(wS/hgm) Netphen 03.01.2025 | Ein außergewöhnliches Weihnachtskonzert in Netophen
Es ist Sonntag, der 29. Dezember 2024. Die Pfarrkirche St. Martin in Netphen ist total ausverkauft. Die Musikerinnen und Musiker des Musikzuges der Freiwilligen Feuerwehr Netphen, die vor dem Altar kaum Platz finden, sitzen auf ihren Plätzen. Knisternde Spannung liegt in der Luft, als die Kirchturmuhr um 16.30 Uhr die halbe Stunde ankündigt. Alles sieht gebannt nach vorne, als sich die Stimmführerin mit ihrer Klarinette vom Platz erhebt und den Referenzton für die anderen Musikinstrumente abgibt. Es ist wichtig zu wissen, dass u. a. Klarinetten, Oboen, Flöten, Trompeten und Hörner eine Feinabstimmung besitzen, damit die Tonarten präzise übereinstimmen. Die Stimmführerin nickt und nimmt wieder Platz.
Danach tritt Stefan Hees, der Dirigent des Musikzuges, vor seine Truppe, auf den Lippen ein Lächeln. Ruhig erhebt er seine Hände mit dem Taktstock, die für einige Sekunden regelrecht schweben. Er nickt kurz und senkt die Hände zum ersten Takt. Hees ist ohne Zweifel ein Phänomen. Als Dirigent hat er nicht nur die notwendige persönliche Ausstrahlung, sondern er verfügt auch über ein außergewöhnliches Charisma, das dem studierten Musiker viel Sympathie nicht nur seitens seiner Musikanten einbringt. Er hat es einfach drauf, seine Truppe zu Höchstleistungen zu motivieren und dabei dennoch Mensch und Kamerad zu sein.
Mit dem ersten Titel „A Festival Prelude“, der bereits eine Kostprobe des außergewöhnlichen Könnens des Musikzuges war, wurde das Weihnachtskonzert zum Jahresausklang 2024 quasi wieder aufgenommen, fand es doch letztmalig in 2019 statt. Dann kam die Corona-Zeit und auf viele Auftritte musste verzichtet werden. Auch wenn der Musikzug Netphen mit zu den Laienorchestern zählt, agiert er dennoch auf Profi-Ebene.
Die Begrüßung erfolgte durch die 1. Vorsitzende Alexandra Weth, die seitens der Politik Netphens Bürgermeister Paul Wagener sowie die Ortsbürgermeisterin Dorothee Spies (die selbst im Musikzug mitspielt) willkommen hieß. Als Gäste aus den Reihen der Feuerwehr wurden begrüßt: Sebastian Reh, Leiter der Feuerwehr Netphen, Jörg Otter, stellv. Leiter der Feuerwehr Netphen, Manuel Heinelt, stellv. Löschzugführer Netphen, sowie Thomas Tremmel, Kreisbrandmeister. Gekommen war unter den Ehrengästen auch Walter Sidenstein, der frühere langjährige Dirigent des Musikzuges. Ein Grußwort sprach auch Vikar Patrick Kaesberg. Durch das Programm führten die beiden Musikerinnen Lia Fischer und Celine Hoffmann.
Gleich danach war das Publikum bei „Kommet ihr Hirten“ herzlich zum Mitsingen eingeladen. Auch das bekam Dirigent Stefan Hees bestens in die Reihe, bei ihm sitzt jeder Einsatz. Präzise im Vortrag die Titel „Sheltering Sky“ sowie „In The Winter of 1730 A River´s Journey“. Besonders im Holzsatz ist der Musikzug Netphen sehr gut besetzt, was zu einem warmen Klangbild beiträgt. Viel Tiefsinnigkeit offerierte der Musikzug mit der kleinen Adventsfantasie „Mentis“, welche die beiden Melodien „Maria durch ein Dornwald ging“ sowie „Macht hoch die Tür“ enthält und jeweils durch ihre Schlichtheit und Tiefe überzeugte.
