Pilotenlegende Walter Eichhorn hält Einzug in die „Hall of Fame“ der internationalen Luftfahrt

Willkommen im Club! Ehrenvolle Berufung

Ein Gastbeitrag von Jürgen Heimann

(wS/jh) Bad Camberg/Burbach | Darauf hatte es der Mann in seinem auch schon 82 Jahre währenden Leben nie bewusst angelegt. Die Zielkoordinaten jener erlauchten Destination, auf der er aber jetzt gelandet ist, hatte Walter Eichhorn nie auf dem Radar. Und doch freut er sich (natürlich!!), dass er für diese Piste Landeerlaubnis erhalten hat. Der Bad Camberger, der auch im Siegerland bekannt ist wie der sprichwörtliche bunte Hund und bei Airshows auf dem Siegerlandflughafen zu den gefeierten Stammgästen zählt, ist dort angekommen, wo er eigentlich auch hingehört. Wenn nicht er, wer dann? In der „Hall of Fame“ der globalen Fliegerei. Der „Stifftekopp“ aus dem Hessischen zählt zu den schillerndsten Figuren der Luftfahrt. Und das hat er inzwischen auch schriftlich. Eichhorn ist jüngstes Mitglied der „Living Legends of Aviation“, einem exquisiten Zirkel, dem, ihn mitgerechnet, rund um den Globus verteilt gerade mal 103 Stars der Weltluftfahrt angehören.

Ein erlauchter Kreis: Airbus-CEO Tom Enders (vierter von links) mit den neuen „Living Legends of Aviation“: (v.l.) Luftschiff-Pionier Michael Kendrick, Segelflug-Weltmeister Alvaro Jamie de Orleans-Borbon, Kosmonaut Sergei Krikalev (sechs Weltraumflüge), Hubschrauber-Kunstflug-Ass Rainer Wilke, Fallschirm-Weltrekordler Felix Baumgartner, Airshow- und Me 109-Legende Walter Eichhorn und Frank Franke, Journalist und Gründer des Hilfswerkes „Wings of Help“. (Foto: Privat)

Man kann da nicht einfach eintreten. Man wird berufen. Der unverwüstliche Himmelsstürmer weiß sich dort inmitten lauter aero-tischer Hochkaräter in guter, in bester Gesellschaft. Klangvolle Namen stehen auf der Kladde dieses Eliteclubs: Der von Stratosphären-Jumper Felix Baumgartner ebenso wie der von Dick Rutan, der 1986 mit der „Voyager“ ohne Aufzutanken in neun Tagen die Welt umrundet hatte. Und da wäre Buzz Aldrin, der zweite Mensch, der den Mond betreten hat. Und dessen deutscher kosmischer Kollege Ulf Merbold. Sir Richard Branson fühlt sich hier wohl, Sean Tucker, einer der weltbesten Kunstflugpiloten, ebenfalls. Und der Walter mittendrin. Willkommen im Club!

Walter Eichhorn ist in die „Hall of Fame“ der Internationalen Luftfahrt berufen worden. Auf dem Foto mit einem Modell seiner Lieblings Me 109 G-6 und im Cockpit selbiger (kleines Bild). Rechts der „Bob Hoover Freedom of Flight Ward“, der ihm zusätzlich verliehen wurde. (Foto: Privat)

Zwischen Indiana-Jones und Ethan Hunt

Wer die Liste durchgeht, stolpert zwangsläufig über viele weitere bekannte Namen. Denen von „Indiana-Jones“ Harrison Ford, John Travolta, Morgan Freeman, Kurt Russel, Tom Cruise oder auch Dr. Tom Enders. Das sind nicht nur Kino-Legenden oder Wirtschaftsführer, sondern „nebenbei“ auch herausragende Piloten und Persönlichkeiten, die der Luftfahrt entscheidende Impulse vermittelt haben. Mit dem smarten Ethan Hunt aus „Mission Impossible“ hatte Eichhorn 2008 den Blockbuster „Valkyrie“ gedreht. Er selbst mimte damals in Echtzeit einen Me 109-Piloten, Cruise den Hitler-Attentäter Stauffenberg. Seitdem sind die beiden Freunde. Ja, und der Airbus-Vorstandsvorsitzende war mal Eichhorns Chef, und zwar als letzterer Mitte der 80er Jahre bei der zu EADS gehörenden Messerschmitt-Stiftung als Einweisungs- und Testpilot für restaurierte Bf 109-Muster angeheuert hatte. Der Hessische Luftikus war damals und ist heute weltweit immer noch der Pilot mit der meisten Flugerfahrung auf diesem legendären Weltkiegs II-Jäger.Nebenbei bemerkt: Seine theoretische Einweisung darauf hatte Eichhorn von keinem Geringeren als Erich „Bubi“ Hartmann erhalten, dem mit 352 Luftsiegen erfolgreichsten deutschen Jagdflieger aller Zeiten.

