(wS/red) Ferndorf/Gummersbach 19.11.2022 | Mit stark dezimierten Kader hat der TuS Ferndorf den VfL Gummersbach in einem weiteren Krimi besiegt und die Tabellenführung verteidigt
TuS Ferndorf gegen VfL Gummersbach II 30:29 (17:15)
Was man mit einem „Schrumpfkader“ alles erreichen kann, haben Robert Andersson und seine Jungs eindrucksvoll bewiesen. Im gestrigen Spiel gegen den Tabellenvierten VfL Gummersbach II haben sie mit einer starken Leistung und einem wieder einmal gut aufgelegten Lucas Puhl im Kasten einen wichtigen Sieg errungen.
Ausgerechnet der Gummersbacher Julius Fanger, ausgestattet mit Zweitspielrecht beim TuS Ferndorf, wird nach 59:51 Siebenmeterreif gefoult und der eigentlich verletzte Marvin Mundus verwandelt eiskalt zum Ferndorfer Sieg, der VfL kam noch zu einem Gegenzug, aber auch den wehrte Puhl, Puhl, Puh…ab. Zu Marvin Mundus, im Interview erklärte er uns, er habe fast nicht spielen können, da er einen Bänderriss im Fuß (Innenband) habe, er sei aber getapt und deswegen klappte es doch. Inwieweit das Auswirkungen auf das Auswärtsspiel nächste Woche in Saarlouis haben wird muss abgewartet werden.
An der Tabellenspitze bleibt es eng, Hanau jagt derzeit die Ferndorfer und hätte sie gerne auf den 2. Tabellenplatz verdrängt. Bei einem hohen Sieg mit über 12 Toren in Pohlheim und einer gleichzeitigen Niederlage des TuS wäre Hanau auch auf Platz 1 gewesen und obwohl Pohlheim schon mit 5 Buden vorne lag, haben sie es nicht geschafft, so bleiben die Hanauer weiterhin der direkte Verfolger der Ferndorfer.
In der WDR-Lokalzeit Studio Siegen werden immer wieder reizvolle Ziele vorgestellt, besucht und unter dem Motto „da musste hin“ beworben.
Aufkleber mit diesem Slogan könnte man auch an alle Eingangstüren der Heimspielstätte des TuS Ferndorf kleben. Denn was da in dieser Saison an Spannung, Dramatik und Spielwitz auf teils hohem Niveau präsentiert wird, ist schon nicht „von schlechten Eltern“. Alle 1162 Zuschauer, die gestern für einen Zuschauerrekord gesorgt haben, werden begeistert gewesen sein und diejenigen, die gestern vielleicht zum ersten mal Stählerwiese-Duft geschnuppert haben, werden sich auch sagen „da musste hin“ und der eine oder andere wird seinen Samstagabend künftig für den Hexenkessel reservieren.
Die Ferndorfer sahen sich von einem ganz starken VfL Gummersbach gefordert und mussten an ihre Reserven gehen um ihnen Paroli bieten zu können. Verschnaufpausen gab es keine, es war ein extrem schnelles Spiel und deswegen gab es auch Fehler auf beiden Seiten. Die erste Halbzeit war allerdings auch geprägt von einigen sehr fragwürdigen Entscheidungen der Schiris, deren Krönung insgesamt 7 Siebenmeter gegen den TuS waren. Das ist nicht unsere alleinige Meinung, das sahen die Zuschauer, der Trainer und die Ersatzbank ebenso. Auf der anderen Seite gab es Situationen, wo wir einen Siebenmeter für Ferndorf erwartet hätten der dann aber ausblieb, lautstarke Beschwerden vom sonst ruhigen Robert Andersson darüber wurden mit der GELBEN KARTE quittiert. Es war trotzdem die bessere der 2 Halbzeiten für die Gastgeber.
Machten die starken Gummersbacher Roberts Jungs das leben schwer, so war es in der 2. HZ auch noch der eingewechselte 17-jährige Keeper Oskar Knudsen, er gehört zum Team des Erstligisten der Oberbergischen. Er ist so grade wieder fit und spielt noch mit einer Schutzbrille und das hat folgenden Grund: Im August bekam er einen Ball voll ins Gesicht und aufs Auge, zog sich einen Netzhautriss und eine Netzhautablösung zu und musste seitdem pausieren. Der „Junge“ war richtig gut und das schon in diesem Alter, auffallend war bei ihm, dass er in etlichen Sitationen weit vor seinem Kasten stand und dadurch das Tor optisch verkleinerte.
