(wS/Red) Kreuztal 27.09.2025 | Fassungslosigkeit, Enttäuschung und bleierne Stille am Spielfeldrand
TuS Ferndorf gegen TV Großwallstadt: 27:28 (14:11)
Saisonübergreifend war dies das achte Spiel in Folge, in dem der TuS zu Hause nicht gewonnen hat.
TuS-Spieler stehen mit gesenkten Köpfen auf dem Feld, während über 1200 ratlos dreinblickende Fans auf den Tribünen verharren. Dazwischen, am Boden sitzend und an die Werbewand gelehnt, mit leerem Blick ins Nirvana, unser neunfacher Torschütze Julius Fanger.

Ja, er hatte auch zwei Fehlwürfe, aber neun Treffer bei elf Versuchen sind absolut in Top. Das entspricht exakt einem Drittel aller Ferndorfer Tore. Je fünf Treffer steuerten Valentino Duvancic und Josip Eres bei, je vier Tom Jansen und Daniel Hideg.
Von zwölf eingesetzten Spielern mit unterschiedlichen Spielzeiten trafen nur diese fünf. Wann gab es zuletzt ein Spiel, in dem z.B. Mattis Michel, Gabriel Viana oder Marvin Mundus torlos blieben? Ein Match, in dem insgesamt sieben Spieler keinen einzigen Treffer erzielten. Und der TVG war keineswegs übermächtig, wir haben ihn in der zweiten Halbzeit stark gemacht. Es hätte der von Ceven Klatt erhoffte und eingeplante erste Heimsieg sein können und er wäre so wichtig gewesen, doch nun stehen sie mit leeren Händen da.
Auch die Füchse haben alles gegeben, aber es sollte nicht reichen.

Nun stehen nach drei Heimspielen zwei Niederlagen und ein Remis zu Buche, das sieht alles andere als gut aus.

Dabei begann alles wie erhofft. Bis zur 17. Minute der ersten Halbzeit setzte der TuS das um, was Ceven Klatt seinen Jungs eingebläut hatte. Der TVG wurde eiskalt erwischt, durch sehenswerte Tore von Julius Fanger, Daniel Hideg und Valentino Duvancic lag Ferndorf bereits in der fünften Minute mit 3:0 in Führung. Eine gut organisierte Abwehr hielt den Gegner auf Distanz, und auch Can Adanir trug mit Paraden in der 2., 5., 11., 29. und 30. Minute dazu bei, den Vorsprung zu halten. Dass Can über die gesamte zweite Halbzeit keine weiteren Paraden verzeichnen konnte, zeigt, dass die Abwehr nicht mehr funktionierte. Wurde Can schwächer? Oder ließ ihn die Abwehr im Stich? Oder war es eine Mischung aus beidem?
Ferndorf dominierte bis zur 17. Minute das Spielgeschehen. Zwischenstände wie 5:2, 7:4, 9:5 oder 10:6 spiegelten die Überlegenheit wider. Dann jedoch folgte eine Fehlerkette, die der TVG eiskalt nutzte. Über 10:7, 10:8 und 10:9 rückten sie bis auf ein Tor heran. In der 23. Minute nahm Ceven Klatt die Auszeit, er hatte genug gesehen. Es folgte ein Fehlwurf von Hideg, dann eine Rote Karte für den TVG nach einem rüden Foul. Der TuS war wieder präsent, stellte mit dem 11:9 und 12:9 den Drei-Tore-Vorsprung wieder her. Ein Kempa-Versuch, dass 13:11 und schließlich der Pausenstand von 14:11. Betrachtet man, dass Ferndorf zwischen der 17. und 26. Minute nur ein Tor erzielte, liest sich das noch gut – doch es wäre deutlich mehr möglich gewesen. Nach dem 10:6 wurden Chancen leichtfertig vergeben, Großwallstadt kam zurück ins Spiel und erzielte einfache Tore.
Die zweite Halbzeit begann mit je einem Fehlwurf beider Teams und wurde zur Halbzeit des Julius Fanger. Sechs Treffer, darunter ein traumhaftes Kempa-Tor in der 36. Minute im Zusammenspiel mit Josip Eres. Beim Stand von 18:15 schien Ferndorf noch alles im Griff zu haben. Doch die Chancenverwertung wurde schwächer, die Gäste stärker. Ihre Abwehr stabilisierte sich, sie kämpften sich heran. Zwei Fehlwürfe und ein technischer Fehler des TuS innerhalb von sechs Minuten, der TVG nutzte das und ging mit 18:19 erstmals in Führung.

