Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie zeichnet Dr. Daniel Bultmann für seine Arbeit zur Rückkehr bewaffneter Gruppen ins zivile Leben in Kambodscha aus.
(wS/red) Siegen 22.10.2020 | Während der Eröffnungsveranstaltung des 40. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) erhielt Dr. Daniel Bultmann den Thomas A. Herz-Preis für qualitative Sozialforschung. Bultmann ist zurzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter des von Prof. Dr. Katharina Inhetveen geleiteten DFG-Projekts „Folter und Körperwissen“ an der Universität Siegen.
Alle zwei Jahre prämiert die DGS junge WissenschaftlerInnen, die einen innovativen Beitrag zur qualitativen Sozialforschung und zur empirisch fundierten Theoriebildung leisten, sich nach der Promotion über einschlägig publizierte Aufsätze weiterhin wissenschaftlich ausweisen und in ihren Arbeiten auch die soziale Realität außereuropäischer Gesellschaften in den Blick nehmen. Der vom Siegener Soziologie-Professor Trutz von Trotha und dessen Frau Claudia gestiftete Preis ist nach dem ebenfalls an der Universität Siegen tätig gewesenen Soziologen Thomas Herz benannt.
Die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung erhielt Bultmann insbesondere für seine 2019 bei Lexington erschienene Monographie „The Social Order of Postconflict Transformation in Cambodia: Insurgent Pathways to Peace“. Er befasst sich darin mit der Analyse von Übergangsstrategien von Soldaten und Kommandeuren während des Prozesses der Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration bewaffneter Gruppen in der kambodschanischen Nachkriegsgesellschaft. In der von dem französischen Soziologen Pierre Bourdieu inspirierten Studie untersucht er basierend auf biographischen Interviews, Beobachtungen und Fotos die Statusbiographien und Deutungswelten ehemaliger Rebellen. Die Monographie ist im Rahmen eines selbst eingeworbenen DFG-Projekts entstanden.
Bultmanns Projekt fragt konkret, welchen „Einfluss der Habitus und die jeweiligen ökonomischen, kulturellen, sozialen und symbolischen Ressourcen von Kommandeuren und Soldaten auf den Verlauf ihrer Reintegration und die Anwendung von Übergangsstrategien haben, um sich einen Platz in einer Nachkriegsgesellschaft zu sichern“. Hierzu arbeitete er die Sozialstruktur dreier verschiedener kambodschanischer Guerillagruppen heraus. Dabei wurde deutlich, dass diese Gruppen je nach ihrem Habitus und den verfügbaren Ressourcen unterschiedlich gut für einen Übergang in den Frieden gerüstet waren.
„Mit vielen Passagen aus den gut geführten Interviews und nicht zuletzt mit einer sehr ansprechenden wissenschaftlichen Prosa ermöglicht Bultmann den LeserInnen die Näherung an den Gegenstand. Ganz sicher erfüllt seine Arbeit ein Kriterium, das zwar nicht in der Ausschreibung steht, das der Preisstifter Trutz von Trotha aber immer hochhielt: Dass man etwas lernt beim Lesen einer Studie“, so ein Kuratoriumsmitglied über die Forschungsarbeit. Bultmann sei eine junge Forscherpersönlichkeit, die deutlich mache, dass KollegInnen, die so weit weg – außerhalb der Komfortzone der deutschsprachigen Soziologie – forschen, durchaus viel zu allgemeinen soziologischen Fragen beizutragen haben.
Derzeit erweitert Bultmann seinen regionalen Fokus, zugleich mit dem Angehen von neuen Themenschwerpunkten, unter anderem mit einer vergleichenden Forschung zu unterschiedlichen Mustern von Elitenbildung und Konflikt in mehreren Ländern Südostasiens.
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