Urteil des OVG hat auch für Siegen-Wittgenstein gravierende Folgen – Kreis wird in Kürze den Weg für 22 neue Windkraftanlagen freimachen müssen

(wS/si) Siegen 05.10.2024 | Das jüngste Urteil des Oberverwaltungsgerichtes NRW zur Windenergie wird auch in Siegen-Wittgenstein weitreichende Folgen haben. Die Landesregierung hatte eine Vorschrift erlassen, nach der Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen für ein Jahr ausgesetzt werden dürfen, falls die Anlagen nicht in einem Bereich liegen, in dem laut Regionalplanentwurf Anlagen bevorzugt zugelassen werden sollen. In einem konkreten Fall aus dem Kreis Soest hat das OVG geurteilt, dass die Aussetzung eines Genehmigungsverfahrens auf dieser Rechtsgrundlage aller Voraussicht nach, offenkundig rechtswidrig ist. Denn das Regionalplanverfahren werde durch die Genehmigung von Windrädern „nicht wesentlich erschwert oder gar unmöglich gemacht“.

An solchen Urteilen des Oberverwaltungsgerichtes müssen sich auch andere Genehmigungsbehörden wie der Kreis Siegen-Wittgenstein orientieren. Tun sie es nicht, besteht ggf. die Gefahr, dass sie aufgrund nicht erteilter Genehmigungen Schadenersatz leisten müssen.

„Das hat zur Folge,“ erklärt Arno Wied, Umweltdezernent des Kreises, „dass wir jetzt in vielen Fällen Windkraftanalgen genehmigen müssen, auch wenn die betroffene Stadt oder Gemeinde mit dem Vorhaben nicht einverstanden ist und ihr sogenanntes ‚städtebauliches Einvernehmen‘ verweigert.“ Dies würde dann mit dem Genehmigungsbescheid des Kreises zwangsläufig – so heißt das in der Gesetzessprache – ‚ersetzt‘, mit der Folge, dass die jeweilige Kommune gegen den Bescheid des Kreises Klage erheben kann. Die Chancen der Städte und Gemeinden sind aber nach Einschätzung des Kreises in diesen Fällen sehr gering. „Bislang haben alle unsere Windenergie-Entscheidungen im Kern vor den Gerichten Bestand gehabt,“ betont Arno Wied: „Mit anderen Worten: mit unserer Rechtsanwendung und -auslegung haben wir immer richtiggelegen – obwohl auch wir uns an die Begleiterscheinungen des Windenergieausbaus, in dieser Wucht wie er jetzt kommt, erst gewöhnen werden müssen.“

22 Anträge für immissionsschutzrechtliche Vorbescheide für Windenergieanlagen in drei Kommunen, die jetzt nicht länger zurückgestellt werden können, wird der Kreis in Kürze positiv entscheiden und das fehlende Einvernehmen der jeweiligen Kommune ersetzen. Konkret handelt es sich um diese Anlagen:

  • Bad Berleburg
    • 3 WEA (Gesamthöhe der Anlage je 285 m über Grund) in der Gemarkung Richstein südwestlich der Ortslage Richstein
    • 1 WEA (250 m) in der Gemarkung Girkhausen südöstlich der Ortslage Girkhausen.
    • 1 WEA (250 m) in der Gemarkung Berleburg östlich der Ortslage Bad Berleburg.
    • 1 WEA (250 m) in der Gemarkung Wemlighausen nordwestlich der Ortslage Wemlighausen
    • 3 WEA (je 250 m) in der Gemarkung Stünzel östlich der Ortslage Stünzel
    • 2 WEA (je 250 m) in den Gemarkungen Richstein und Beddelhausen, zwischen diesen beiden Ortslagen
  • Netphen
    • 4 WEA (zwischen 230 und 250 m) in der Gemarkung Obernau östlich der Obernautalsperre
    • 2 WEA (260 m) in der Gemarkung Afholderbach nordwestlich von Netphen-Sohlbach
    • 3 WEA (285 m) in der Gemarkung Unglinghausen nördlich von Unglinghausen und Herzhausen
  • Wilnsdorf
    • 2 WEA (285 m) in der Gemarkung Wilden nordwestlich der Ortslage Unterwilden

Aktuell sind in Siegen-Wittgenstein bereits 44 Windräder gebaut und in Betrieb. Weitere 89 Anlagen sind bereits vollumfänglich genehmigt und dürften in den nächsten zwei bis drei Jahren nach und nach errichtet werden. Für 36 Windenergieanlagen laufen derzeit noch die komplexen immissionsschutzrechtlichen Vollverfahren zur Erteilung einer umfassenden Genehmigung. Für weitere 128 Anlagen hat die Immissionsschutzbehörde des Kreises bereits sogenannte Vorbescheide erteilt, bei denen zumindest die planungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit bestätigt wurde, bei denen aber noch im späteren Vollverfahren geprüft wird, ob andere gewichtige Gründe wie z.B. Schallimmissionen oder artenschutzrechtliche Besonderheiten einer Genehmigung entgegenstehen. Denn in all diesen Fällen gilt der Grundsatz: Wer einen Antrag für ein Vorhaben wie eine Windenergieanlage stellt, dem darf die Genehmigung nicht verweigert werden, wenn die maßgeblichen Gesetze keine Regelungen vorgeben, die das rechtfertigen.

„Wir sind hier an Recht und Gesetz gebunden“, betont Arno Wied noch einmal abschließend.

Symbolfoto

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