Wer in diesem kraftraubenden und teils hitzigem Match der letztliche Bessere war, lässt sich gar nicht so einfach festlegen. Es sind sicherlich die von Robert Andersson schon so oft zitierten Kleinigkeiten, die dieses Spiel zugunsten der Siegerländer entschieden haben. Überraschend war der starke Auftritt von Julius Fanger, man wusste im Vorfeld ja nicht, wie es für ihn gegen sein eigenes Team sein würde, würden ihm die Nerven einen Streich spielen oder kommt das „jetzt erst recht“. Aber er zog das Ding voll durch, er spielte für den TuS und das knallhart. Gut, nicht alle Bälle erreichten das Ziel, aber wenn dann schon mal ein Siebenmeter dafür rausspringt, ist das in Ordnung. Ferndorf war vielleicht das Team, denen zum Ende hin das Glück hold war, der VfL wird es verschmerzen können/müssen, denn als Teilnehmer der Aufstiegsrunde kommen sie ja wegen der Regularien eh nicht in Frage.
Die Abwehr war nicht voll auf der Höhe, das traf aber auf beide Seiten zu, es war ein Spiel zweier gleich starker Mannschaften, in der es keiner schaffte, sich richtig abzusetzen. Bis auf eine Phase ab der 15. Minute, Marvin Mundus per Siebenmeter gefolgt von Julius Fanger und Fabian Hecker und es stand 3 Minuten später 10:6. Dieser 4-Tore-Vorsprung war aber nicht von großer Dauer, 4 Minuten später hieß es nur noch 11:9 und nun kamen die Wechselspielchen, die die 1. Halbzeit mit dem 17:15 beendeten.
Auffallend waren in der 1.HZ die 4 Tore vom verletzten Marvin Mundus, weitere 9 Treffer teilten sich Mattis Michel, Jörn Persson und Fabian Hecker, nicht zu vergessen die 6 Paraden von Lucas Puhl. Als Ersatzkeeper stand Jan-Niklas Broszinski am Spielplan, er stand bei 2 Siebenmetern im Kasten, einmal in der 23. Minute und einmal in der 30. Minute, diesen Siebenmeter konnte er auch erfolgreich abwehren.
Zu Beginn der 2. Halbzeit waren Roberts Jungs noch nicht ganz bei der Sache, Fabian Heckers Wurf wird abgewehrt und innerhalb von 102 Sekunden erzielten 2 mal Philip Würz und 1 mal Moritz Köster das 17:18. Der VfL mit seinen großen und schnellen Spielern machte Ferndorf weiterhin das Spiel schwer. Wenn Ferndorf dann mal gut kombinierte, in die Breite spielte und die VfL-Abwehr auseinander zog, stand da der 17-jährige Nachwuchskeeper des Erstligisten vom VfL Gummersbach vor ihnen und sehr oft war dann die Endstation erreicht, an diesem Oskar Knudsen werden sich noch viele Teams die Zähne ausbeissen.
Ferndorf ließ sich aber ebensowenig abhängen, nach Robert Anderssons Auszeit nach gespielten 39:09 und einem Spielstand von 20:22 glich der TuS durch Mattis Michel und einem heute wiederholt gut spielenden Fabian Hecker zum 22:22 aus. Sehenswert waren die Vorlagen zu Mattis Michel an den Kreis, 7 mal netzte er mit teils spektakulären Flugeinlagen ein, ein Tor schöner als das andere.
Nach 2 weiteren Gästetoren riss es die Ferndorfer Fans von den Sitzen, denn innerhalb von 32 Sekunden fing Lucas Puhl den Ball zwei mal ab, spielte nach vorne und 2 mal hintereinander schnappte sich Julius Fanger das Ding und haute es ins leere Gummersbacher Tor.
Zum Schluss hin nahm die Dramatik zu, es war die Zeit, in der Lucas Puhl immer wieder an die schnellen Dinger der Oberbergischen ran kam, er hielt den TuS im Spiel, so ging es über ein 24:24 und 25:25, dann hielt Puhl einen Siebenmeter und Julius Fanger knallte das Spielgerät an die Querlatte, weiter ging es, 26:26, 27:27 und 28:28 in der 56. Minute. Ferndorfer Handballfans bekamen hier einen erhöhten Pulsschlag, zumal Mattis Michel auch die 3 letzten Tore erzielt hatte.
