(wS/si) Siegen 22.01.2021 | Wie durch eine ungewöhnliche Maßnahme neues Leben entstehen kann – Trupbacher Heide wird durch einen entmilitarisierten Panzer gepflegt und erhalten
Ende Januar findet auf der Trupbacher Heide ein Panzer-Einsatz statt. Dieser Einsatz soll jedoch die wertvollen Heideflächen nicht zerstören, sondern pflegen und zudem dazu beitragen, den vorhandenen Tier- und Pflanzenarten einen langfristigen Erhalt zu ermöglichen.
Die Trupbacher Heide zwischen Siegen und Freudenberg gilt als „Nationales Naturerbe“, umfasst insgesamt 300 Hektar und steht unter europäischem Schutz. Ihre ökologische Bedeutung verdankt die etwa 100 Hektar große offene Fläche jedoch nicht nur den wertvollen Heideflächen, sondern auch dem großen Artenreichtum, wozu mittlerweile auch zahlreiche gefährdete Arten zählen. „Neben Schmetterlingen wie dem „Argus Bläuling“ und Vögeln wie der seltenen „Heidelerche konnten auch sechs verschiedene Arten von Fledermäusen nachgewiesen werden“, erklärt Prof. Dr. Jasmin Mantilla-Contreras, wissenschaftliche Leiterin der Biologischen Station Siegen-Wittgenstein. Einen ebenso bedeutsamen Lebensraum bieten auch mehrere temporäre Kleingewässer, die besonders wichtig für Amphibien wie Molche und Insekten wie Libellen sind.
Fachleute sprechen bei der Trupbacher Heide von einem „Offenland-Biotopkomplex“, für den regelmäßig besondere Pflegemaßnahmen notwendig sind. Dazu zählen bspw. die Beweidung mit Schafen und Ziegen und das Abbrennen von Teilflächen. Auch eine Maßnahme, die durch einen 30 Tonnen schweren entmilitarisierten Panzer durchgeführt wird, ist alle paar Jahre notwendig. Dieser Panzer besitzt keine Kanone und befindet sich mittlerweile in Privatbesitz. Dass dieser Panzer-Einsatz unverzichtbar ist, darin sind sich sowohl die „Untere Naturschutzbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein“, die „Biologische Station Siegen-Wittgenstein“, die „NRW-Stiftung für Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege“ als auch der „Bundesforstbetrieb Rhein-Weser“ einig.
Die NRW-Stiftung ist seit 2016 Eigentümer der Fläche. Ihr kommt damit für den Erhalt der Fläche eine besondere Bedeutung zu. In Abstimmung mit dem Bundesforstbetrieb findet nun zum zweiten Mal nach 2014 ein solcher Einsatz durch einen „Leopard-Panzer“ statt. Geplant ist dieser für den 27. Januar. „Interessant zu wissen ist, dass die gesamte Heidefläche überhaupt erst durch menschliche Nutzung entstanden ist“, erklärt Prof. Dr. Jasmin Mantilla-Contreras. Dank der militärischen Nutzung des Geländes – durch belgische Streitkräfte bis 1993 – konnten sich die Heideflächen, die heutzutage zu den wertvollsten Naturschutzflächen in ganz NRW zählen, überhaupt erst entwickeln.
Ziel des Panzer-Einsatzes ist folglich eine gezielte Revitalisierung des Geländes. Die Route, die der Panzer fahren soll, wird vor Ort ausgearbeitet. Die genaue Festlegung der Fahrroute ist sehr wichtig, da nicht nur der Ausbreitung der umliegenden Gehölze, sondern auch der regelmäßigen Austrocknung in den Sommer-Tagen entgegen gewirkt werden soll. Die kleinen bestehenden Gewässer werden von Vegetation befreit, die Oberfläche aufgerissen, der Boden verdichtet und die vorhandenen Rinnen weiter vertieft. Größere Tümpel können sich wieder leichter mit Wasser füllen und die Heideflächen können sich besser ausbreiten.
Um den angesiedelten Tieren möglichst wenig Schaden zuzuführen, wurde der Termin des Panzer-Einsatzes extra in einen Wintermonat gelegt, in dem sich die meisten Tiere noch in ihren Winterquartieren befinden. Das unkontrollierte Betreten der Heideflächen durch Besucher außerhalb der markierten Wege ist nach wie vor ausdrücklich untersagt. Denn im Gegensatz zu dem jetzt vorgesehenen, auf einen Tag begrenzten Panzereinsatz, werden durch Besucher häufig in zeitlich engen Abständen Störungen verursacht. Ganz gravierend wirken sich diese Beeinträchtigungen auf brütende Vögel aus. Diese werden oft noch durch frei laufende Hunde intensiviert. „Da die Trupbacher Heide als Naherholungsgebiet gerade bei gutem Wetter teilweise sehr stark frequentiert wird, muss zum Schutz der Arten und Lebensräume auf die Einhaltung des Betretungsverbotes besonders viel Wert gelegt werden“, so Dr. Heinz Meyer, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein. Am Tag des Panzer-Einsatzes kann es für Besucher der Trupbacher Heide zu Einschränkungen kommen. Entsprechende Hinweisschilder werden rechtzeitig angebracht.
Trupbacher Heide wird durch einen entmilitarisierten Panzer gepflegt und erhalten – aufgenommen von: Jürgen Pesch