Der Kapitän verlässt die Brücke: Eine polizeiliche Beförderung mit Schwierigkeiten

(wS/ots) Siegen 17.07.2017 | Der Abteilungsleiter der Siegen-Wittgensteiner Polizei, Leitender Polizeidirektor Wilfried Bergmann, und sein Leiter der Siegener Polizeiwache, Hauptkommissar Theis, hatten zusammen klammheimlich einen Plan geschmiedet, um einem ihrer verdienten Beamten jetzt eine schöne Überraschung zu bereiten.

Die beiden leitenden Beamten wollten nämlich noch am späten Mittwochabend höchst selbst auf der Siegener Polizeiwache erscheinen, um dort dann einem ihrer Dienstgruppenleiter seine längst erwartete Beförderungsurkunde persönlich zu überreichen. Und das ganze vor versammelter Mannschaft, sprich im Beisein der kompletten Dienstgruppe.

Das also war der Plan. Würde bestimmt eine schöne Sache werden: Geselliges Beisammensein, nette, freundliche Worte, freudige Gesichter…so dachten die beiden Chefs.

Und dass dann alles ganz anders kam, wer weiß das schon im Voraus. Auch Polizeichefs verfügen über nun mal über keine Glaskugeln….

Das heißt, eigentlich hätten die beiden Strategen es sich auch irgendwie denken können, hatte man beiden doch – als sie selbst noch jung waren – doch immer wieder eingetrichtert, dass nun mal bei der Polizei kein Tag wie der andere ist. Und in über vierzig Dienstjahren, die beide mittlerweile (jeweils!) auf ihrem Buckel hatten, da hatte sich diese Wahrheit doch auch immer wieder bestätigt….

So wurde denn – nachdem die beiden hohen Herren zur Verwunderung ihrer Kollegen zu nächtlicher Stunde auf der Polizeiwache erschienen waren – auch der erste Strich durch ihre Rechnung in Form einer Alarmauslösung gemacht: Aktueller Einbruch in ein Geschäft in Geisweid, Täter flüchtig! Und das heißt für die Polizei : Alle Mann raus – und zwar sofort! Und bereits Sekunden später eilten fünf Streifenwagen mit Blaulicht und Martinshorn gen Geisweid.

Zurück blieben ein Leitender Polizeidirektor, ein Wachleiter – und eine Beförderungsurkunde.

Nachdem dann die Polizeikräfte aus dem Einsatz auf die Wache zurückgekehrt waren, da, so dachten Bergmann und Theis – konnte es nun endlich zur Sache gehen und der zu befördernde Kollege würde endlich statt seiner bisher drei vier silberne Sterne auf seinen Schulterklappen tragen dürfen.

Doch stattdessen gab es erst einmal Radau und Randale im Bereich der Polizeiwache. Ein vorläufig festgenommener 27-jähriger Straftäter drehte vollkommen durch und leistete bei seiner beabsichtigten erkennungsdienstlichen Behandlung massiven Widerstand, indem er wie wild um sich schlug und trat. Das nun ist für die Polizei auch nichts Ungewöhnliches. Nicht jeder ist halt mit polizeilichen Maßnahmen einverstanden. Und dann müssen solche Maßnahmen unter Umständen zwangsweise durchgesetzt werden. In diesem Fall waren allerdings gleich fünf Beamte notwendig, um den wie von Sinnen Rasenden zu bändigen. Darunter – und das wusste sicherlich der 27-Jährige nicht, sonst hätte er es sich vielleicht auch anderes überlegt – war auch zufällig ein junger Polizeioberkommissar, der seines Zeichens immerhin Internationaler (Polizei-)Weltmeister in Selbstverteidigung war…

Doch bereits zum zweiten Mal an diesem Abend waren nunmehr viele Beamte intensiv und anderweitig beschäftigt – und unsere Urkunde wartete noch immer sehnsüchtigst auf ihre Aushändigung.

Durchaus interessant war jedoch die Geschichte, die sich hinter dem festgenommenen 27-Jährigen verbarg. War dieser doch bereits am Dienstag dabei erwischt worden, wie er versucht hatte, bei einem Gebrauchtwagenhandel an der Weidenauer Straße einen Mercedes Benz kurzzuschließen und zu entwenden. Diesmal war der einschlägig bereits bekannte 27-Jährige allerdings dabei in dem Daimler eingeschlafen – und dann von der Polizei festgenommen worden. Und wie sich dann im weiteren Verlauf der Ermittlungen heraus stellte, hatte der Wohnsitzlose den Mercedes auch eigentlich nur deshalb entwenden wollen, um diverse Lebensmittel, die er zuvor bei einem Einbruch in einen benachbarten Imbiss erbeutet hatte, zu seiner armen Mutter zu transportieren. Nun, dieser selbstlose Versuch war ja nun erst einmal gescheitert.

