Vom „Radarpapst“ zum Spezialisten-Team

Integration des neuen Radargerätes läuft weiter planmäßig

(wS/bw) Erndtebrück. Das neue Radargerät ARED (Aktives Radarrundsuchgerät Einsatzführungsdienst) wird nun bald auch am Luftwaffenstandort Erndtebrück vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) an den Einsatzführungsbereich 2 übergeben.

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Das neue Radargerät vom Typ ARED (Aktives Radarrundsuchgerät Einsatzführungsdienst) wird nun bald vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) an den Einsatzführungsbereich 2 übergeben.

Nach Abschluss der momentan laufenden, intensiven und umfangreichen Testreihen beginnt Ende September eine gründliche Einweisungs- und Ausbildungsphase für die örtlichen Radartechniker. Darauf folgt dann die offizielle Übergabe an die Luftwaffe. Für den Verband begleitet Oberstabsfeldwebel Peter Jüngst bereits seit Herbst 2011 die bisherigen bundesweiten Einrüstungen der modernen Radargeräte in Auenhausen (Nordrhein-Westfalen), Lauda-Königshofen (Baden-Württemberg), Visselhövede (Niedersachsen), Brekendorf (Schleswig-Holstein) und Erndtebrück (Nordrhein-Westfalen). Der gelernte Radartechniker und heutige Instandhaltungssteuerer schaut hier noch einmal zurück und wagt zudem auch einen Blick in die Zukunft.

„Radarpapst“

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Oberstabsfeldwebel Peter Jüngst vom Einsatzführungsbereich 2 begleitet die Einrüstung des ARED in der Luftwaffe seit Beginn des Projektes.

An der Erndtebrücker Radargerätestellung fiel am 6. Januar dieses Jahres der Startschuss zur Umrüstung des damals noch vorhandenen Großraumradargerätes Medium Power Radar (MPR). Der mittlerweile über 40 Jahre lange Einsatz am MPR führte unweigerlich zum Aufbau eines enormen Erfahrungsschatzes beim Bedienpersonal, nicht zuletzt auch durch generationenübergreifende Wissensweitergabe durch mittlerweile pensionierte Fachexperten. „Als ich den Dienst am MPR aufnahm“, erklärt Jüngst, „existierte noch pro Sensor ein „Radarpapst“, der Allwissende in Sachen Radartechnik. Ihn galt es wissenstechnisch auszusaugen“. Damals war unter anderem ein fundiertes Wissen im Bereich der Analog- und Hochfrequenztechnik unerlässlich um auch komplexe Instandsetzungsmaßnahmen durchführen zu können. Bis Mitte der 90er Jahre erstreckte sich die Zuständigkeit auf das lokale, also auf das vor Ort befindliche Radargerät. Im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr erweiterte sich die Verantwortung im Bereich der technischen Funktions- und Qualitätskontrolle der Radargeräte des Einsatzführungsbereichs 2 auf zehn Radarsensoren. Diese sind alle an einer Nord-Süd-Achse zwischen Flensburg und München angeordnet.

Innovatives System

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Faszination Technik! Der Leiter der Einsatzgruppe, Oberstleutnant Andreas Springer (links) und Radartechniker Oberstabsfeldwebel Peter Jüngst (rechts) fachsimpeln am neuen Radargerät und thematisieren dabei operationelle und technische Neuerungen.

Das Altsystem erforderte vom Techniker den unbedingten Einsatz von Oszilloskop, Spektrumanalyser, Frequenzgenerator, Hohlleiterlecksucher und Strahlenmeßgerät. Das neue, innovative ARED-System (mit der technischen Bezeichnung GM406F) der französischen Firma Thales, setzt vom technischen Personal hingegen Kenntnisse im Bereich der Netzwerktechnik für LINUX- und Windows-Betriebssysteme und moderner
Radarantennentechnik voraus. Aufgrund systeminterner Test- und Überwachungssoftware ist der Einsatz von Multimeter und Oszilloskop als
ausreichender Messmittelbedarf anzusehen. „Im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr verankert man mit dem System GM406F schon den geplanten unbemannten Betrieb der Radarsensoren“, erklärt Jüngst. Die vollständige Fernsteuerbarkeit der bereits an die Luftwaffe übergebenen drei ARED-Sensoren aus den verbliebenen zwei Control and Reporting Centern (CRC) sei bereits umgesetzt. „Das stellt nicht zuletzt die logische Konsequenz dar, auch für zehn Sensoren weiterhin eine vollumfängliche Qualitätssicherung gewährleisten zu können“, stellt der Radartechniker fest.

