(wS/si) Siegen 27.10.2023 | „Ist meine Oma jetzt etwa radioaktiv?“, fragt Tabitha aus der 9d der Bertha-von-Suttner Gesamtschule in Siegen. Sie ist besorgt, weil ihre Oma raucht. Den ganzen Vormittag besucht sie zusammen mit ihren Mitschülerinnen- und Mitschülern den Präventionsparcours „Sucht-Pott“ des Gesundheitsamtes des Kreises Siegen-Wittgenstein. Eine der Stationen befasst sich ausschließlich mit Zigaretten.
Dass Rauchen ungesund und Drogenkonsum gefährlich ist, wusste Tabitha schon vorher. Dass Zigaretten- und Shishatabak aber auch das radioaktive Polonium 210 enthält, wusste sie nicht. Auch Magnesium, damit der Rauch angenehm weiß aussieht oder Lakritz um den Geschmack zu versüßen, wird dem Tabak beigemischt.
Die Gefahren von Suchtmitteln werden häufig verschleiert und von Konsumentinnen und Konsumenten unterschätzt. Außerdem ist das Sprechen über Sucht häufig noch ein Tabu, obwohl das Thema allgegenwärtig ist. Nicht nur in Filmen oder Serien, sondern auch in der Realität werden Kinder und Jugendliche mit verschiedenen Suchtmitteln konfrontiert. Jedes vierte bis fünfte Kind in Deutschland hat mindestens ein suchtkrankes Elternteil. Das Team der Beratungsdienste des Gesundheitsamtes besucht deshalb das ganze Jahr über Siegen-Wittgensteins Schulen und nimmt sich dem Thema Sucht an – vertraulich und auf Augenhöhe.
„Wir sind nicht hier um den Zeigefinger zu heben und den Schülerinnen und Schülern zu sagen ‚Lasst das Shisharauchen bleiben und hört besser auf zu kiffen, denn das ist ungesund‘“, erklärt Shaya Sthapit, Sozialarbeiterin beim Gesundheitsamt und ergänzt: „Uns geht es nicht darum ein Verhalten zu bewerten, sondern wir wollen auf die möglichen Risiken von Konsum aufmerksam machen. Alles, was eine gewünschte Wirkung erzeugt, wie Sport, Essen oder Shoppen, hat ein Suchtpotential.“ Beim Sucht-Pott durchlaufen die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen einen Parcours bestehend aus fünf Stationen mit jeweils verschiedenen Schwerpunkten und Aufgaben. An jeder Station können die Teams Punkte sammeln.
Eine der Sucht-Pott-Stationen befasst sich ausschließlich mit Medien und wird an diesem Tag von Moritz betreut. Er ist 24 Jahre alt und studiert Soziale Arbeit an der Uni Siegen. Seit Anfang 2022 unterstützt er das Team des Gesundheitsamtes. „Instagram, Snapchat und TikTok: Mindestens eines dieser drei Sozialen Netzwerke sind Pflicht bei vielen Jugendlichen und ihr Konsum nimmt viel Zeit in Anspruch“, erklärt der Student. „Auf Social Media vergleicht ihr euch täglich mit der ganzen Welt und das kann schnell das Selbstwertgefühl runterziehen“, erzählt Moritz den Schülerinnen und Schülern. Spätestens dann, wenn die physische und seelische Gesundheit Schaden nimmt, ist es Zeit den eigenen Konsum zu reduzieren.
Als Moritz fragt, ob es für die Gruppe denkbar wäre, ein Wochenende auf ihr Handy zu verzichten, kommen einige ins Schwitzen. Für Silvan aus der 9d wäre das kein Problem. „Wenn ich am Wochenende eine Mountainbike-Tour mache, habe ich gar keine Zeit andauernd am Handy zu sein“, sagt er. Für andere aus der Gruppe ist der Verzicht schwieriger. In vielen persönlichen Gesprächen wird an dieser Station der Medienkonsum der Schüler reflektiert und gemeinsam nach Alternativen zum Konsum gesucht. Nach 20 Minuten geht es weiter zur nächsten Station.
Für Schulen des Kreises Siegen-Wittgenstein ist dieses Angebot kostenlos. Anfragen nimmt Shaya Sthapit telefonisch unter 0271 333 2717 oder per Mail an s.sthapit@siegen-wittgenstein.de entgegen.
Fotos: Kreis Siegen-Wittgenstein