Nachdem der 27-Jährige dann im weiteren Verlauf nach Abschluss der notwendigen polizeilichen Maßnahmen wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen werden konnte, da bewahrheitete sich wieder einmal mehr die altbekannte Polizei-Wahrheit, dass ein Täter immer an der Tatort zurückkehrt. So auch unsere 27-Jähriger, der sich auf direktem Weg noch einmal auf zu dem Mercedes machte, da er darin zwei eigene Kreditkarten versteckt hatte. Und diese wollte er sich nun zurückholen. Immerhin,… sie waren ja sein Eigentum. Dumm nur, dass er dazu zum zweiten Mal in der mittlerweile von dem Gebrauchtwagenhändler gesicherten Mercedes einbrechen musste. Dabei wurde unser Held dann natürlich noch einmal vorläufig festgenommen. Und wieder hieß es für ihn: Zurück ins Polizeigewahrsam. Man möchte fast meinen, es gibt Menschen, die fühlen sich hier wohl. Wobei die nackten, kahlen Wände eines Polizeigewahrsams nun wirklich keine sonderlich wohlige Atmosphäre ausstrahlen….

Apropos, „Ja, das ist doch mein Eigentum“ und apropos unsere beiden Polizeichefs, die am Mittwochabend immer noch unverrichteter Dinge auf der Polizeiwache warteten. Denen fiel nämlich plötzlich in einem Gang ihres Dienstgebäudes eine junge Polizeikommissarin auf, die dort einen Trolley hinter sich her zog.

Und dieser Umstand erregte nun doch das Interesse des Leitenden Polizeidirektors. Ein Trolley gehört nun mal sicher nicht zu den persönlichen oder dienstlichen Ausrüstungsgenständen eines Polizeibeamten bzw. einer Polizeibeamtin. Was also ging hier vor? Befand sich eine seiner Beamtinnen auf einer Reise, von der der Polizeichef nichts wusste? Fragen also, Fragen über Fragen, auf deren Antworten man nun gespannt wartete.

„Ja, da sind meine Sachen drin, die mir im Juni bei einem Einbruch in meine Wohnung entwendet worden sind. Die Kollegen der Kripo hatten die Sachen sichergestellt und sie mir heute wieder ausgehändigt.“ Aha, also ein Einbruch bei einer Polizistin. Da ist natürlich besonders dreist. Aber auch das passiert. Und woher soll ein Einbrecher auch wissen, dass hier oder da ein Ordnungshüter wohnt. Amtliche Polizeisterne und -wappen befinden sich nun mal nur auf Dienstgebäuden. Und nur da trauen Einbrecher sich freiwillig nicht rein…

Tatsächlich waren Einbrecher in der Nacht vom 16. auf den 17. 06.2017 in Geisweid in die Wohnung der Beamtin eingebrochen und hatten dabei neben EC-Karten und Bargeld, diversen Computerteilen, Schmuck, einem Muffinmaker und einem Wecker auch noch mehrere Küchengeräte (darunter einen Toaster) der Beamtin entwendet.

All solche Sachen halt, die man fast notwendigerweise braucht, wenn man beabsichtigt, einen eigenen Hausstand zu begründen oder bestehende Haushalte sinnvoll zu erweitern.

Und eben genau dies hatte eine osteuropäische Einbrecherband im Sinne, die dann allerdings in der Nacht zum 04.07.2017 bei einem Einbruch in eine Weidenauer Apotheke in der Gärtnerstraße von der diesbezüglich alarmierten Polizei „Hopps“ genommen, sprich vorläufig festgenommen werden konnte (wir berichteten). Da das Schicksal aber mitunter durchaus ausgleichende Gerechtigkeit bereithält, war die zuvor bei dem Einbruch geschädigte Polizeikommissarin eine derjenigen Einsatzkräfte, die in der Nacht zum 04.07.2017 an der erfolgreichen Festnahme der Einbrecherbande höchst selbst beteiligt war. Da wusste die junge Beamtin allerdings noch nicht, dass die von ihr Festgenommenen „diejenigen, welche“ waren. Dieser Umstand ergab sich erst im Verlauf der weitern kriminalpolizeilichen Ermittlungen, als man bei Durchsuchungsmaßnahmen bei den festgenommenen Bösewichten unter anderem den bei der Kommissarin entwendeten Toaster sowie sonstige weitere Beweismittel sicherstellen konnte.

Nun, also, endlich! Nachdem sich also auch diese spannende Kriminalgeschichte in Wohlgefallen aufgelöst hatte und dem Polizeichef klar war, was es mit dem Toaster und dem Trolley auf sich hatte, da endlich – die Uhr hatte allerdings bereits nach Mitternacht geschlagen – da kehrte auch auf der Polizeiwache Siegen Ruhe ein. Und, was lange währt, währt endlich gut: Unsere Beförderungsurkunde fand schlussendlich doch noch ihren aufgedruckten Adressaten – und ein Polizeihauptkommissar trägt nun Schulterklappen mit einem Stern mehr auf jeder Seite. Und im Protokoll des Wachhabenden ist kurz und knapp zu lesen: „Dienstgruppenleiter unter Schwierigkeiten vom Polizeichef befördert. 00.13 Uhr: Der „Kapitän“ verlässt die Brücke“.

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