„Nessaja“, ist das bekannte Lied von Peter Maffay aus dem Konzeptalbum „Tabaluga oder die Reise zur Vernunft“ aus dem Jahre 1983 in einer Bearbeitung für Blasorchester von Kurt Gäble. Das Lied stellt auf dem Album die letzte Station des Drachen Tabaluga dar, bei der er der Schildkröte Nessaja begegnet. Hier war das Publikum eingeladen, sich von dieser Musik verzaubern zu lassen, was auch regelrecht der Fall war. Fast konnte man eine Stecknadel fallen hören. Mit den Liedern „Tochter Zion“ sowie „Stille Hoffnung“ ging der erste Block des Konzertes zu Ende.
Nahtlos schloss sich der zweite Block des Konzertes an, wozu bei „Alle Jahre wieder“ das Publikum erneut zum Mitsingen eingeladen war. Die Zuhörerschaft so in ein Konzert mit einzubeziehen, ist immer eine menschliche Geste, die stets gut ankommt.
Es folgte „Gabriels Oboe“ – das vielfach ausgezeichnete und oft adaptierte Hauptthema aus dem Film Die Mission (engl. Original The Mission) von 1986 mit Robert De Niro, Jeremy Irons und Liam Neeson unter der Regie von Roland Joffé. Im Anschluss daran interpretierte der Musikzug „Eventide Fall“, was so viel wie das Einbrechen der Dämmerung bedeutet. Die Gläubigen beten um Beistand in schwierigen Zeiten („Wenn der Abend fällt“). Wiederholt wird die Melodie von Tenorhorn und Bariton mit ihrem warmen Klang.
Später gab es mit „O Tannenbaum“ die dritte Gelegenheit zum Mitsingen. Konzertant wurde es danach erneut mit „Vita Pro Musica“. Diese Komposition, auf Deutsch „Ein Leben für die Musik“, entstand im Winter 2015 aus Anlass des 60. Geburtstags von Ernst Oestreicher, Bundesdirigent des Nordbayerischen Musikbundes e. V. sowie künstlerischer Leiter des Nordbayerischen Jugendblasorchesters. Ernst Oestreicher wünschte sich ein festliches Werk in Form einer eröffnenden Fanfare und einer lyrischen Hymne – und genau in diesem Charakter wurde es vom Musikzug auch vorgetragen.
Letzter Titel im Repertoire: „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Von ihrer bösen Stiefmutter und der Stiefschwester um Stand und Besitz gebracht, muss Aschenbrödel die schmutzigste Arbeit auf dem Gutshof verrichten. Doch sie ist immer freundlich, und alle Angestellten sind ihr zugetan. Eines Tages begegnet sie im Wald einem übermütigen Prinzen und verliebt sich in ihn. Damit sie ihn wiedersehen kann, schenkt ihr der Kutscher ihres Hofes drei Zaubernüsse, die ihr drei prächtige Gewänder bescheren, in denen sie dem Prinzen gegenübertritt. Der Prinz, als ein Leichtfuß verschrien, lässt sich aber von den Kleidern nicht beeindrucken. Er erkennt das geschickte, kluge und liebenswerte Mädchen hinter ihnen und wählt sie zu seiner Frau. Ein tschechisches Märchen, das vom Musikzug hervorragend umgesetzt wurde und Träume Realität werden ließ. Der Beifall war enorm, sodass noch einige Weihnachtslieder als Zugabe gegeben werden mussten.
Fakt ist, dass der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Netphen überall – auch auf den Social-Media-Kanälen – auf hohen Zuspruch stößt und dass dessen Beliebtheitskurven täglich steil nach oben gehen. In der Tat eine Formation, auf die die Stadt Netphen – auch mit den anderen Musikkapellen in Irmgarteichen, Werthenbach und Salchendorf – stolz sein kann!
Text und Fotos: Hans-Gerhard Maiwald
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