„Licht und Schatten“ – Ein außergewöhnliches Konzert des Kreuztaler Blasorchesters überrascht mit musikalischen Kontrasten

(wS/hgm) Kreuztal 19.11.2024 | Also dass das Blasorchester der Stadt Kreuztal seit jeher bei seinen Konzerten immer wieder mit Überraschungen aufwartet, ist bekannt und nichts neues. Doch mit dem Konzert unter dem Motto „Licht und Schatten“, das am vergangenen Sonntagnachmittag in der Aula der Gesamtschule Kreuztal stattfand, lieferte es eine echte Steilvorlage. Nur schade, dass sich die Anzahl der Besucher mit etwa 200 Zuhörer/innen in Grenzen hielt, lagen doch die Zahlen, als diese Konzerte noch in der schon lange abgebrannten Stadthalle stattfanden, um mehrfaches höher.

Zurückzuführen mag dies auch darauf, dass gegenwärtig viele Konzerte stattfinden – manche auch parallel zu gleichen Zeiten, und da ist die Luft einfach raus. Zudem ist es für manche auch eine Kostenfrage. Egal nun – wer gekommen war, erlebte diesmal eine Musik, die sich total von dem abhob, was man sonst von einem Blasorchester erwartet. In Tobias van de Locht, der aus dem Rheinland stammt und den Taktstock von Benjamin Schneider übernommen hat, verfügt das Orchester wieder über einen versierten Dirigenten. Auch das Jugendorchester, unter der Leitung von Franziska Neumann, war wieder mit von der Partie.
In der Tat: Es gab ein quasi „zwielichtiges“ Repertoire zu hören, bei dem die Zuhörerschaft mit recht unterschiedlichen, mitunter gegensätzlich und (scheinbar) disharmonisch klingenden Stilrichtungen überrascht wurde. Dabei fochten die Instrumente untereinander einen regelrechten Kampf aus und schienen sich gegenseitig zu erschlagen, was aber seitens der Komponisten und Arrangeure so gewollt war.

Hinzu kam noch ein besonderes Bonbon: Nämlich die Tuba – als Instrument des Jahres. Dazu hatte man als Konzertpartner Daniel Ridder (Tubist beim Musikkorps der Bundeswehr in Siegburg) eingeladen, auch Dirigent des Siegener Blasorchesters, der dieses wuchtige Instrument meisterhaft beherrscht und viele ob dessen Möglichkeiten staunen ließ.

Nicht nur die Musizierenden, auch das Publikum war zunächst ein wenig gefordert. Denn es gab kein gedrucktes Programm, das wegen einer organisatorischen Panne beim Druck zum Konzert nicht zur Verfügung stand und per ausgelegtem Barcode aus dem Internet heruntergeladen werden musste. Hoffentlich hatten alle ein Smartphone dabei; die Titel wurden allerdings per Beamer auf eine große Leinwand projeziert.
Den Auftakt machten die Kreuztaler mit dem „Supermann March“. UndSupermänner- und Frauen sind die Musizierenden in der Tat. Saubere Einsätze und Rhythmik prägten bereits dieses erste Stück; anschließend begrüßte Vorsitzender Mike Krombach das Publikum, darunter den stellvertretenden Bürgermeister von Kreuztal, Dieter Gebauer, und den langjährigen Ehrenvorsitzenden Werner Becker.

Gewaltig und regelrecht furios danach der Vortrag „Die Planeten“, von Gustav Holdt. In den beiden Parts „Mars“ und „Venus“ konnte man quasi eine „Rauferei“ der einzelnen Instrumente untereinander heraushören; gilt doch Mars als der Kriegsgott und Venus die Liebesgöttin.

Es handelt sich um eine spätromantische Programmmusik, deren Charakter später großen Einfluss auf die Filmmusik ausübte und deren unmittelbare Wirkung auf den Zuhörer vor allem durch die monumentalen Klangeffekte und dem Reichtum an Klangfarben des Orchesters entsteht.
Von ähnlicher Struktur offerierte sich die nächste Komposition: Captain Future, von Christian Bruhn. Hierbei handelt es sich um eine US-amerikanische Pulp- Serie von Edmond Hamilton, die von 1940 bis 1944 erschien. Sie wurde in Europa vor allem durch die Captain-Future-Anime-Serie bekannt, die Anfang der 1980er Jahre im Fernsehen ausgestrahlt wurde. In dieser sinfonischen Suite wurden Szenen wie „Joan“, „Feinde greifen an“ bis hin zu „Hurra, wir fliegen“ musikalisch in lebendige Realität umgesetzt. Heraushörbare Dissonanzen sind hier gewollt und verkörpern verschiedene Charaktere.

Nach diesem denkwürdigen Vortrag fetzte Daniel Ridder in dem Werk „Tuba Concerto“ auf seiner Tuba los. Es ist enorm, welche Tonumfänge und Oktavbereiche, die scheinbar widersinnig auch die einer Trompete erreichten, der Musik-Profi bewältigt.

Damit war der erste Teil des Konzertes vorüber, und es ging in längere Pause,während der auch Tonträger von Daniel Ridder zu erhalten waren.

Nach der Pause präsentierte sich zunächst das Jugendorchester, unter Franziska Neumann auf der Bühne. Sehr erstaunlich, was der Nachwuchs schon kann: „Salvation is created“, war schon ein recht schwerer Titel, etwas leichtere Kost boten die jungen Künstler/innen mit „Memory aus CATS“. Als dritten und letzten Titel bekam das Publikum von den jungen Musikanten die „Jupiter Hymne“ aus ‚die Planeten‘ zu hören, die ebenso aus der Feder von Gustav Holt, stammen. Nein, dem Nachwuchs wurde wirklich nichts geschenkt!

Nun waren die „großen Musikanten“ wieder an der Reihe und präsentierten die Uraufführung von „Licht und Schatten“, von dem noch jungen Musikanten Raphael Bertges – dem Motto des Herbstkonzertes. Dabei wurde spieltechnisch alles ausgereizt, was irgendwie ging, und es kam an einer Stelle zu einer Situation, die sich niemand wünscht: Das Orchester geriet etwas auseinander; Tobias von de Locht musste abwinken und den Part neu ansetzen. Doch dann klappte es hervorragend, was sich auch im enormen Applaus des Publikums widerspiegelte. Regelrecht (bewusst) durcheinander ging es später in „Sodom und Gomorrha (Marsch +Hochzeit)“. Letztes Stück des sehr diffizilen Konzertes: „Don Camillo und Peppone“. Die beiden Männer sind die Hauptfiguren vieler Erzählungen und mehrerer Romane von  Giovannino Guareschi  und einiger Spielfilme. Sie skizzieren das ländliche Italien kurz nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1960er Jahre – den Zwiespalt zwischen tradierten Werten, gesellschaftlicher Aufbruchsstimmung und politischer Rivalität im Klima des Kalten Krieges.

Klar, dass bei so viel Virtuosität der Beifall nicht enden wollte. Und so wurde als Zugabe des Konzertes, bei dem es kaum noch Luft nach oben gab, der „Helenen-Marsch“, als quasi leichte Kost, angestimmt. Und wem bis dahin nicht bekannt war, was mit Blasmusik so alles möglich ist, der wusste es spätestens nach diesem einzigartigen Konzert …


Text und Fotos: Hans-Gerhard Maiwald

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