Festung gestürzt: Nach 500 Tagen fällt Ferndorf im Abwehrchaos

(wS/Red) Ferndorf 20.10.2024 | Vogelwildes Handball-Duell! Hüttenberg knackt die Festung Ferndorf


Nach über 500 Tagen verliert der TuS Ferndorf saison- und ligaübergreifend sein erstes Meisterschaftsspiel in eigener Halle vor 1346 Zuschauern, darunter ein großer Tross an TVH Fans, die lautstark ihr Team unterstützten.
Was für ein „vogelwildes“ Handballmatch haben denn da am gestrigen Abend die Zuschauer beim Spiel gegen den TV Hüttenberg gesehen! Dass der TVH trotz Tabellenplatz zwölf nicht als Punktelieferant in den Hexenkessel kommt, war allen schon im Vorfeld klar, aber man hatte sich natürlich Chancen ausgerechnet.
Es gab allerdings eine Hürde, die das alles infrage stellte oder zunichtemachte, und daran scheiterte auch der TuS Ferndorf gestern Abend. Und nicht nur die Ferndorfer wurden vor große Probleme gestellt, sie befanden sich damit in einem illustren Kreis, denn sogar Tabellenführer Bergischer HC schaffte grad mal ein Remis gegen sie, und Nordhorn-Lingen und Balingen verloren ihr Spiel gegen sie.

Wovon wir reden? Es ist ein Novum im Handball, denn die Hessen spielen als einzige Mannschaft der 2. Liga eine 3-2-1-Abwehr. Standard ist eigentlich eine 6-0- oder 5-1-Abwehr, aber das, was die Hessen da zelebrieren, stellt fast alle Teams der Liga vor unlösbare Aufgaben. Lediglich Hamm, Lübeck und Dessau fanden ein Mittel dagegen. Woran es letztlich lag, entzieht sich unserer Kenntnis.

Es war auch ein Match mit insgesamt nur 43 Toren, und fast alles ist dieser unorthodoxen Abwehrvariante geschuldet. Ferndorf war wild entschlossen, die Punkte in Ferndorf zu behalten, aber gegen dieses Bollwerk an Abwehrleistung der Gäste scheiterten sie. In der 1. Halbzeit stemmten sich unsere Jungs mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen, verzettelten sich aber häufig in technischen Fehlern und Fehlwürfen. Zudem wurde das Spiel auch über 60 Minuten durch teils fragwürdige Schiri-Entscheidungen eingebremst. So gab es über die 60 Minuten acht Siebenmeter gegen uns, von denen sieben verwandelt wurden, einen wehrte Jonas Wilde ab. Dazu passen dann auch die sieben Zeitstrafen, am schlimmsten erwischte es Philip Würz, denn nach gespielten 43:05 Minuten sah er wegen drei Zeitstrafen die Rote Karte und musste vom Feld.

Es war zudem ein sehr schnell geführtes Spiel von beiden Seiten, in dem die Hessen in der 1. Halbzeit mehr vom Spiel hatten. Allein zwischen der 15. und 22. Minute machten sie aus einem 6:8 ein 7:12. Josip Eres, Julius Fanger (2x) und Gabi Viana rückten das wieder gerade, und in der 27. Minute war der 2-Tore-Rückstand wieder hergestellt. Näher kam Ferndorf in der 1. Halbzeit nicht heran, und so ging man nach 30 Minuten beim Stand von 13:15 zum Pausentee.
Bester Torschütze in dieser 1. Halbzeit und auch über die gesamten 60 Minuten war Julius Fanger mit insgesamt 7 Toren, die er meist dann erzielte, wenn es richtig eng wurde.