Wertvoller Evolutionsschritt

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Radargerät vom Typ ARED

„Das Aktive Radarrundsuchgerät für den Einsatzführungsdienst der Luftwaffe“, so unterstreicht es der Leiter der Einsatzgruppe und Stellvertretende Kommandeur, Oberstleutnant Andreas Springer, „stellt einen Qualitätsgewinn zur sicheren und effektiveren Auftragserfüllung im Bereich der Luftraumüberwachung dar.“ Hohe Qualitätsstandards stellen auch im technischen Bereich des Einsatzführungsdiensts der Luftwaffe (EinsFüDstLw) eine unerlässliche Grundvoraussetzung dar. Überwacht man hier doch im Dauereinsatz (24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche) den deutschen Luftraum und teilweise auch den Luftraum der angrenzenden Nachbarstaaten. Das ist notwendig, um Luftfahrzeuge eindeutig identifizieren, Bedrohungen aus der Luft rechtzeitig erkennen und gegebenenfalls notwendige Maßnahmen einleiten zu können. Die Erfassung der Flugziele wird mit insgesamt 18 stationären, über ganz Deutschland verteilten, militärischen Radarsystemen gewährleistet. Eines davon steht auf der höchsten Erhebung der Edergemeinde, dem fast 700 Meter hoch gelegenem Ebschloh im Rothaargebirge. Für Springer ist klar: „Das neu eingeführte stationäre, weitreichende 3D-Luftverteidigungsradarsystem ARED stellt sowohl aus operationeller als auch aus technischer Sicht einen wertvollen Evolutionsschritt dar“. Weiter erklärt er, “Der Einsatz dieses modernen Radargerätes ermöglicht die Erfassung von Flugzielen in geringen bis großen Höhen. Auch sehr kleine Fluggeräte mit geringer Radarrückstrahlfläche, wie Kleinstflugzeuge, werden erfasst und können verfolgt werden. Dies wird durch die höhere Aktualisierungsrate und die Nutzung der sogenannten Phased Array Technik, mit einer hohen Anzahl kleinerer Sendemodule erreicht.“

Wesentlich höhere Genauigkeit bei der Zielerfassung

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Radargerät vom Typ ARED

Dazu erklärt Radarfachmann Jüngst, „Die Anwendung neuester Antennentechnik führte zu einer erheblichen Gewichts- und Größenreduktion der Antenne und ermöglichte somit die Erhöhung der Aktualisierungsrate.“ Drehte sich das alte MPR-Radargerät sechsmal in der Minute, so schafft das ARED in gleicher Zeit zehn Umdrehungen der Antenne. „Durch diese Eigenschaften“, so Jüngst, „wird eine wesentlich höhere Genauigkeit bei der Zielerfassung erreicht. Der mit der Gewichts- und Größenreduktion, sowie der Nutzung neuester Antennentechnik einhergehende geringere Energieverbrauch und Verschleiß an beweglichen Teilen, sind wesentliche wirtschaftliche Vorteile des ARED.“

Integriertes Projekt Team

„Als Angehöriger des am Anfang des Projektes durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr aufgestellten IPT (Integriertes Projekt Team) konnte ich mich beim Hersteller in Limours in Frankreich und auch an den Systemen in der Luftwaffe von der Leistungsfähigkeit überzeugen. Dem bisher gemeinsam beschrittenen und innovativen Weg im Projekt ARED ist es zu verdanken, dass wir weiterhin im Zeitplan liegen. Durch die eingebrachte Fachexpertise konnten wir bereits jetzt Systemverbesserungen erreichen“, betont Oberstabsfeldwebel Jüngst. Hier wächst nun unweigerlich und dem Wandel der Zeit geschuldet eine neue Generation Radartechniker auf. Aber auch hier gilt es, ein Basisfachwissen aufzubauen, um die Sicherheit im deutschen Luftraum weiterhin gewährleisten zu können.

