(wS/Red) Kreuztal, 03.12.2025 | Ferndorf dreht auf: Auswärtsblock mit den Ferndorfer Füchsen bringt das Euregium kurz zum Schweigen
Endstand: 32:28 (17:8) Zuschauer 1761
„Es wird für uns ein heftiges und schweres Auswärtsspiel, in das wir als klarer Außenseiter gehen“.
So sagte Coach Ceven Klatt noch vor dem Spiel, ahnte er da schon etwas, war es Intuition oder hat er sich das schon an den 5 Fingern ausgerechnet? Egal wie, er sollte Recht behalten, Nordhorn war vor dem Anpfiff der Favorit und so traten sie auch auf.
In der Nachbetrachtung bezog es sich aber nur auf die 1. HZ, in der die Ferndorfer „mit Pauken und Trompeten“ untergingen oder wie Can Adanir es beim Interview auf DYN sagte „DIE 1. HZ WAR EINE KATASTROPHE“.
Es wäre jetzt müßig, diese ersten 30 Minuten wie gewohnt abzuarbeiten, denn man müsste sich dann fast nur mit Fehlern beschäftigen, die dieses Halbzeitergebnis erst ermöglicht haben. Denn 13 Fehlwürfe und 6 technische Fehler sprechen da eine sehr deutliche Sprache. Der Gastgeber hatte allerdings auch eine perfekte 1. Halbzeit auf die Platte gezaubert und die Ferndorfer völlig überrumpelt. Der TuS stand mit dem Rücken zur Wand, ging trotzdem nach einem Fehler von Nordhorn mit 1:0 in Führung, es sollte die einzige Führung sein. Wie gefühlt fast immer war die Ferndorfer Abwehr das Prunkstück, in der Valentino Duvancic auffällig gut agierte, diese Leistung rief er aber auch in der 2. HZ ab und kam so auf 4 Tore im gesamten Match.
Cevens Jungs starteten mutig und hielten beim 1:1 und 2:2 noch mit. Doch schon in diesen ersten Minuten zeigte sich die altbekannte Harzbremse des TuS, ein Angriff, der fahrig wirkte, der im Zusammenspiel hakte und bei jeder Gelegenheit ins Straucheln geriet. Es gab Abstimmungsprobleme, technische Fehler, vergebene Chancen, all das summierte sich zu einem lähmenden Bild. Statt Spielfreude und Durchschlagskraft herrschte Unsicherheit und Nervosität. Die Gastgeber nutzten das gnadenlos aus, und so wurde die erste Halbzeit zu einem bitteren Spiegel der Offensivschwächen.
Can Adanir im Ferndorfer Kasten hatte bis zur 15. Minute nur 1 Parade, deswegen begab sich Filip Baranasic zwischen das Gebälk und kam bis zur erlösenden Halbzeitsirene noch auf 4 Paraden (33 %). Nordhorn setzte sich peu a peu ab, 4:2, 6:4, 8:5, 11:6 und so kam es zum Halbzeitstand von 17:8 im Euregium. Julius Meyer-Siebert und Valentino Duvancic waren mit je 2 Treffern die besten Schützen des TuS, obwohl sich 2 Tore schon schmeichelhaft anhören. Meyer-Siebert kam trotzdem in dieser 1. HZ nicht wirklich ins Spiel und hatte zu den 2 Toren auch noch 5 Fehlwürfe zu Buche stehen. Als die Sirene ertönte, stand ein katastrophal (so Can Adanir) anmutendes 17:8 auf der Anzeigetafel.
8 Tore in einer Halbzeit sind selten, aber nicht einzigartig.
In der Historie der 2. HBL gab es schon mehrere Teams mit ähnlich niedrigen Werten. (Krefeld mit 6, TUSEM mit 7 oder Dormagen mit 8)
Das Besondere gestern, Ferndorf hat sich trotz des Debakels in Hälfte 1 zurückgekämpft und die zweite Halbzeit überlegen und klar gewonnen. Das macht die Leistung außergewöhnlich und spricht für die Moral der Mannschaft.
Auch wenn viele es nicht als Entschuldigung hören wollen, am gestrigen Abend kam der dezimierte Kader von Ceven Klatt gewiss auch ein Stück weit zum Tragen, obwohl es ja auch einige Langzeitverletzte gibt. Klatts Lazarett platzte aus allen Nähten, denn in dem befanden sich gestern Abend Hampus Dahlgren, Philip Würz, Daniel Hideg, Fabian Hecker, Gabriel da Rocha Viana, Fynn Herzig und Jonas Wilde. Grundsätzlich natürlich auch Hendrik Stock, aber der hat den Verein ja vorzeitig verlassen. Somit war Daniel nicht im Rückraum, aber Meyer-Siebert hat da einen richtig guten Job gemacht. Ebenso Nico Schnabl und Tom Jansen. Wegen dem guten Spiel von Jansen konnte Ceven Klatt Marvin Mundus mal ein wenig Pause gönnen.