War die 1. Halbzeit schon krass, gestaltete sich die 2. Halbzeit zum „Tohuwabohu“. Es war die Halbzeit, in der eigentlich kein Spieler herausragte, Marvin Mundus und Daniel Hideg waren da mit jeweils 2 Treffern schon die Topscorer. Trotzdem stand ein Ferndorfer im Mittelpunkt dieser 2. Halbzeit und zog dem Gegner einen Zahn nach dem anderen. Es war Jonas Wilde, oder auch der „wilde Jonas“ (😉, wie Sie möchten). Die Hessen scheiterten in der 2. Halbzeit mehrfach an ihm. Was in der 1. Halbzeit bei ihm und Can Adanir nicht klappte, präsentierte Jonas hier in Vollendung. Die Fehler in der Offensive kompensierte er mit seiner tollen Leistung, er parierte mehrere Würfe hintereinander (Minute 33, 34, 36, 37, 39, 52, 53, 57, 60), vier davon in der Crunchtime, aber es sollte nicht reichen. Die Hessen nahmen die Punkte mit nach Hause. Denn auf der anderen Seite stand ein ebenso guter Yahav Shamir im Kasten, der in der 2. Halbzeit auf starke 8 Paraden kam. In der 55. Minute stand es noch 18:23, und es sah nach einem sicheren Sieg des TVH aus. Ceven Klatt nahm nach 54:30 Minuten eine Auszeit und fuhr danach das Torewerfen der Gäste auf null runter. Marvin Mundus erzielte das 19:23, gefolgt vom Team-Time-out der Hessen. Das wiederum brachte schlicht nichts, im Gegenteil: Josip Eres und Gabi Viana machten den Deckel drauf. Es war aber nur eine Ergebnisverschönerung zum Endstand von 21:23.

Dieses Spiel hat immens viel Kraft gekostet, und etliche Spieler dürften den Sonntag wohl mit Hämatomen begrüßt haben.
Das Spiel, bzw. der Ablauf dieses Spiels, passt irgendwie in keine Schublade. Ja, die Jungs haben verloren, befinden sich nun auf Tabellenplatz 3 und dürfen weiterhin hocherhobenen Hauptes das nächste Match angehen. Es bleibt weiterhin ein Historienereignis. So kurios und verworren diese 2. Halbzeit auch war: Beide Teams erzielten nicht mehr als jeweils 8 Treffer, das dürfte auch ein Minusrekord „ever“ sein.

Auf dem Spielfeld sahen wir eigentlich eine optische Überlegenheit des TV Hüttenberg, das Ergebnis spiegelte es aber nicht unbedingt wider. Der TuS hatte gehörige Defizite in der Offensive, die dann wieder durch starke Einzelaktionen und Torhüterparaden kompensiert wurden. Janko Kevic wurde vom Gegner komplett kaltgestellt, somit gab es auch keine Zauberpässe an den Kreis. Ceven Klatt hat fleißig durchgewechselt, sogar Neuzugang Marko Vignjevic bekam eine kurze Einsatzzeit, warf einmal neben das Tor, einen zweiten Wurf fing der gute Yahav Shamir im Gäste-Kasten ab. Er braucht halt noch seine Zeit, das hat Ceven Klatt aber auch schon so formuliert. Hüttenberg hat ja, wie berichtet, noch kein Auswärtsspiel gewonnen und im Schnitt nie mehr als 23 Tore geworfen. 23 waren es auch gestern, aber die reichten diesmal zum Sieg.

Ob das Ganze ein Dämpfer zur rechten Zeit war, können wir nicht beurteilen, aber eins ist ja wohl klar: Wir werden nicht alle Spiele gewinnen. Wir können auch nicht alle Spiele gewinnen, aber was uns die Mannschaft bisher präsentiert hat, ist aller Ehren wert, und darauf können wir stolz sein. Sie wird dieses „komische“ Spiel verdrängen und sich auf das nächste Spiel konzentrieren. Und einfacher wird das nicht werden, denn nach der gestern begonnenen „Englischen Woche“ zieht der TuS-Tross am Mittwoch, dem 23.10., nach Dresden, um zu sehen, ob beim Tabellensechsten HC Elbflorenz etwas Zählbares zu erhaschen ist. Und um diese „Englische Woche“ abzuschließen, erwartet sie am kommenden Samstag, dem 27.10., den Tabellenzweiten HBW Balingen-Weilstetten im Hexenkessel Stählerwiese.

Die Brigade C will damit zum Ausdruck bringen, wie ärgerlich Spiele in der Woche sind. z.b. mittwochs in Dresden oder mittwochs in Dessau….Welcher TuS-Fan kann sich das erlauben, ohne Urlaub zu nehmen isses wohl nicht denkbar.

Alles keine leichten Spiele, und immer dran denken: Gegen diese zwei Teams sind wir auch nicht der Favorit. Alles kann, nichts muss. Denn die Qualität, die Tiefe und die Klasse sind bei uns zweifellos vorhanden, und darauf kann man aufbauen.