Nach dem 19:20 in der 42. Minute kam Jannis Michel für den glücklosen Can Adanir ins Tor. Doch auch er konnte das 19:21 nicht verhindern. Ceven Klatt nahm die nächste Auszeit, es lief aus dem Ruder. Das Zusammenspiel hakte, Einzelaktionen dominierten, Abschlüsse wurden verzögert, Pässe weitergereicht. Es war keine geschlossene Einheit auf dem Feld. Klatt wechselte viel, doch auch andere Formationen brachten keinen Erfolg. In der ersten Halbzeit sahen wir um die 20. Minute alle drei Kreisläufer gleichzeitig auf dem Feld, alle Varianten wurden ausprobiert. Aber es war nicht der Tag der Ferndorfer. Am Kreis überzeugte Valentino Duvancic mit fünf starken Treffern.
Und immer, wenn es brannte, war Julius Fanger zur Stelle. Nach dem 19:21 erzielte er das 20:21, direkt nach der nächsten Auszeit. Doch der TVG hatte stets eine Antwort, 20:22. Auch Ferndorf konterte, Jansen und Eres trafen zum 22:22. Nun war wieder Can Adanir im Tor, denn Jannis Michel hatte sich verletzt. Die Crunchtime begann, ein schnelles, kampfbetontes Spiel, bei dem einige Spieler an ihre Grenzen gingen. Fanger traf zum 23:23 in der 50. Minute und läutete einen Krimi ein, dessen Ausgang niemand erwartet hatte.

Zwei technische Fehler ließen den TVG auf 23:25 davonziehen. Fanger verkürzte, Hideg sprengte die Abwehr und erzielte das 25:25 (56. Minute). Die Nerven lagen blank. Ein Fehlwurf der Gäste, ein Wurf über das Tor von Fanger, es blieb beim 25:25. In der 59. Minute traf Hideg zum 26:26. Großwallstadt nahm seine letzte Auszeit (59:12), beide Teams wussten, jetzt folgen mörderische Sekunden. Siebenmeter für den TVG, 26:27. Ferndorf hatte den Ball, das Tor war leer, ein siebter Feldspieler auf dem Platz. Wieder war es Hideg, der 14 Sekunden vor Schluss oben rechts ins Eck traf, 27:27, die Halle tobte. Noch vier Sekunden. Der TVG wuchtete den Ball nach vorne zu Patrick Gempp, der mit der Sirene zum 27:28 ins leere Tor traf, danach begann die Schockstarre.
Was war schiefgelaufen? Wer oder was war schuld an dieser Niederlage, die niemand einkalkuliert hatte? Wurde der Gegner unterschätzt oder durch das eigene Spiel stark gemacht?

Ja, es fehlen einige Spieler. Can Adanir vermisst Jonas Wilde, keine Frage. Fabian Hecker würde auf RR und RA entlasten. Neuzugang Tom Jansen bleibt der auffälligste der vier Neuen. Nico Schnabl wird schmerzlich vermisst, Julius Fanger würde sich diesen Part gerne mit ihm teilen. Lukas Süsser bleibt ein Bollwerk in der Abwehr. Julius Meyer-Siebert blieb glücklos und unauffällig, konnte seine Größe und Wurfkraft nicht einbringen. Und was war mit Mundus, Michel und Viana?
Eines ist klar, Ceven Klatt hat nun viel Arbeit vor sich, um die Jungs wieder in die Spur zu bringen. Sprach man vor Kurzem noch vom besten Rückraum der Liga, befindet man sich nun im kleinen Sinkflug, der dringend gestoppt werden muss. Ob das nächste Woche in Dessau gelingt, bleibt abzuwarten, aber lassen wir uns überraschen, nicht nur Ferndorf verliert Spiele, andere Mannschaften auch.
Und wir haben nun mal immer noch einen stark dezimierten Kader, die Jungs fehlen ganz einfach. Man könnte auch sagen „Wenn Stärke in der Menge liegt, dann werden wir schwächer“.