Ja, Sie haben richtig gerechnet, Ceven hatte 9 Feldspieler und 2 Torleute zur Verfügung, gestern hätte man keine Ersatzbank gebraucht, ein paar Stühle hätten gereicht, die HSG hingegen konnte mit voller Kapelle antreten.
Ich selbst bin ja zum Handball konvertiert und habe nie selbst gespielt, trotzdem bin ICH der Meinung, dass die Niederlage nicht immer beim Coach zu suchen ist. Klar machen die auch mal Fehler, aber mit einem Rumpfkader XXL kann man keine 60 Minuten TOP-Leistungen abliefern.
Die Jungs können es und wir sollten ihnen die Chance geben, uns vom Gegenteil zu überzeugen und ich bin mir sicher, dass wir das spätestens in der Rückrunde erleben werden.
Die mitgereisten 18 TuS-Fans, einschließlich 3 Trommelvirtuosen der Ferndorfer Füchse machten sich lautstark bemerkbar und das würdigten auch die 2 Moderatoren von DYN. Und diese 18 Ferndorfer dürften sich in Halbzeit 2 die Augen wund gerieben haben, denn was unsere Jungs da zelebrierten, war schon „à la bonne heure“.
Diese starke, aber auch kraftraubende Mannschaftsleistung in der 2. HZ hat ihnen einiges abverlangt, aber auch Kräfte freigemacht, um dies abzuliefern.
Die Moderatoren auf DYN wussten das auch und bemerkten, dass Ferndorf immer in der Lage ist, ein Spiel zu drehen und auch hohe Rückstände aufzuholen, sie kämpfen bis zur letzten Sekunde. Es ist nicht immer von Erfolg gekrönt, zeigt aber, dass sie sich NIE aufgeben.
Was Ceven Klatt seinen Jungs in den Pausentee getan hat, wissen wir nicht, aber eins ist klar, mit diesem zweiten Hauptgang hat die HSG Nordhorn/Lingen nicht gerechnet, Ja, sie haben das Match trotzdem gewonnen, waren aber zeitweise ganz schön am Flattern.
Ferndorf stürmte aus der Kabine und legte direkt einen Dreierpack zum 17:11 hin, begünstigt auch durch eine Parade von Filip Baranasic und einem technischen Fehler der Gastgeber. Ja, Nordhorn kann auch in Fehlern und die präsentierten sie dann auch, denn sie fühlten sich völlig überrascht vom Leistungswandel des TuS. Wie schon oben erwähnt, fehlten ja Dahlgren und Viana, also hatte Ferndorf keinen Linksaußen und da musste Ceven improvisieren und so sahen wir zeitweise Lukas Süsser und Mattis Michel auf dieser Position, Lukas schaffte es sogar von dort das 18:12 zu erzielen. Die TuS-Abwehr wurde zur fast unüberwindbaren Hürde für Nordhorn, denn sie scheiterten ein ums andere Mal, sei es am Torhüter Filip Baranasic, später Can Adanir oder an den bissigen Ferndorfer Abwehrspielern. Die TuS-Jungs hatten sich freigespielt und waren nun die spielbestimmende Mannschaft im Euregium.

Ferndorf robbte sich immer weiter heran, die TuS-Fans waren außer Rand und Band und so stand es in der 40. Minute nur noch 20:16, aus einem 9-Tore Rückstand hatte Ferndorf einen 4-Tore Rückstand gemacht. Oder anders gesagt, in der 2. HZ hat bis zur 40. Minute Nordhorn drei und Ferndorf acht Treffer erzielt, das ist ja schon eine Hausnummer. Nach diesem 20:16 nahm Nordhorn-Coach Mark Bult eine Auszeit, das reichte ihm, so konnte es nicht weitergehen. In dieses Team-Time-Out hinein hatte man das Gefühl von Ferndorfer Heimatmosphäre, denn die mitgereisten Fans erzeugten ein unheimliches Spektakel, auf DYN waren nur noch sie zu hören, die HSG-Fans hatten ja auch keinen Grund zu Klatschen. Ihr Team war völlig von der Rolle, fand in dieser Phase keinen Zugriff zum Spiel und musste nun versuchen, das Spiel wieder zu kontrollieren, um den Vorsprung nicht noch weiter schmelzen zu lassen.
