wS/sp – Kreuztal-Ferndorf – 19.03.2013 – Handball-Zweitligist TuS Ferndorf wird den zum Saisonende auslaufenden Vertrag mit Trainer Caslav Dincic nicht verlängern. Nach sieben Jahren werden sich die Wege des Vereins und des 52-jährigen Serben trennen. Grund für diese Entscheidung seien nicht die Leistungen der ersten Mannschaft in der laufenden Zweitliga-Saison, sondern langfristige Überlegungen und eine noch stärkere Fokussierung auf die Gesamtstrategie des Vereins, heißt es in einer Pressemitteilung.
Mit Beginn der kommenden Saison habe sich der TuS Ferndorf zum Ziel gesetzt, noch mehr als bisher und vor allem in der ersten Mannschaft auf Spieler aus der eigenen Jugend zu setzen. „Mit Hinblick auf die stetig wachsenden Anforderungen im Handball der 2. oder auch 3. Bundesliga halten wir – sportlich und wirtschaftlich – die konsequente Förderung der eigenen Talente für den richtigen Weg. Damit einhergehend werden wir einen kompletten Schnitt vornehmen und den Wechsel auf der Trainerposition vollziehen“, teilt der Verein mit.
Erik Wudtke neuer Trainer in Ferndorf
Nachfolger als Trainer des TuS Ferndorf wird der 40-jährige Erik Wudtke. Wudtke hat in seiner aktiven Zeit als Handball-Profi für MT Melsungen sowie in der ersten französischen Liga für US Dunkerque gespielt und wurde während seiner Station beim HC Eynatten Belgischer Meister. Nach Trainerstationen bei der Ibbenbürener SV und der SG Hamburg-Nord war der DHB-A-Lizenzinhaber zuletzt Landestrainer beim Hamburger Handball-Verband und auch DHB-Stützpunkt- und Jugendtrainer. „Wir sind davon überzeugt, dass Erik Wudtke seine fachlichen Kenntnisse im Zusammenhang mit seinen Erfahrungen in der Arbeit mit jungen Talenten sowie seine Fähigkeiten als ausgebildeter Sportfachwirt hervorragend für die Ziele des TuS Ferndorf einbringen wird“, heißt es in der Presseerklärung.
Klassenerhalt weiterhin fest im Visier
Mit dem langjährigen Erfolgstrainer Caslav Dincic, der den Sprung von der Regionalliga in die zweite Handball-Bundesliga bewerkstelligte, strebt der TuS Ferndorf bis zum Saisonende den Klassenerhalt in der zweithöchsten Spielklasse an. Die personellen Planungen für die neue Saison laufen bereits. Zu diesem frühen Zeitpunkt ist die Entscheidung über einen Trainerwechsel gefallen. In der 2. Bundesliga stehen für den TuS Ferndorf dennoch schwere Aufgaben bevor: Das Heimspiel gegen den Bergischen HC (Samstag, 23.3.) und die Partie gegen den direkten Konkurrenten Henstedt (30.3.).
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Zu dem Artikel erreichte uns folgender Brief mit der Bitte um Veröffentlichung:
Offener Brief der Brigade C Ferndorf
Seit einigen Tagen gibt es im Umfeld des TuS Ferndorf nur noch ein Gesprächsthema: die für viele Handballinteressierte überraschende Trennung des Vereins von dessen langjährigem Trainer Caslav Dincic. Diese Entscheidung des Vorstandes verbreitete sich Anfang der Woche wie ein Lauffeuer und polarisierte die Anhänger und Fans des Profiteams in einem Maße, wie es lange Zeit keine Nachricht mehr vermochte. Sowohl im Internet als auch in den Printmedien hagelte es Stellungnahmen, die teilweise geprägt waren von einem hohen Maße an Verärgerung und Unverständnis über die Entscheidung des Vorstandes, der sein Handeln mit einer geplanten Neuorientierung begründet, bei der man auch auf der Trainerposition einen Wechsel vornehmen möchte. Mit der sportlichen Leistung der Mannschaft sei der Entschluss nicht korreliert, so die offizielle Notiz des Vereins.
Für Außenstehende mag die ganze Diskussion um diese Personalfrage völlig überzogen erscheinen, ein Trainerwechsel im Profisport ist schließlich nichts Besonderes, aber in Ferndorf liegt die Sachlage anders.
Mit Trainer Caslav Dincic verbindet Ferndorf untrennbar sportlichen Erfolg und eine kontinuierliche Entwicklung über viele Jahre. Niemand wird dies bestreiten können, zu klar sind seine Referenzen. Er führte das Team binnen weniger Jahre aus der Oberliga Westfalen in die zweite Bundesliga, in Gefilde, die dem gesamten Verein bis dato völlig fremd waren. „Warum also die Trennung?“ fragt sich nun jeder und bei der Suche nach einer Antwort schossen sicherlich viele über das Ziel hinaus, indem sie dem Vorstand Unehrlichkeit unterstellten und durch dunkle Zukunftsprognosen die Entscheidung als fatal und die Vorstandsmitglieder als wahnsinnig abstempelten und dadurch unnötig Unruhe gestiftet haben, die Verein und Mannschaft sicherlich nicht gut tun.
In den Tenor dieser Stellungnahmen wollen wir, der Fanclub Brigade C, nicht einstimmen. In den vergangenen Tagen haben wir intern lange, intensiv und kontrovers über die Situation diskutiert und darüber beraten, wie mit der unerwarteten und gänzlich neuen Situation umzugehen ist. Wenngleich auch in eigenen Reihen durchaus unterschiedliche Standpunkte vertreten werden, haben wir uns dazu entschlossen, eine gemeinsam getragene Stellungnahme zu veröffentlichen, in der wir unseren Standpunkt zur Sache erörtern.