In der 57. Minute erzielt der „Gummersbacher Jung“ Julius Fanger das 29:28 unter dem Beifall der weit über 1000 Fans, die sich schon lange klatschend von ihren Sitzen erhoben hatten. Linus Michel versemmelte noch einen Ball und der VfL glich aus, es stand in der 60. Minute 29:29 und Puhl wehrte wieder einen Gummersbacher Wurf ab. Nun nahm Robert Andersson seine letzte Auszeit (59:34), danach stürmte Ferndorf nach vorne und wie schon Eingangs beschrieben wurde Julius Fanger gefoult, es gab Siebenmeter, Marvin Mundus verwandelte und den letzten VfL-Angriff wehrte Lucas Puhl ab, Ferndorf gewinnt dieses hochdramatische Spiel mit 30:29 und bleibt weiterhin Tabellenführer.
Fazit: Es sind und bleiben Kleinigkeiten, die ein Spiel entscheiden können, ob nun Lucas Puhl die Finger ein paar mal mehr am Ball hatte, ob Julius Fanger seinen Jungs mal zeigte, was er kann oder ob Marvin Mundus beim letzten Siebenmeter die Nerven behielt. Ferndorf hat gepunktet und nur das zählt und Ferndorf hat mit diesem Spiel und der sehr vollen Halle wieder ein paar NEUE von diesem wunderbaren Sport begeistert.
Unser Mann des Spiels war diesmal Julius Fanger, er sah zwar nach eigenen Aussagen noch etliche Fehler in seinem Spiel, aber er machte auch seinen Gummersbacher „Kumpels“ das Leben ganz schön schwer und 6 Tore unterstreichen das eindrucksvoll.
DATEN:
Lucas Puhl 16 Paraden, Jan-Niklas Broszinski 1 Parade
Torschützen:
Mattis Michel und Marvin Mundus je 7
Julius Fanger 6 Tore
Fabian Hecker und Mattis Michel je 4
Gabriel da Rocha Viana und Valentino Duvancic je 1
Bericht: petro
Bilder: Peter Trojak
Stimmen zum Spiel:
Co-Trainer Jannis Michel
Wir haben schon damit gerechnet, dass das ein sehr enges Spiel wird, da wir ja personell momentan ziemlich angeschlagen sind und die Spieler aus Gummersbach alle sehr gut ausgebildet sind. Wir hatten Probleme in der Abwehr und haben unsere Höhe nicht gefunden, was auch die zahlreichen 7m gegen uns zur Folge hatte. Vorne haben wir viele gute Entscheidungen getroffen und haben uns viele freie Chancen erarbeitet, sind aber zu oft an Knudsen gescheitert. Bis auf unser Überzahlspiel können wir mit der Angriffsleistung zufrieden sein.
Julius Fanger
Es war auf beiden Seiten ein sehr wildes Spiel mit vielen Fehlern, hohem Tempo und einigen komischen Entscheidungen. Wenn man bedenkt, wer bei uns alles gefehlt hat, haben wir ein gutes Spiel gemacht. Aber für uns ist es wichtig, dass jetzt nach und nach die Stammkräfte wieder zurückkommen.
Niklas Diebel
Ich fand, es war ein sehr schnelles Spiel. Wir hätten etwas besser verteidigen müssen, hatten aber in der zweiten Hälfte Lucas Puhl, der uns einige Bälle gehalten hat! Vorne haben wir gute Lösungen gefunden, abgesehen von der Überzahl.
Marvin Mundus
Das Spiel ist im Verlauf gekippt und wir haben das Quäntchen Glück gehabt. In der entscheidenden Phase haben wir zu viel einfache technische Fehler gehabt und auf der anderen Seite hält dann Puhl den Ball und mit dem entscheidenden Siebenmeter haben wir glücklich gewonnen. Auf die Frage, wie er einen Siebenmeter angeht sagte er: Ich weiß selber nicht, wo ich hinwerfe, ich warte auf den Pfiff des Schiris und werfe einfach“ Es ist natürlich schön, wenn man so gewinnt.