wS/ksw Siegen-Wittgenstein – Jetzt zum Spätsommer und Herbst hin rüsten sich wieder viele Liebhaber von Pilzgerichten, in die Wälder auszuschwärmen, um möglichst als Erste an der so ergiebigen Stelle zu sein, die noch aus den Vorjahren bekannt ist. Eine Pfanne voll mit frischen Steinpilzen oder Champignons ist für Liebhaber ein Genuss, auf den es sich lohnt, ein ganzes Jahr zu warten.
Pilze erfüllen wichtige Aufgaben in der Natur. Als Zersetzer von organischen Materialien (Laub, Holz, tote Tiere, etc.) leisten sie einen häufig unterschätzten Beitrag im Naturhaushalt. Viele Großpilze leben auf Resten verwesender Pflanzen oder in der Laubstreu und tragen zum endgültigen Abbau von totem Gewebe bei. Eine andere Gruppe, die so genannten Mycorrhizapilze, bilden mit Wurzeln der verschiedensten Baum- und Straucharten, deren Wachstum sie fördern, eine nützliche Lebensgemeinschaft. Die Mycorrhizapilze, zu denen z.B. die Röhrlinge (z.B. Steinpilz) und Täublinge gehören, überziehen die Baumwurzeln handschuhförmig mit einem sehr feinen Gewebe, das mit den Wurzeln vollkommen verwächst. Es übernimmt beim Baum die Funktion der Wurzelhaare und verbessert auf diese Weise die Aufnahme von Wasser und Mineralstoffen. Als Gegenleistung liefert der Baum dem Pilz Zuckerverbindungen, die er für sein Wachstum benötigt. Nur wenige Pilze sind reine Schmarotzerarten, die auf lebenden Pflanzen wachsen und im Forst vor allem dann Schaden anrichten können, wenn z.B. durch Luftverunreinigung gewisse Vorschädigungen bereits vorhanden sind.
Das, was gemein hin als Pilz bezeichnet wird, ist bei genauerem Hinsehen nur sein Fruchtkörper. Der eigentliche Pilz hingegen wächst im Boden, in der Streu oder im Todholz und besteht aus einem weitverzeigten Fadengeflecht, das Mycel genannt wird. Ist die richtige Jahreszeit gekommen und herrschen gewisse Temperaturverhältnisse, so wachsen aus den winzigen Fruchtkörperanlagen am Mycel die meist oberirdischen oder an Stämmen sitzenden, oft schirmförmigen Gebilde, die jeder als Pilz kennt. Diese Fruchtkörper bilden Sporen aus, die der Vermehrung dienen. Sie sind staubförmig klein und werden durch den Wind über große Entfernungen verbreitet. Ein intensives Absammeln der Pilze führt deshalb zu einer Verminderung des Sporenangebots und damit zu einer Reduzierung der in den folgenden Jahren wachsenden Pilzmenge.
Man sollte beim Sammeln für den eigenen Verbrauch einen Teil der Pilzfruchtkörper im Wald stehen lassen, um die Vermehrung und Verbreitung der Pilze durch Sporen nicht zu beeinträchtigen. Um eine Übernutzung zu unterbinden, hat der Gesetzgeber diese Schwierigkeit aufgegriffen und ein gewerbliches Pilzsammeln gesetzlich untersagt (§39 Bundesnaturschutzgesetz). Sammler, die eine größere Menge Pilze aus dem Wald schaffen, müssen mit einer Anzeige und Ordnungsstrafe rechnen.
Wichtig ist, dass man beim Sammeln von Pilzen entsprechende Regeln einhält, um auch in den Folgejahren die natürliche Ressource genießen zu können.
Empfehlungen zum naturverträglichen Sammeln von Pilzen:
Nur so viele Pilze entnehmen, wie man für den eigenen Bedarf tatsächlich benötigt und verzehren kann.
Beim Sammeln für den eigenen Gebrauch immer einen Teil der Pilzfruchtkörper im Wald stehen lassen, um die Vermehrung und Verbreitung der Pilze durch Sporen nicht zu verhindern.
Wichtig ist, dass man Pilze beim Sammeln nicht herausreißt, sondern abschneidet oder vorsichtig herausdreht, um das Fadengeflecht im Boden nicht zu zerstören.
Sammeln Sie nur solche Pilze für den Verzehr, die Sie kennen und von denen Sie sicher wissen, dass sie ungiftig und auch genießbar sind.
In Naturschutzgebieten darf nur entlang der Wege nach Pilzen und Beeren gesucht werden. Betreten Sie nur Flächen, die Sie auch betreten dürfen. Informieren Sie sich vorab über etwa bestehende besondere Schutzvorschriften für das Gebiet, das Sie aufsuchen wollen.
Beachten Sie vor allem, dass viele Arten bereits stark gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht und daher gesetzlich geschützt sind. Nähere Auskünfte erhalten Sie bei der Unteren Landschaftsbehörde der Kreisverwaltung.
Glücklicherweise gedeihen in unserer Region die essbaren Pilze noch in ausreichender Anzahl. Rigorose Sammelverbote, wie sie z.B. aus Österreich oder Norditalien bekannt sind, scheinen (noch) nicht erforderlich zu sein. Dennoch sollte sich jeder Pilzsammler vor Augen halten, dass er dem fein abgestimmten Naturhaushalt etwas entnimmt, wobei ein Zuviel der Entnahme zu Schäden im ökologischen Gleichgewicht führen kann. Mit dem Hintergedanken, dass es sich um etwas Besonderes handelt, schmeckt das ein- oder zweimalige Pilzgericht dann vielleicht umso besser.
Ein essbarer Steinpilz (lat.: Boletus edulis)