stark betroffen: Koblenzer Straße mit bis zu 16.000 Fahrzeugen/Tag.
4. Bereiche mit hohem Konfliktpotenzial
Problemzonen im Stadtverkehr
- Weidenauer Straße (zwischen Breite Straße und HTS-Anschluss Sieghütte):
- Staus am Nachmittag (15:00–17:30 Uhr), teilweise über 2 Stunden.
- Konflikte mit der Feuerwehrzufahrt.
- Linksabbieger Bismarckstraße:
- Problem tritt vor allem in der Vorweihnachtszeit auf.
- Stau durch Einkaufsverkehr, der nicht abfließen kann.
- HTS-Anschluss Weidenau Nord:
- Lange Wartezeiten bei der Auffahrt auf die HTS → Rückstau bis zur Weidenauer Straße.
- Zufahrten zu Schulen:
- Kurze, aber intensive Staus vor Schulbeginn (ca. 15 Min.).
- Ursache: Hol- und Bringverkehr der Eltern.
- Esso-Tankstelle Weidenauer Straße:
- Rückstau durch Linksabbieger stört den Verkehrsfluss.
5. Maßnahmen zur Verkehrsoptimierung
Ampelschaltungen (LSA-Anpassungen)
- 2024: Anpassung von 10 Lichtsignalanlagen zur besseren Steuerung des Verkehrs.
- 2025: Weitere Anpassung von 15 Lichtsignalanlagen zur
- besseren Detektion von Verkehrsströmen,
- neuen Ampelprogrammen für bessere Grünphasen,
- Reduzierung von Rückstaus (besonders in Weidenau & am Klinikum Siegen).
Erwartung:
- Verbesserung des Verkehrsflusses, aber Staus werden nicht komplett verschwinden.
6. Unfallstatistik & Sicherheitsanalyse
Unfälle mit Umweltspur-Bezug
- Unfallzahlen von 2022 bis 2024:
- Gesamtzahl stabil: 70–72 Unfälle pro Jahr.
- Unfälle mit ÖPNV-Beteiligung: 2024 starker Anstieg (17 Fälle, davor max. 6).
- Unfälle mit Radverkehr: 2024 ebenfalls gestiegen (10 Fälle, davor max. 6).
- Hauptunfallursache:
- Rechtsabbieger kollidieren mit parallel fahrenden Bussen oder Radfahrern (16 Fälle auf der Umweltspur).
- Unfälle auf der HTS:
- Mehr Unfälle, aber kein eindeutiger Zusammenhang mit der Umweltspur nachweisbar.
7. Auswirkungen auf den ÖPNV & Radverkehr
Ergebnisse für Busse
- Pünktlichkeit des ÖPNV hat sich verbessert.
- Verspätungen sind deutlich zurückgegangen.
- Busunternehmen VWS unterstützt die Umweltspur und sieht Optimierungspotenzial.
Radverkehr
- Zunahme des Radverkehrs durch die Umweltspur beobachtet.
- Langfristige Verlagerungseffekte auf andere Verkehrsmittel noch unklar.
8. Fazit & weiteres Vorgehen
- Verkehr läuft insgesamt zufriedenstellend, aber einige Bereiche bleiben problematisch.
- Unfälle sind gestiegen, besonders durch Rechtsabbieger-Konflikte.
- ÖPNV profitiert durch bessere Pünktlichkeit.
- Radverkehr nimmt zu.
- Verlagerungseffekte vom Auto auf ÖPNV/Fahrrad brauchen mehr Zeit.
Maßnahmen für 2025
- Weitere Anpassungen der Ampelschaltungen.
- Verstärkte Verkehrsbeobachtungen, insbesondere in Problemzonen.
- Analyse und Verbesserung der Unfallprävention.
Zusammenfassung in einem Satz:
Die Umweltspur in Siegen verbessert laut Info der Universitätsstadt Siegen den ÖPNV und reduziert NOx-Emissionen, führt aber zu längeren Fahrzeiten und Rückstaus im Kfz-Verkehr, während die Unfallzahlen steigen und weitere Anpassungen nötig sind.