Ist die Energiewende noch zu retten?

Wirtschaftspolitische Gespräche am Dicken Turm standen im Streitpunkt um den Klimaschutz und die Zukunft unserer Energieversorgung.

(wS/uni) Siegen. Energiewende, ja was ist eigentlich aus dieser geworden? Erst vor wenigen Tagen hat der Europäische Rat ein neues Ziel vereinbart: bis 2030 sollen mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase im Vergleich zu 1990 in die europäische Luft gelangen. Für den Berliner Tagesspiegel ist die EU damit in puncto Klimaschutz „kein Vorbild mehr“. Aber war die EU und insbesondere Deutschland überhaupt ein Vorbild bei der Energiewende?

2014-10-28_Siegen_Uni_Wirtschaftspolitische_Gespräche_Foto_Uni_02Nein, kein Vorreiter, eher abschreckendes Beispiel, so bewertete Prof. Dr. Achim Wambach die deutsche Klimapolitik der vergangenen Jahre. „Die anderen lernen aus unseren Fehlern“, sagte der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in seiner Eröffnungsrede zu den Wirtschaftspolitischen Gesprächen am Dicken Turm. Die anderen, damit meinte Wambach die USA, die weiterhin Energie zu günstigen Preisen anbieten, oder China, das ein Kohlekraftwerk nach dem anderen baue. Unter dem Titel „Ausgepowert!? Wohin führt uns die Energiewende?“ hatten das Zentrum für ökonomische Bildung (ZöBIS) und das ForschungsKollegSiegen (FoKos) der Universität Siegen Wambach und weitere Experten aus der Energiewirtschaft und Politik zum Streitgespräch nach Siegen geladen.

2014-10-28_Siegen_Uni_Wirtschaftspolitische_Gespräche_Foto_Uni_01Gegenüber standen sich Ökonomen wie Prof. em. Dr. Rüdiger Pethig, die ein Auslaufen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und eine Deregulierung des Marktes für erneuerbare Energien fordern und der Grünen-Bundestagsabgeordnete und EEG-Fan Oliver Krischer auf der anderen Seite. Als Vertreter der Energiewirtschaft und Experte für die technologische Entwicklung der „Erneuerbaren“ war Prof. Dr.-Ing. Peter Birkner vom Vorstand des Frankfurter Energieversorgers Mainova nach Siegen gereist.

Das unschlagbare Argument, schnell einen Kompromiss in der Energiepolitik zu finden, lieferte Birkner in seiner Eingangsrede: „Der ordnungspolitische Rahmen hinkt der Technik hinterher.“ Die Technik für mehr Energieeffizienz und weniger CO₂-Emissionen sei längst da, nur werde sie von den politischen Rahmenbedingungen in Schach gehalten. Die starke Regulierung verhindere zum einen, dass neue Speichertechnologien auf den Markt gelangen, weil diese im Vergleich zur Erzeugung erneuerbarer Energien nicht gefördert würden. Zum anderen müsse erneuerbare Energie unabhängig von ihrer Herkunft (Solar, Wind, Wasser etc.) gleich behandelt werden, damit der Verbraucher die für ihn effiziente Energie(gewinnung) nutzen könne.

Eine stark regulierte Förderung erneuerbarer Energien scheint auch nicht mehr nötig, wenn sowohl Birkner, als auch der Grünen-Politiker Krischer verkündeten, dass die Kosten für erneuerbare und konventionelle Energien inzwischen gleich hoch sind. Laut Krischer seien die Kosten für Energie aus einem neuen Kohle- oder Atomkraftwerk sogar höher, als die aus erneuerbaren Energiequellen. Warum also noch weiter in den Markt eingreifen, wenn sich die erneuerbaren Energien aufgrund der niedrigeren Herstellungskosten ohnehin durchsetzen werden?

Am Ende stellte sich die Frage, welches ordnungspolitische Instrument für einen verbesserten Schutz nachgearbeitet wird: Emissionszertifikate, wie es die Wirtschaftsvertreter fordern, oder durch ein nachgebessertes Energiegesetz, wie es Grünen-Politiker Krischer fordert?

Für Politik und Bürger sei das EEG zu teuer, sagten die Ökonomen in der Runde, für die Industrie waren hingegen die Emissionszertifikate viel zu billig. Der Druck seitens der Industrie auf die Politik war offenkundig zu groß, die Emissionszertifikate werden inzwischen verramscht und haben bislang als Steuerungsinstrument versagt. Rüdiger Pethig, emeritierter Professor der VWL, schlug daher einen einheitlichen Preis für Emissionen vor. Wie die Politik bei einem solchen Einheitspreis dem bestimmt nicht nachlassenden Druck der Industrie auf gesamteuropäische Ebene standhalten will, bleibt fraglich.

Fotos: Uni

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