Neuerscheinung der Geschichtswerkstatt: Siegener Beiträge – Jahrbuch 26 / 2021

(wS/gw) Siegen 25.04.2022 | In diesen Tagen legt die Geschichtswerkstatt Siegen e.V. mit ihrer neuesten Publikation den Jahresband für 2021 vor. Das nunmehr 26. Jahrbuch der Siegener Beiträge erscheint Pandemiebedingt ein wenig verspätet, trotz aller Widrigkeiten hat die Redaktion wieder ein lesenswertes und den Zielen des Vereins verpflichtetes Jahrbuch zusammengestellt.

Die Beiträge der ehrenamtlichen Autoren greifen wieder einmal ein buntes Spektrum von Themen aus der Siegerländer Geschichte auf.

Der Hachenburger Stadtarchivar Dr. Jens Friedhoff, der im vorigen Jahrbuch ausführlich die Geschichte der Siegener Stadtmauer beschrieben hatte, widmet sich in diesem Jahr der Altenkirchener städtischen Befestigung.

Die bisherige geringe Beachtung des Bauwerks dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, dass im Stadtbild nur noch spärliche Reste zu sehen sind. Geschuldet ist dieser Umstand dem schon im 17. und frühen 18. Jahrhundert beklagten Zustand der Verteidigungsanlage, der anders als in Siegen zu einer frühen Entfestigung der Stadt führte. Friedhoffs Beitrag gründet auf Akten des Landeshauptarchivs Koblenz und zeigt neben einer Reihe Fotografien auch eine bisher unveröffentlichte Bauzeichnung des Altenkirchener Bürgerturms.

Christian Brachthäuser vom Stadtarchiv Siegen zeichnet die Bau- und Nutzungsgeschichte des ehemaligen Ballhauses des Unteren Schlosses nach. Das im Zweiten Weltkrieg zerstörte und nicht wiederaufgebaute Nebengebäude der barocken Residenz der reformierten Fürsten zu Nassau-Siegen diente im frühen 18. Jahrhundert nicht – wie die Bezeichnung vielleicht vermuten lässt – als Veranstaltungsort von Tanz- oder Maskenbällen, sondern war anfänglich wohl als vornehme Sportstätte konzipiert.

Nach dem Tod des Erbauers Friedrich Wilhelm Fürst zu Nassau-Siegen (1706-1734) verlor das Untere Schloss allmählich seine Bedeutung als Herrschaftsmittelpunkt. Insofern erscheint es mehr als fraglich, ob die höfische Gesellschaft hier je eine Frühform des Tennis spielte. Ein erhalten gebliebenes Inventar aus dem Jahr 1785 beschreibt jedoch sehr anschaulich die repräsentative Innenausstattung des Ballhauses, dessen Gewölbekeller Ende des 18. Jahrhunderts gewerblich genutzt wurde.

Während der Napoleonischen Kriege vorübergehend in ein Lazarett umfunktioniert, diente es in der „Franzosenzeit“ (1806-1813) als Bühnenstätte für Theateraufführungen, schließlich als Salzdepot und zum Teil als Behördensitz. Der größte Flächenanteil Mitte des 19. Jahrhunderts war aber „unausgebauter Raum“, wie es in den Quellen heißt. Vor der Jahrhundertwende wurde das Ballhaus noch in das pädagogische Konzept der Stadt Siegen integriert.

Nicht nur aus aktuellem Anlass greift der Vorsitzende der Geschichtswerkstatt Dr. Bernd D. Plaum ein medizinhistorisches Thema auf. Im Rahmen staatlich gelenkter Gesundheitsaufklärung kommt es um 1800 in den Dillenburgischen Intelligenz-Nachrichten zu einer publizistischen Kampagne für die Pockenimpfung. Darin findet die Praxis im ehemaligen Fürstentum Nassau-Siegen besondere Beachtung, weil sich hier lokale Ärzte für eine Impfung starkmachten und die Impfpraxis – wie die Ergebnisse zeigen – in der Bevölkerung auf große Zustimmung stieß. Zwang wurde während der oranien-nassauischen Jahre dabei nicht angewandt.

In den nachfolgenden Jahren unter französischer Herrschaft war der Druck zur Impfung deutlich stärker ausgeprägt. Eine fehlende Impfung war z.B. beim bevorstehenden Berufseintritt mit Nachteilen verbunden. Die damals schon vorhandenen Impfskeptiker und Impfgegner brachten religiöse und medizinische Motive zur Begründung ihrer ablehnenden Haltung vor.

Um 1840 entsteht in der Kombination von Gasthaus und Badeanstalt etwas gänzlich Neues im Siegerland. Tilmann Jakob Jüngst fügte dem zuvor erworbenen Gasthaus in Fickenhütten eine am Hammergraben gelegene Badeanstalt bei. Er, wie seine Frau und die überlebenden Kinder, machen den verkehrsgünstig gelegenen Gasthof zu einem zentralen Punkt der Kommunikation im Siegerland. Hier trafen sich nicht nur die örtlichen Honoratioren oder nächtigen Durchreisende, hier fanden auch Tanzveranstaltungen und öffentliche Feiern statt, hier versammelten sich Lehrer und die Siegerländer Gewerken, und hier wurden während der Revolution 1848/49 hitzige politische Debatten geführt.

Darüber hinaus bot die Badeanstalt vor allem für das städtische und ländliche Bürgertum attraktive Angebote, um den neuen Leitmaximen wie Sauberkeit und Reinlichkeit nachzukommen, das eigene Wohlbefinden zu pflegen und die eigene Gesundheit zu befördern. Ein Beitrag ebenfalls von Dr. Bernd D. Plaum.

Zwei Selbstzeugnisse aus dem Unternehmen – ein kursorischer Überblick zur Firmengeschichte und die Rede anlässlich der Geschäftsübergabe an die nachfolgende Generation 1969 – bieten sowohl erste Eckdaten zur Unternehmensgeschichte als auch zur Mentalität der langjährigen Geschäftsführer.

Sie stehen damit exemplarisch für eine Vielzahl von Führungskräften in den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Region.
1807 gerät das oranien-nassauische Fürstentum Siegen unter französische Herrschaft und wird dem Großherzogtum Berg einverleibt. Die neuen Machthaber wollen natürlich alles über das neue Territorium wissen, beispielsweise wie ist die Verwaltung gegliedert, wer sind dort die handelnden Personen, welche Schulen, welche Straßen gibt es, was wird in der Landwirtschaft angebaut. Alle diese und noch mehr Fragen werden in einer zeitgenössischen Quellenwidergabe beantwortet, die eine komplette, detail- und aufschlussreiche
Beschreibung des Siegerlandes am Beginn des 19.Jahrhunderts liefert.

In einem ausführlichen Nachruf wird dem langjährigen Stadtarchivar von Siegen und Mitglied der Geschichtswerkstatt Friedhelm Menk gedacht. Rezensionen zu regionalhistorischen
Publikationen schließen das Jahrbuch ab.

Das neue Jahrbuch ist ab sofort im Buchhandel sowie auch in der wirSiegen-Redaktion in Kreuztal – Marburger Straße 17 zum Preis von 15,00 € erhältlich.

Erhältlich in allen Buchhandlungen; Bestellungen über die Homepage der Geschichtswerkstatt Siegen e.V.: geschichtswerkstatt-siegen.de

In der wirSiegen-Redaktion in Kreuztal – Marburger Straße 17 zum Preis von 15,00 € erhältlich

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