Absolut positv

Oberstabsfeldwebel Peter Jüngst war im Einsatzführungsbereich 2 über viele Jahre als Radartechniker tätig. Später war er Prüfer in der Qualitätssicherung. Aktuell ist Jüngst im Bereich der Technischen Leitung als Instandhaltungssteuerer aller zehn dem Einsatzführungsbereich 2 unterstellten Radargeräte eingesetzt. Zudem begleitet der Oberstabsfeldwebel die Einrüstung des ARED in der Luftwaffe seit Beginn des Projektes. Er ist 46 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Kinder und zwei Enkel. Die nicht alltägliche Erfahrung, ein Projekt dieser Größenordnung zu begleiten, bewertet er als „absolut positiv und förderlich, um notwendige Fachexpertise zu erlangen.“ Auch das abgelöste System MPR wurde in den ersten Jahren noch von diversen „Kinderkrankheiten“ befreit, bis letztlich auch mit Systemverbesserungen immer wieder dem Stand der Technik entsprochen werden konnte. „Der zukünftig kleinere Kreis der Radartechniker wird effektiver werden“, meint Jüngst und glaubt, dass der Aufwuchs von Spitzen- und Spezialkräften zur Wartung- und Instandsetzung des Radarsystems ARED umso wahrscheinlicher sei.“

Von Generation zu Generation

Bis zum Beginn der Einrüstung des neuen Radarsystems ARED nutzte der EinsFüDstLw drei Generationen von stationären Radargeräten. Die älteste Baureihe, das MPR, stammt aus den 1960er Jahren. Sechs Stück davon wurden zentral in Deutschland auf einer Nord-Süd-Achse (in Brekendorf, Visselhövede, Auenhausen, Erndtebrück, Lauda und Freising) betrieben. Eine weitere und längerfristige Nutzung der MPR-Radargeräte wurde durch die Bundeswehr aus technischen und wirtschaftlichen Gründen als nicht mehr vertretbar bewertet. Im Rahmen des Gesamtprojektes wurde zum Jahresbeginn auch in der Edergemeinde mit der Umrüstung begonnen. Bereits 2008 wurde in einem Rüstungsprozess nach internationaler Ausschreibung die französische Firma Thales Raytheon Systems als Auftragnehmer für die Integration eines Nachfolgesystems, des ARED, identifiziert. Im Jahr 2010 wurde der Vertrag zur Beschaffung von sechs Weitbereichsradaren Groundmaster 406 (GM 406) unterzeichnet.

Flächendeckend ein leistungsfähiges und zuverlässiges Radarsystem

Im Herbst 2011 wurde dann das erste der alten MPR-Radargeräte, in Auenhausen, abgeschaltet und am 9. Juli 2013 durch das hochmoderne ARED ersetzt. Unter Federführung des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr wird zum Ende des Jahres auch die letzte Maßnahme an der Radargerätestellung im bayerischen Freising vorbereitet und das ARED nach Installation in Betrieb genommen. Bei allen ARED Einrüstungen wurde auf teure Neubauten verzichtet und vorhandene Infrastruktur weiter genutzt. Zeitgleich werden die Überwachungsaufgaben durch die verbliebenen Radargerätestellungen wahrgenommen. Mit der letzten Maßnahme in Freising soll das Projekt ARED in 2015 erfolgreich und termintreu zum Abschluss gebracht werden. Damit steht dem EinsFüDstLw flächendeckend ein leistungsfähiges und zuverlässiges Radarsystem zur Verfügung.

Fotos & Text: Peter Hanke

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