Natürlich sind auch wir von der Meldung auf dem falschen Fuß erwischt worden – keiner hatte mit einer derartigen Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt gerechnet. Die letzten Spiele wurden recht erfolgreich absolviert, das sportliche Ziel „Klassenerhalt“ war wieder in Reichweite gerückt – ein denkbar ungünstiges Timing also für eine Bekanntmachung dieser Kragenweite. Dieser unglückliche Zeitpunkt wird sicherlich viele der verständnislosen Wortmeldungen motiviert haben und letztendlich fällt es auch schwer, der offiziellen Begründung des Vereins zu folgen, schließlich lautet das Ziel des Vereins offiziell nach wie vor „Verbleib in der zweiten Liga“.
Allerdings muss eines ganz klar festgehalten werden: Die Entscheidung des Vorstandes mag falsch oder zumindest unklar erscheinen, aber dennoch beruht sie mit Sicherheit auf seriösen und gut durchdachten Überlegungen, welche keineswegs dahin abzielen, das Projekt „zweite Liga“ voreilig zu beenden. Dies wurde uns persönlich von Vereinsseite versichert und ein solches „Selbstmord“-Szenario halten wir auch für ausgeschlossen.
Ein öffentliches Anprangern der Verantwortlichen ist demnach vollkommen fehl am Platze. Darüber hinaus kann niemand, der nicht unmittelbaren Einblick in die Interna des Vorstandes hat, beurteilen, welche Motive ausschlaggebend für den „Schritt weg von Trainer Dincic“ waren. Wilde Spekulationen sind der Sache wenig dienlich und das Verbreiten von Alptraum-Phantasien a la „zurück in die Kreisliga“ zeugen auch eher von Realitätsferne und einer gehörigen Portion Mitteilungstrieb, als dass sie Verein und Mannschaft voran brächten.
Wir wollen uns an solchen Spekulationen nicht beteiligen. Niemand kann vorhersagen, welche Entwicklung der Verein in der Zukunft nehmen wird. Wir alle müssen darauf vertrauen, dass die Entscheidungsträger – die Leitung der Handball-Abteilung und der Vorstand des TuS Ferndorf – den Verein in eine gesicherte Zukunft führen. Dabei muss immer auch Raum und Akzeptanz für Veränderungen bleiben, ansonsten droht Stagnation. Offensichtlich sehen die Verantwortlichen die Notwendigkeit, auch personell einen Schnitt zu machen, um neue Impulse in die Vereinsdynamik zu bringen.
Caslav Dincic wurde nicht gefeuert, sein Vertrag wurde lediglich nicht verlängert. Dies bedeutet also keineswegs, dass man in Ferndorf undankbar wäre oder dass man Caslav seine außerordentlichen fachlichen Qualitäten abspräche. Im Gegenteil: Ganz Handball-Ferndorf wird noch lange an die unfassbar erfolgreichen Jahre zurück denken, die wir alle zu einem großen Teil Caslavs unerschöpflicher Schaffenskraft zu verdanken haben. Er hat die Messlatte sehr hoch gelegt und sein Nachfolger wird sicherlich schwer daran tun, an seine Arbeit anzuknüpfen.
Aber dennoch bedeutet dies nicht, dass der Entschluss, sich von Caslav Dincic zu trennen, falsch ist. Vielleicht wird man erst in einigen Jahren erkennen, welche Richtung der Verein durch diesen Schritt nehmen wird. Jede Veränderung birgt Risiken, aber solche Risiken muss man oftmals in Kauf nehmen, um am Ende erfolgreich zu sein.
Im Augenblick drückt der Schuh des TuS allerdings noch an einer anderen Stelle. Die Diskussion um die Trainerfrage hat beinahe vergessen lassen, dass sich die Mannschaft in einer sportlich extrem aufreibenden, wegweisenden Situation befindet, in der sie Unruhe, die von außen herein getragen wird, absolut nicht gebrauchen kann. Der Klassenerhalt in der zweiten Liga und damit die mittelfristige Perspektive der Mannschaft und des gesamten Vereins sind aktuell völlig offen, losgelöst von der Trainerfrage.
Alle Beteiligten – Vorstand, Spieler, Trainer und Fans – sind sich dabei in einem einig: Der Klassenerhalt ist aktuell das wichtigste Ziel, dem alles andere unterzuordnen ist. Das bedeutet unter anderem, dass es äußerst kontraproduktiv ist, die Diskussion um Caslav Dincic unnötig in den Vordergrund zu bringen. Stattdessen sollte Alles unternommen werden, damit die Mannschaft ungestört von äußeren Einflüssen trainieren und spielen kann.
Für uns, die Brigade C, heißt dies insbesondere: Uneingeschränkte Unterstützung der Mannschaft bei Heim- und Auswärtsspielen. Wir werden versuchen, die politische Situation außen vor zu lassen und unseren Teil beizutragen, damit am Ende der Saison das Klassenziel erreicht wurde oder sich wenigstens niemand den Vorwurf machen muss, nicht alles Menschenmögliche für das Erreichen des sportlichen Solls unternommen zu haben.
Insbesondere möchten wir abschließend an alle Zuschauer des wichtigen Spiels am kommenden Samstag den Appell richten, die Spieler wie gehabt nach besten Kräften zu unterstützen und alle Bedenken und allen Unmut über die T-Frage auszublenden. Die Spieler sind nicht für diese politische Entscheidung verantwortlich und verdienen es demnach nicht, stellvertretend für Abteilungsleitung und Vorstand abgestraft zu werden. Großangelegte Protestaktionen wären der falsche Ansatz.
„Jungs, wir stehen zu euch!“
Brigade C Ferndorf
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