Jobcenter verlangt Abbruch der Ausbildung – Anwaltskanzlei klagt vor Sozialgericht

wS/red – Netphen – Ein bemerkenswerter Fall beschäftigt derweil Rechtsanwälte aus Netphen. Der Grund: Das Jobcenter des Kreises Siegen-Wittgenstein verlangt den Abbruch der Ausbildung einer Auszubildenden der Rechtsanwaltskanzlei. Sie hatte von 2002 bis 2004 eine Ausbildung zur staatlich geprüften Kinderpflegerin absolviert, aber bereits nach Ausbildungsende keine Chance auf eine Arbeitsstelle erhalten. Der Beruf wird trotz Notstandes in den Kindergärten nicht mehr nachgefragt.

Über einen längeren Zeitraum bezog sie Arbeitslosengeld II, besser bekannt als „Hartz IV“. Aus diesem Dilemma wollte sie heraus und bewarb sich lange erfolglos. Zwischendurch wurde sie Mutter eines mittlerweile fünfjährigen Sohnes und arbeitete in verschiedenen ungelernten Tätigkeiten. Das Geld reichte hinten und vorne nicht.

Zweite Chance in Kanzlei

Dann bewarb sie sich in einer Kanzlei, die bereit war, sie zur Rechtsanwaltsfachangestellten auszubilden. Mit Mitte zwanzig entschied sie sich, diese Chance zu nutzen und sich hierfür auch noch in die Berufsschule unter die Jugendlichen zu begeben. Doch die Rechnung wurde ohne das Jobcenter gemacht.

Dieses verweigerte ihr die so genannte „Aufstockung” zum Lebensunterhalt, um für sich und ihren Sohn sorgen zu können. Die Kanzlei stellte für ihre Azubine einen Antrag auf ergänzende Leistungen. Diese wurden trotz direkter Gespräche mit dem Jobcenter abgelehnt.

Wörtlich heißt es in dem Ablehnungsbescheid: „Drohende Konsequenz des Leistungsausschlusses (…) ist es zwar unter Umständen, dass sie die vor kurzem begonnene Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachgehilfin abbrechen muss. Genau dieses Ergebnis ist vom Gesetzgeber aber beabsichtigt und bewusst gewollt. Weitergehende Gesichtspunkte, die auf einen besonderen Härtefall schließen lassen könnten, sind (…) nicht erkennbar.”

Abbruch der Ausbildung als Konsequenz

Weiter heißt es, dass „die Ausbildung nicht die einzige realistische Möglichkeit wäre, einen Zugang zum Erwerbsleben zu schaffen.” Die Azubine hat mehrfach erfolglos versucht, sich anderweitig zu bewerben. Sie hat mit ihrer alten Ausbildung als Kinderpflegerin keine Chance, in ihrem Beruf arbeiten zu können. Sie hätte nur die Möglichkeit, als geringfügig Beschäftigte tätig zu werden.

„Was das Jobcenter unter einer realistischen Möglichkeit versteht, einen Zugang zum Erwerbsleben zu bekommen, bleibt somit unklar“, meint die Kanzlei. Man hat angeboten, dass nach einem Abbruch der Ausbildung die vollen Leistungen gemäß der Grundsicherung der Mandantin zustehen würden. Die Rechtsanwaltskanzlei wird nun für ihre Azubine beim Sozialgericht Dortmund klagen.

Wooden gavel and books on grey backgroundEin Bericht von:

Rechtsanwälte Nierenz & Batz – Rechtsanwalts GmbH

www.kanzlei-nierenz.de

Rechtsanwalt Daniel Nierenz
Im Grunde 1 – 5
57250 Netphen

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