DAS IST FERNDORF – DAS BIST DU.

Statistik:

Tor: Can Adanir, Jonas Wilde 9/2 Paraden

Torschützen:
Julius Fanger 7
Marvin Mundus 4
Gabriel da Rocha Viana 3
Daniel Hideg und Josip Eres je 2
Hampus Dahlgren, Philip Würz und Fabian Hecker je 1

Stimmen zum Spiel:

CEVEN KLATT: Für mich war es schon so, dass wir uns bis zur Halbzeit wieder gut rangekämpft haben. Wir sind dann übers Tempo auch zu einfacheren Toren gekommen, haben uns aber sehr schwer gegen eine gute Hüttenberger Abwehr getan. Das wussten wir zwar, und es war auch mehr ein Abnutzungskampf auf beiden Seiten. Ich finde, wir haben in der 2. Halbzeit besser verteidigt, aber wir verpassen es, zu Beginn der 2. Halbzeit dieses Spiel zu drehen oder zu kippen. Wir haben da einige Hundertprozentige im Sieben-gegen-Sechs oder in Überzahl liegen lassen, und ich glaube, wenn wir da in Führung gehen oder den Ausgleich schaffen, dann kann so ein Spiel einen anderen Verlauf nehmen.

Das schaffen wir heute leider nicht. Wir sind zu fehlerbehaftet und lassen zu viele hundertprozentige Chancen aus, scheitern aber auch an einem guten Hüttenberger Torwart. Aber davon geht die Welt nicht unter. Ich finde, die Jungs haben bravourös gekämpft und alles versucht. Wir sind in diesem Jahr angetreten, um die Klasse zu halten, und wir haben es immer wieder betont, dass wir in so ziemlich jedem Spiel der Außenseiter sind – und dafür haben wir es bisher gut gemacht. Die Jungs werden am Sonntag frei haben, und am Montag bereiten wir uns dann auf Elbflorenz vor und versuchen, dort unser Bestes zu geben.

JONAS WILDE: Es hat schon an der Abwehr von Hüttenberg gelegen, wir sind natürlich auch selbst verantwortlich, wie wir die bespielen, aber ich muss schon sagen, dass es mit die unangenehmste Abwehr der 2. Liga ist. Man muss aber auch sagen, dass wir schon an Chancen gekommen sind, die wir aber auch in der 2. HZ liegen gelassen haben. Es hat sich da das Blatt ein bisschen gewendet, in der 1. HZ war die Abwehr ein bisschen schlechter, das änderte sich dann aber in der 2. HZ. Wir sind da ein bisschen besser ins Spiel gekommen, trotzdem hat uns die Abschlussqualität und die letzte Konsequenz gefehlt. Wir hätten da das Spiel kippen können, wo wir dann aber Siebenmeter verwerfen und 2-3 freie Bälle vergeben (grinst und akzeptiert unsere Korrektur auf 6-7).

Es ist schon enttäuschend, vor allem zu Hause, aber es musste irgendwann kommen. Wir können nicht jedes Spiel gewinnen, da muss man schon realistisch sein. Wir haben schwere Wochen mit Dresden, Dessau und dann auch zu Hause, das sind schon Brocken, die da kommen und da müssen wir einfach konsequenter sein. Ich fand unsere Einstellung heute Super, wir haben bis zum Schluss gekämpft, auch mit der offenen Manndeckung. Einstellungstechnisch kann man niemandem was vorwerfen, vielleicht ein bisschen Pech in der Konzentration.

HENDRIK STOCK: Ich finde, dass wir schon in die richtigen Situationen kommen, letztlich aber ein bisschen am Torhüter scheitern. Dann haben wir ein paar Unsicherheiten, bei denen uns der Ball wegfliegt. Die Abwehr von Hüttenberg stand gut, keine Frage, aber es war für uns sehr unbefriedigend. Mit dem heutigen Rückschlag müssen wir umgehen können, denn am Mittwoch spielen wir ja schon wieder in Dresden, dann zu Hause gegen Balingen und danach noch in Dessau. Da kommt eine harte Woche auf uns zu. Wir müssen uns auf das nächste Spiel vorbereiten und aus den Fehlern lernen. Es wäre das Beste, wenn wir uns die zwei Punkte in Dresden zurückholen.

Bericht/Grafik: Peter Trojak

Bilder: Heiko Burbach

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