Diese 2. HZ war aber auch die Halbzeit von Julius Meyer-Siebert und Tom Jansen, Julius, der noch in der 1. HZ Probleme hatte, blühte jetzt richtig auf und ließ es krachen, er erzielte in dieser 2. HZ 4 Tore, Tom Jansen derer sogar 6, darunter 4 Siebenmeter, denn Josip Eres hatte in dem Bereich gestern Abend Pech. Die HSG wollte in erster Linie ihren Vorsprung verwalten und es nicht noch enger werden lassen. Ferndorf nahm ein wenig Tempo aus dem Spiel, um sich zu sortieren, denn das hat auch Kraft gekostet. Das mag Nordhorn zwar registriert haben, verhinderte aber nicht, dass Cevens Jungs nun auch noch durch Tom Jansen das 22:19 erzielten, der Vorsprung für die HSG schmolz auf 3 Tore, doch im Gegenzug stellten sie wieder auf 4 Tore vor um, es stand 24:20 (46. Min.). Ein Fehlwurf von Duvancic ermöglichte ihnen auch das 25:20 bevor Tom Jansen einen Siebenmeter zum 25:21 verwandelte. Das Kreisspiel der Ferndorfer klappte mit Duvancic hervorragend, ihn bekamen sie nicht in den Griff. Nun stand Can Adanir wieder im Kasten, musste aber auch direkt das 26:21 hinnehmen. Ferndorf warf wieder alles in die Waagschale, Nico Schnabl, zwei Can-Paraden und Josip Eres ließen den TuS wieder auf 26:23 rankommen (54. Min.). Das war ne enge Kiste für die Gastgeber, sie mussten richtig rackern und kämpfen, denn Ferndorf war immer wieder mal dran und jeder Fehler kann jetzt bestraft werden.
Nach gespielten 49:40 hatte Ceven gebuzzert und auf sieben gegen sechs umgestellt, jetzt sollte alles versucht werden. In der 56. Minute, Ceven hatte wieder auf sechs gegen sechs umgestellt, versuchte sich die HSG mit dem sieben gegen sechs und es ging fast in die Hose, denn bei einem Angriff, den Ferndorf stoppte, verfehlte Can Adanir das leere HSG-Tor knapp, es hätte wieder der 2-Tore-Rückstand sein können. Es gab etliche Abpraller nach HSG-Paraden, die gefühlt fast immer beim TuS landeten und daraus entwickelten sich dann auch Tempogegenstöße des TuS. Beim 29:25 nahm Ceven noch eine Auszeit und forderte u.a. noch mehr Tempo nach vorne und das klappte auch. Meyer-Siebert zum 29:26, Nico zum 30:27 (59. Min.) und schon wieder buzzerte der HSG-Trainer, so richtig wohl war ihm wohl nicht. Verständlich denn es folgte das Siebenmetertor von Tom Jansen zum 30:28, jetzt war die Hütte am Brennen, jetzt war noch alles möglich. Ceven stellte auf offene Manndeckung um, musste aber trotzdem das 31:28 hinnehmen. Der Käse war jetzt doch gegessen, Ferndorf hatte noch einen Fehlwurf, die HSG nutzte diese Chance noch und das Spiel endete mit 32:28. Ferndorf darf sich auf diese 2. HZ was einbilden, wir sahen eine geschlossene Mannschaftsleistung mit starken Angriffen und guten Abschlüssen, Respekt. Wir sahen in dieser 2. HZ auch 8 Fehlwürfe und nur 1 technischen Fehler. Unsere Torleute kamen auf ansprechende 11 Paraden, van der Merwe auf der Gegenseite hatte 14 Paraden. Alle Spieler schrieben sich in die Torjägerliste ein und nach unserem letzten Stand hat sich bis auf vielleicht einige wenige Blessuren niemand verletzt. Niederlage ja, aber trotzdem Glückwunsch zu dieser unbeschreiblich guten 2. HZ gegen einen sehr starken Gegner.
Fazit: Auf die Leistung der zweiten Halbzeit kann man aufbauen, wenn wir das rüberbeamen können zum Heimspiel gegen die Eulen, dann sollte da was zu holen sein. Wenn wir die Defizite in der Offensivleistung reduzieren könnten, wären wir schon auf einem einstelligen Tabellenplatz, aber hätte, hätte Fahrradkette. Ferndorf behält den Abstand von 4 Punkten auf die Abstiegsplätze, da Krefeld und Oppenweiler-Backnang ihre Spiele ebenso verloren haben, aber damit bewegen wir uns natürlich auf ganz dünnem Eis.
Allen einen schönen Nikolaustag und Morgen einen schönen 2. Advent.
Bericht: Peter Trojak
Collage: Andreas Domian
Tor:
Can Adanir 5 Paraden (24 %)
Filip Baranasic 6 Paraden (33%)
Torschützen:
Julius Meyer-Siebert 6
Tom Jansen 6/4
Valentino Duvancic und Nico Schnabl je 4
Josip Eres 3
Julius Fanger 2
Marvin Mundus, Lukas Süsser und Mattis Michel je 1
DAS IST FERNDORF – DAS BIST DU
CHRISTIAN WILHELM (HSGzu DYN): Ich finde, wir machen uns das Leben selber schwer, weil wir nicht so konsequent zurücklaufen wie in der ersten Halbzeit. Ferndorf macht mehr Tempo und uns fehlt die Aggressivität aus der ersten Halbzeit. Ich finde, Ferndorf ist von allen Positionen gefährlich, sie treffen auch besser aus dem Rückraum. Dadurch müssen wir dann irgendwann einen Schritt höher, und dann sind die Kreisläufer von denen keine Schlechten. Sie spielen die Bälle gut rein und die machen sie dann halt auch rein.
