Der Himmel als Foto-Atelier: Motiv-Jagd bei Tempo 300

Stefan Gessners rasanter Job: Siegener Freifall-Kameramann bei den Deutschen Meisterschaften

(wS/si) Siegen. Am Boden Freunde, in der Luft Konkurrenten: Die besten Deutschen Skydiver kreuzen, im übertragenen Sinne, wieder die Klingen. Am Himmel West-Thüringens ermitteln die beschirmten Luftsportler in der kommenden Woche ihre Champions. Daselbst, hoch über Eisenach, gehen in der Zeit von 2. bis 7. September die Deutschen Meisterschaften im Fallschirmspringen über die himmlische Bühne.

2014-08-25_Freifall-Kameramann Stefan Gessner_Foto Skydive Westerwald

Himmlischer Arbeitsplatz in 4000 Metern Höhe: Aufgabe des 27-jährigen bei den Deutschen Meisterschaften ist es, die luftigen Kapriolen seiner Mannschaftskollegen zu dokumentieren.

Mit von der rasanten, temporeichen Partie: der Siegener Stefan Gessner. Der Knabe pflegt ein recht außergewöhnliches Hobby: Er ist Freifallkameramann. Es ist schon nicht jedermanns/-fraus Sache, sich, nur mal eben so, aus einem intakten Flugzeug zu stürzen. Dabei und während des anschließenden freien Falls aber auch noch zu filmen und zu fotografieren, dazu gehört schon viel Erfahrung und Technik. Gessner besitzt beides. Das Atelier des 27-Jährigen ist der Luftraum, rasant schrumpfende 4000 Meter über dem Erdboden. Seine Motive sind nicht statisch, sondern rasen mit bis zu 300 vertikalen Stundenkilometern Mutter Erde entgegen. Selbige in Szene zu setzen und auf Film zu bannen, ist seine Passion. Da bleibt wenig Zeit für Korrekturen und zum Posieren. Und der Export Sales Manager pflegt immer ganz dicht dran an seinen „Models“ zu sein. Kein Null-Acht-Fünfzehn-Job, aber der Mensch wächst schließlich mit und an seinen Aufgaben. Auch wenn das Material, das der umtriebige Himmelssportler mit zu Boden bringt, zunächst einmal ganz profanen Zwecken dient, es ist von wuchtiger Ausdruckskraft; bestechend, authentisch, ungekünstelt – kunstvoll. Es sind Schnappschüsse voller Drive und Leidenschaftlichkeit, spannend, situations-komisch, dramatisch, emotional und mitunter im wahrsten Sinne des Wortes haarsträubend. Auf Sekundenbruchteileverdichtete Momentaufnahmen, die den gesamten ästhetischen Reichtum des Fallschirmspringens visualisieren. Die Sequenzen, die der Mann einfängt, würden jedem rasanten Action-Thriller zur Ehre gereichen. Nur geht es Gessner nicht um Oscars und Grammys, sondern einzig und allein darum, seinen Kameraden eine möglichst günstige Ausgangsposition zu verschaffen. Nicht zuletzt von ihm hängt es nämlich ab, ob die Vereinskollegen beim Championship der Freifaller punkten, oder unter ferner liefen rangieren.

Der Siegener Luftikus, der seit fünf Jahren leidenschaftlich Fallschirmsport betreibt, vertritt die Farben von „Skydive Westerwald“. Dessen Akteure hüpfen im Wechsel auf der „Hub“, einem der bedeutendsten „Dropzones“ im Dreiländereck zwischen Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, und über dem nur wenige Luftkilometer entfernten Siegerlandflughafen aus dem Flugzeug. Die „Lipper Höhe“ zählt seit dem vergangenen Jahr zur zweiten Heimat der Matratzensportler. Zwei Teams haben dieWesterwälder Sportspringer für die Deutschen Meisterschaften nominiert. Beide Wettkampfmannschaften treten in der Disziplin „ArtisticFreefly“ an. Das ist eine noch relativ junge, aber ungemein temporeiche Variante des Fallschirmsportes, die höchste körperliche und psychische Anforderungen an die Athleten stellt.

2014-08-25_Freifall-Kameramann Stefan Gessner_Team_Foto Skydive Westerwald

Flotter Dreier: Freifall-Kameramann Stefan Gessner aus Siegen (Mitte) traniert mit seinen Teamkollegen Chrissi Richter (links) und Sebastian Picard (rechts) in jeder freien Minute für die Deutschen Meisterschaften.

Im Gegensatz zum „normalen“ Fallschirmspringen, beispielsweise zum Formationsspringen, sind die Akteure dabei nicht an eine fixe (horizontale) Fluglage gebunden, sondern können/sollen diese variieren, allerdings nach einem zuvor genau definierten und festgeklopften Muster. Da ist jeder Handgriff, jede Drehung, jede Rotation und jedes Manöver vorgegeben. Die Kunst besteht darin, bei Geschwindigkeiten von bis zu 300 km/h potentiell instabile Positionen wie „Headdown“ (Kopfstand), „Stand-Up“ (Stehen) oder „Sitfly“ (Sitzen) kontrolliert zu fliegen, zu variieren und miteinander zu kombinieren – und das im Zusammenspiel mit dem Partner. Bei einer Absprunghöhe von 4000 Metern bleiben ihnen gerade mal 35 Sekunden Zeit, um ihr Programm abzuspulen. Danach wird „separiert“: Man/frau geht/fliegt in Freundschaft auseinander.

2014-08-25_Freifall-Kameramann Stefan Gessner_DM-Training_Foto Skydive Westerwald

Freeflying aus der Ausstiegsperspektive. Der Kameramann (unten rechts) verlässt das Absetzflugzeug zuerst. Im obliegt es, alle Manöver seines Teams für die Jury visuell aufzubereiten – und das bei Vertikal-Tempo 300.

Beim Freeflying besteht jedes Team aus zwei „Performern“ und einem Kameramann, wobei letzterer alles andere als das fünfte Rad am Wagen ist. Ihm obliegt die lückenlose Dokumentation des High-Speed-Tanzes, auf die sich die Jury später bei der Bewertung stützt. Seine Aufgabe ist es, die einzelnen Phasen des Sprungs seiner Kameraden lückenlos abzubilden. Patzt der Videokollege, können die Kollegen noch so brillant sein, es war für die Katz‘. Film ab!

Stefan Gessner und seine Freunde – das Team tritt unter dem Namen „Vertigo“ an – bereiten sich seit Wochen intensiv auf diesen anspruchsvollen Wettstreit vor und nutzen jede freie Minuten zum Training – am Boden und in der Luft. Neben ihm sind Chrissi Richter (Driedorf-Heiligenborn) und Sebastian Picard (Königswinter) mit im Boot. Toi! Toi! Toi! Und vor allem: Blue Skies!

Fotos: Skydive Westerwald

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