Unzertrennlich: Walter Eichhorn mit Lebensgefährtin Siggi Braun und seiner geliebten T6. Die Maschine hat auch schon 76 Lenze auf den Holmen und ist somit ein klein wenig jünger als ihr Pilot. (Foto: Privat)

Stehende Ovationen für die fliegerische Lebensleistung

Dr. Enders war es denn auch dann gewesen, der den Namen Eichhorn ins Spiel gebracht hatte. Die Entscheidung des Präsidiums der „Legends“ fiel einstimmig. Und so sollte der Veteran dann wenige Tage nach seinem 82. Geburtstag im exklusiven am Wolfgangsee gelegenen Symphony-Scalaria- Ressort aus der Hand von „Mr. Airbus“ auch die Mitgliedsplakette in Empfang nehmen – und nebenbei stehende Ovationen für seine fliegerische Lebensleistung einfahren. Und der erlauchte Kreis hatte noch eine besondere Überraschung zusätzlich parat. Als Zugabe wurde der prominente T6-Dompteur mit dem „Bob Hoover Freedom of Flight-Award“ ausgezeichnet. Der 2016 in Los Angeles verstorbene US-Amerikanische Test- und Aerobatic-Pilot gilt in Luftfahrerkreisen als einer wenn nicht der beste Kunstflugpilot, der je gelebt hat. Beide, Hoover und der Walter, kannten sich persönlich und sind einander im Laufe der Jahrzehnte immer wieder auf diversen Airshows begegnet.

„Logenbrüder“: Mit Tom Cruise verbindet Walter Eichhorn nicht nur die Liebe zur Fliegerei. Beide sind Mitglied im exklusiven Club der „Living Legends of Aviation“. 2008 hatten sie in dem Blockbuster „Valkyrie“ mitgewirkt. Während „Ethan Hunt“ den Hitler-Atentäter spielte, mimte der Bad Camberger mit „seiner“ Bf 109 in Echtzeit den Begleitschützer der Führermaschine. (Foto: Privat)

Noch nicht allzu viele Deutsche sind für würdig befunden worden, die Ruhmeshalle der Flying Legends zu betreten bzw. sich dort häuslich nieder zu lassen. Neben Enders hatten hier bereits der frühere Lufthansa-Chefpilot Dieter Friedrich Uchtdorf und Astronaut Merbold Sitz und Stimme. Erst im Januar dieses Jahres war Segelflug-Meister Bruno Gantenbrink in Beverly Hills inthronisiert worden. Zusammen mit Walter Eichhorn durfte jetzt „Flying Bull“ Rainer Wilke dort Einzug halten. Er gilt als bester Helikopter-Pilot der Welt. Aber nur nebenbei bemerkt: „WE“ ist zwar in Jever geboren, dort wo der herbe Bölkstoff herkommt, besitzt allerdings die kanadische Staatsbürgerschaft. Weil es Anfang der 60er Jahre in Deutschland noch nicht möglich war, die Fluglizenz zu erwerben, war der aufstrebende Jüngling in den Ahorn-Staat ausgewandert. Dort wollte er Berufspilot werden, aber das ging nur als Kanadier. Zu einem solchen wurde Walter Eichhorn dann eben.

Erich „Bubi“ Hartmann (rechts), der erfolgreichste Jagdflieger aller Zeiten, hatte Walter Eichhorn 1986 in die Geheimnisse der Me-109 eingeweiht. Der Bad Camberger hat seine Lektion gut gelernt und gilt heute immer noch als der Pilot mit der meisten Flugerfahrung auf diesem legendären Muster. (Foto: Privat)

LH-Kapitän, Test-, Film-, Stunt- und Showpilot

Das fliegerische Lebenswerk Eichhorns Revue passieren zu lassen, würde den Rahmen sprengen. Deshalb nur ein paar kurze Streiflichter. Der drahtige, mit allen aerodynamischen Wassern gewaschene Überflieger war Flugkapitän, Fallschirmspringer (und als solcher Leader von „Walters Vögeln“), Test-, Film- Show- und Stuntpilot. Er hat u.a. in dem bekannten britischen Kriegsfilm „Memphis Belle“ (1990) mitgewirkt, ebenso in der Fernsehserie „Piece of Cake“.