Fazit: Dieser Spieltag darf nicht unter den Teppich gekehrt werden, er muss analysiert und aufgearbeitet werden. Die erste Halbzeit ging mit 14:11 an den TuS, die zweite mit 17:13 an den TVG. Beide Teams lagen bei Fehlwürfen und technischen Fehlern dicht beieinander. Minerva im TVG-Tor hatte sechs Paraden, daran lag es also nicht. Bleibt die schlechte Chancenverwertung. Ein „Mund abputzen, weiter geht’s“ wäre zu einfach. Hoffen wir, dass die Verletzung von Jannis Michel nichts Ernstes ist und dass sich Josip Eres bei seinem Sturz nicht schwerer verletzt hat.
Tor: Can Adanir 5 Paraden Jannis Michel 2 Paraden
Torschützen: Julius Fanger 9 (Man of the Match) Josip Eres 5/1 Valentino Duvancic 5 Tom Jansen 4 Daniel Hideg 4
Bericht: Peter Trojak
Fotos: Heiko Burbach

LUKAS SÜSSER: In der 1. HZ haben wir viele Chancen und abzusetzen, schaffen es aber vorne leider nicht. Und dann tun wir uns in der 2. HZ schwer im Angriff und kriegen zu leichte Gegentore. Dann kommen wir hinten wieder gut rein, schaffen es aber vorne nicht konsequent genug zu sein und das über die ganze zweite Halbzeit und stellen uns am Ende selber das Bein.
JULIUS FANGER auf „DYN“: Es war am Ende die richtige Entscheidung, den Ball aufs Tor zu werfen. Ich glaube, dass dieser Wurf am Ende des Spiels nicht entscheidet. Wir haben zwei Phasen, einmal in der 1 HZ und einmal in der 2. HZ, wo wir vorne zu schlecht sind und hinten unseren Torhütern nicht helfen. Ich glaube, das war entscheidender als der Wurf zum Schluss. Das sind diese zwei Phasen in beiden Halbzeiten, wo wir hinten mehr Unterstützung von unseren Torhütern brauchen, oder ihn mehr unterstützen müssten, schwer zu sagen.
CEVEN KLATT: Man merkt richtig, was wir uns vorgenommen haben, was die Jungs sich vorgenommen haben. Wir verteidigen fast fehlerfrei und stellen Großwallstadt vor große Aufgaben. Wir haben wenig Torhüterleistung über das gesamte Spiel, in der 1. HZ nur 4 Paraden, das hilft ein Stück weit. In der 2. HZ hat Jannis zwei Paraden und verletzt sich dann leider an der Hüfte. Ansonsten haben wir keinen Ball und das trägt heute schon ein Stück weit dazu bei, dass wir nicht beide Punkte holen. Ansonsten ist es für mich die Phase in der 1. HZ, wo wir 10 Minuten ohne Tor sind und glasklare Chancen liegenlassen, zweimal Hideg, einmal Viana, einmal Mattis Michel, alles Hundertprozentige vom Kreis. Wir machen da einfach zu wenig in der Abwehr und haben dann Probleme mit Battermann, der in der Situation machen kann, was er möchte. Da müssen wir ganz einfach besser verteidigen, wir kriegen im gesamten Spiel 28 Gegentore, davon 11 in den ersten 10 Minuten der 2. HZ, da sind wir zu schlecht. Ansonsten kann ich den Jungs über 50 Minuten keinen Vorwurf machen, was die Abwehrleistung betrifft. Wenn ich sehe, wie Süsser das macht und mit welcher Energie er das da verteilt, das macht mir Spaß, das zu sehen. Auch der Innenblock mit Hideg, mit Duvancic, mit Michel und Viana auf der Halbposition, das hat mir gut gefallen. Vorne muss man Julius Fanger nochmal ein großes Lob aussprechen, der ein wirklich gutes Spiel macht. Nicht nur wegen seiner 9 Tore, er war immer derjenige, der auch immer wieder die Tiefe gesucht hat. Der auch immer den Zug zum Tor hatte, aber in Summe fehlten uns heute einfach die zwei, drei einfachen Tore und die nötigen Paraden, um das Spiel heute gewinnen zu können.

MATTIS MICHEL: Wir sind ganz gut ins Spiel gestartet und haben das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben. Wir hätten mit ein paar Toren mehr in die Halbzeit gehen können. Wir kriegen in den ersten 10 Minuten der 2. HZ keinen Zugriff in der Abwehr, Can kann leider nicht helfen und wir kassieren einfache Gegentore. Ich finde, wir waren über weite Strecken die bessere Mannschaft.



