CAN ADANIR (zu DYN): Die Vorzeichen waren nicht ganz gut, wir treten krankheits- und verletzungsbedingt, ich glaube, nur mit acht Feldspielern an. Die erste Halbzeit ist dann trotzdem nicht das, was wir spielen wollen, auch wenn wir nur acht Feldspieler sind. Ich bin stolz, dass wir es trotzdem schaffen, nach so einer Katastrophen-Ersten-Halbzeit auf vier Tore zu verkürzen. Auf die zweite Halbzeit bin ich einfach nur stolz, wie wir uns da nochmal ran kämpfen. Dann kommt der Schiri in der zweiten Halbzeit zu mir und sagt: „Hej, was seid ihr eigentlich für eine geile Mannschaft.“ Auf diese zweite Halbzeit können wir aufbauen und nächste Woche müssen wir Punkte holen. Ich glaube, man kann sagen, dass wir nie aufgeben. Im letzten Jahr sagte mir der Trainer von Dresden: „Wenn es ums Kämpferische geht, wenn es um die Moral geht, gehört ihr zur Spitze in der 2. Liga.“ Wir geben wirklich nie auf, egal wie die Vorzeichen sind, egal ob wir eine Stunde vorher im Stau stehen, das ist scheißegal.“
CEVEN KLATT: Ich denke, wir kommen in der 1. HZ gut ins Spiel, wir halten die Anfangsphase so bis zur 10. Minute offen, haben dann aber zwei, drei Fehler hintereinander und da verlieren wir. Wir verlieren den Kopf, machen zu viele Fehler und laden dann Nordhorn zu ihrem Tempospiel ein, was Nordhorn dann auch gut macht. Wir kommen gar nicht erst ins Verteidigen und dann wird`s sehr deutlich und so gehen wir mit einer hohen Hypothek in die Halbzeit. In der sprechen wir dann über das wie, also WIE wollen wir uns präsentieren, WIE wollen wir wahrgenommen werden und WIE wollen wir jetzt in der 2. HZ auftreten. Wir haben uns vorgenommen, uns nirgendwo zu ergeben bzw. „Abschlachten“ zu lassen und haben uns dann vorgenommen, in dieser 2. HZ in jede Situation reinzugehen, um alles zu kämpfen und dann Tor für Tor aufzuholen und ich finde, das machen die Jungs auch sehr, sehr gut. Jeder ist für den anderen da und wir verteidigen richtig gut, machen auch nur noch 1 technischen Fehler in der 2. HZ, in der 1. HZ hatten wir 7. Wir sind konsequent im Tempospiel , haben mehr Tiefe im Angriff und machen da viele Sachen gut. Wir gehen dann auch mit einem besseren Gefühl aus dem Spiel raus, auch wenn wir am Ende keine Punkte geholt haben. Mit diesem guten Gefühl wollen wir dann gegen die Eulen Ludwigshafen direkt von Beginn an präsent sein. Ich fand auch, dass Nico Schnabl in der 2. HZ ein gutes Spiel macht, gute Kreiskooperation hat und auch eine gute Steuerung an den Tag legt. Ich fand auch, dass Tom das in der 2. HZ gut macht, das ist auch der Grund, warum Marvin nicht mehr spielt, weil Tom einfach stark ist.
Ich finde auch, dass Julius Meyer-Siebert sehr viele gute Entscheidungen trifft, in der 1. HZ ein bisschen unglücklich, in der 2. HZ aber sehr stark. Tino Duvancic war ebenfalls sehr gut, vorne und hinten. Da ist dann viel dazu gekommen, 1. HZ haben wir wenig Torhüterleistung, 2. HZ halten wir dann auch ein paar Bälle und können deswegen auch besser ins Tempo gehen. Mit der 2. HZ können wir sehr, sehr gut leben. Das in der 1. HZ möchte ich nicht auf die Verletzten schieben, aber es spielt natürlich schon eine Rolle. V ielleicht hat ja der ein oder andere von uns im Unterbewusstsein gedacht, dass das heute schwierig wird. Daraus müssen wir lernen, das darf uns nicht passieren. Wie gesagt, wir nehmen das gute Gefühl aus der 2. HZ mit und haben einmal mehr gezeigt, dass viel Charakter in unserer Mannschaft steckt.