Die Legenden, Anekdoten und Verzählcher, die über ihn kursieren, sind Legion. Man sagt dem Mann nach, dass kein Luftfahrtgerät, das sich bei drei nicht in einem Hangar versteckt hat, vor ihm sicher wäre.

So kennen ihn Millionen: Walter Eichhorn wie er leibt, lebt und fliegt. Und langsam denkt der 82-Jährige ans Aufhören. (Foto: Wilfried Birkholz)

Tatsächlich hat Walter Eichhorn im Laufe seiner Karriere mehr als 60 verschiedene Flugzeugtypen und -Baumuster “geritten”, ob nun jene der kolbengetriebenen Art oder solche mit Jet-Antrieb. Und das während seiner 30-jährigen Dienstzeit bei der Deutschen Lufthansa, davor und danach. Ob Jumbo, DC-10, Airbus 300, oder B727, die erwähnte Bf 109, AN-2, YAK-11, Boeing-Stearman, Tiger-Moth, Do-28, Galeb-, Delfin- oder Siai-Marchetti-Jet – er kennt (und liebt sie) alle. Die “Tante Ju”, das Traditionsflugzeug der Kranich-Airline,  pilotierte er als verantwortlicher Kapitän 15 Jahre lang durch den europäischen und US-amerikanischen Luftraum. Er gab der P 51 “Mustang” der Airforce nebenbei ebenso die Sporen wie der britischen Spitfire. Zu seinen absoluten Favoriten zählen jedoch die gute alte North American T-6, mit der er bis heute unterwegs ist.

Michael Linke, ein Vereinskamerad aus Eichhorns Heimatverein, der Flugsportgruppe Elz, hat dieses himmlische, abenteuerliche Leben detailliert und spannend nach- und aufgezeichnet. Mit „36.000 Stunden am Himmel – Erlebnisse zwischen Null und 36.000 Fuß Flughöhe“ ist die packende und inzwischen schon in dritter Auflage erschienene Biografie betitelt. Zu beziehen über www.flyaholic.de. Ein „Must have“ für alle passionierte Flug- und Eichhorn-Fans. Von letzteren gibt es Tausende. Seine geliebte „D-FHGK“ hat auch schon 76 Lenze auf den Holmen und ist somit nur wenige Jahre jünger als ihr Pilot. Mit ihr zaubert er auf Airshows in ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland seine rasanten und mitunter haarsträubenden Kabinettstückchen an den Himmel.

Die spannende Biografie über Walter Eichhorn ist inzwischen in der dritten Auflage erschienen. (Grafik: Michael Linke)

Langsam denkt der Veteran ans Aufhören

Wenn der Mann, den obligatorischen weißen Schal um den Hals, dem Publikum vor dem Take-Off oder nach der Landung aus dem Cockpit seines brüllenden 600-PS-Boliden zuwinkt, ist die Welt in Ordnung. Für ihn selbst und die Zuschauer. Doch damit könnte es in absehbarer Zeit vorbei sein. Walter Eichhorn hat angekündigt, künftig kürzer treten, wenn nicht ganz mit dem Kunstfliegen aufhören zu wollen. Das wäre ein herber Verlust für die Szene. Gut, die Rolling Stones befinden sich seit 30 Jahren auf Abschiedstournee. Doch bei Walter Eichhorn muss man davon ausgehen, dass er auch tut, was er sagt. Das war schon immer so bei ihm. Vom Publikum und Seinesgleichen wird er geradezu verehrt. Generationen von Piloten haben sich diese Ausnahmepersönlichkeit zum Vorbild genommen und sich an ihr orientiert.

Doch der berühmte Name wird nicht vom Himmel verschwinden. Der Junior, Toni Eichhorn, ist aus dem gleichen Holz geschnitzt. Er wird das Erbe seines alten Herrn bewahren, pflegen und fortentwickeln.

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