wS/ba Nürnberg – Die gute Konjunktur verbessert auch die Chancen für arbeitslose Alleinerziehende auf einen Arbeitsplatz. Rund 621.000 Alleinerziehende beziehen derzeit Leistungen der Grundsicherung („Hartz IV“). Davon waren im Juli 254.000 arbeitslos, 11.000 weniger als ein Jahr zuvor. Der Rückgang um 4,2 Prozent ist damit stärker als bei den Arbeitslosen im SGB II insgesamt. Insbesondere die Zahl der langzeitarbeitslosen Alleinerziehenden nahm deutlich ab (-8,1 Prozent). In den vergangenen 12 Monaten konnten 90.000 Alleinerziehende in eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Eine Zunahme um 12 Prozent. Rund 367.000 alleinerziehende Frauen und Männer sind nicht arbeitslos, weil sie Kinder unter drei Jahren betreuen oder Angehörige pflegen.
„Die Integration von Alleinerziehenden ist ein geschäftspolitischer Schwerpunkt in den Jobcentern. Wir sind heute bei der Beratung und Unterstützung von Alleinerziehenden deutlich besser aufgestellt als in der Startphase“, so Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit. Die Jobcenter beteiligen sich an verschiedenen Bundesprogrammen, so zum Beispiel an der „Perspektive Wiedereinstieg“, „Gute Arbeit für Alleinerziehende“ oder am Programm „Netzwerke wirksamer Hilfen für Alleinerziehende“. Über 200 Jobcenter engagieren sich in mindestens einer dieser Initiativen.
Vom Gesetzgeber initiiert haben jetzt in den Jobcentern 300 Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt ihre Arbeit aufgenommen. Diese werden als Netzwerker vorhandene Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf identifizieren und sinnvoll verknüpfen. „Sicherlich können wir noch nicht von einer Lösung des Problems sprechen, aber ich denke schon, dass wir die ersten Früchte einer professionelleren Arbeit ernten.“ Auch bei den Arbeitgebern sieht Alt positive Entwicklungen. „Unternehmen erkennen, dass sie bei der Suche nach Fachkräften keine Gruppe ausschließen können. Im Gegenteil. Das Angebot an flexibleren Arbeitszeitmodellen oder betrieblicher Kinderbetreuung wird ausgebaut, um damit insbesondere Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern.“
Alt gibt aber gleichzeitig zu: „Wir lassen bei den Alleinerziehenden noch zu viele Potenziale brach liegen, weil die Rahmenbedingungen nicht passen. Über 60 Prozent der arbeitslosen Alleinerziehenden kommen aus dem Handel, dem Hotel- und Gaststättengewerbe oder der Pflegebranche. Und wir kennen alle die Arbeitszeiten in diesen Berufen. Läden haben samstags bis 20.00 Uhr geöffnet, Gaststätten brauchen abends und am Wochenende Personal, im Pflegebereich ist Schichtarbeit nicht unüblich. Die Arbeitszeiten werden immer flexibler, aber bei den Kinderbetreuungszeiten sind wir stehen geblieben. Ohne Betreuungsangebote weit über die klassischen Modelle hinaus, werden wir auch langfristig jungen und motivierten Frauen und Männer keine Angebote machen können. Und wir brauchen mehr Unternehmen, die Alleinerziehenden eine Chance geben, Kindern und Beruf gerecht zu werden. Alleinerziehend ist kein Stigma, sondern Ausdruck von Belastbarkeit und Organisationsfähigkeit. Gerade Alleinerziehen
de sind loyale und engagierte Mitarbeiter.“
Auch die Jobcenter haben in der Integrationsarbeit noch Luft nach oben. Die Integrationsquoten Alleinerziehender schwanken im Bundesländervergleich zwischen 15 und 30 Prozent. In einzelnen Regionen liegt die Quote sogar bei über 50 Prozent. „Wir müssen den Jobcentern die Möglichkeit geben, gute Beispiele zu erkennen und daraus zu lernen. Die aktuellen Zahlen machen Mut, zeigen aber auch deutlich, dass noch viel Arbeit vor uns liegt“, so Alt.