(wS/lk) Siegen – Kreuztal 09.11.2023 | Nachdem der Kreistag des Kreises Siegen-Wittgenstein eine Verlängerung der Frist zur Bewerbung um einen Nationalpark beantragt hat, um die Bevölkerung in die Entscheidung mit einzubeziehen, hat der Landrat nun alle Verbände zu Stellungnahmen aufgefordert.
Der Landwirtschaftliche Kreisverband Siegen-Wittgenstein lehnt nach ausgiebiger Beratung in seiner jüngsten Vorstandssitzung dieses Vorhaben komplett ab.
Henner Braach, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes: „Irgendwo in NRW in der Region des geringsten Widerstandes einen Nationalpark festzulegen, nur weil der Koalitionsvertrag dies beinhaltet, ist politische Willkür und geht komplett an der Realität vorbei. Wir wollen diese Region nicht sein, wir brauchen keinen Nationalpark.“
Zusammenspiel von intakter Natur und florierender Industrie
Für die Land- und Forstwirtschaft im Kreisgebiet ist das Zusammenspiel intakter Natur und florierender Industrie von entscheidendem Vorteil. Das vor allem aus dem Grund, da 85 % der bäuerlichen Höfe im Nebenerwerb bewirtschaftet werden. Es hat sich eine sehr naturverträgliche Bewirtschaftung, verbunden mit etablierten touristischen Angeboten in einer stabilen Industrieregion entwickelt. Diesen Zustand will der Landwirtschaftliche Kreisverband erhalten und weiterentwickeln.
Aktive Nutzung der Flächen hat zum Landschaftsbild geführt
Eine zu erwartende umfängliche Strukturförderung insbesondere in den Tourismus durch einen Nationalpark, zumal dieser ganz erheblich, mangels öffentlicher Flächen, auf private Flächen gelegt werden müsse, wiege die zu erwartenden Auflagen und Einschränkungen in Land- und Forstwirtschaft in keiner Weise auf. Im Gegenteil: Die aktive Nutzung der Flächen durch Land- und Forstwirtschaft hat zu dem heute existierenden Landschaftsbild geführt. Konventionelle, biologische oder extensive Anbaumethoden wechseln sich je nach Standort in einem bunten Nebeneinander ab. Eine aktive Forstwirtschaft entspricht aktuellen Erkenntnissen zur Notwendigkeit umfangreicher CO2-Speicherung.
Nationalpark dient lediglich der Konservierung
Nach ausgiebiger Diskussion unter Abwägung vielfältiger Aspekte kam der Vorstand des Kreisverbandes zu dem Schluss, dass ein Nationalpark vorrangig der Konservierung dient, aber nicht die immer notwendiger werdende unternehmerische Anpassung an sich wandelnde gesellschaftliche Anforderungen sowie klimatische Notwendigkeiten unterstützt.
Foto: wirSiegen.de
Lang geübte Kooperation mit dem Naturschutz hat sich bewährt
Die Bauernfamilien sind stolz auf die intakte Land- und Forstwirtschaft im Kreis Siegen-Wittgenstein, in der sich die lang geübte Kooperation mit dem Naturschutz (Biostation) bewährt hat und die auf diesem Wege weiterentwickelt werden soll. Weitere zusätzliche Auflagen durch einen Nationalpark sind daher den Mitgliedern im Landwirtschaftlichen Kreisverband nicht vermittelbar.
„Wollen nicht Region des geringsten Widerstandes sein“
Zudem ist die Landwirtschaft maßlos enttäuscht, dass bei der Diskussion über einen weiteren Nationalpark politisch ideologisch gewollte Entscheidungen den fachlichen Hintergrund komplett vernachlässigen. Sie ist der Auffassung, dass schützenswerte Natur selbstverständlich geschützt werden müsse und es dafür ausreichende Instrumente gebe. Aber irgendwo in NRW in der Region des geringsten Widerstandes einen Nationalpark festzulegen, nur weil der Koalitionsvertrag dies beinhalte, sei rein
ideologisch motiviert und ginge komplett an der Realität vorbei.
Waldbauern sind auch gegen einen Nationalpark
Auch die Bezirksgruppe Siegen-Wittgenstein des Waldbauernverbands lehnt die Einrichtung eines Nationalparks im Kreis Siegen-Wittgenstein ab. Vorsitzender Andree Georg: „Die Bezirksgruppe sieht durch einen Nationalpark keine Vorteile, sondern mehr Nachteile für die Region. Es ist zu erwarten, dass im Nationalpark nur im geringen Umfang noch Holzeinschlag stattfinden wird, so dass das Holzangebot in der Region zusätzlich knapp wird.“
Holzeinschlag, Jagd, Borkenkäfer
Weitere zu befürchtende Nachteile formulierte der Vorstand so: „Die Ausweisung von Kernzonen im Nationalpark, in denen keine Eingriffe stattfinden, führt bei Kalamitäten für die angrenzenden Bestände zu einer erhöhten Gefahr. Das Risiko trägt aber nicht der Nationalpark, sondern der angrenzende Waldbauer.
Auch die Jagd wird erschwert, wenn ein Teil der Fläche bei der Bejagung entfällt. Dabei ist eine intensive Bejagung notwendig, um die Begründung von klimastabilen Wäldern auf den Kalamitätsflächen zu ermöglichen.“
Zuletzt ist die Befürchtung, dass die Anlage von Windkraftanlagen im Wald erschwert werden, die in der Region zur Energiewende beitragen sollen.