Nachruf auf den ehemaligen ungarischen Staatspräsidenten Árpád Göncz

(wS/blb) Bad Berleburg | Die Stadt Bad Berleburg trauert um den ehemaligen ungarischen Staatspräsidenten Árpád Göncz.

Der ehemalige ungarische Staatspräsident Árpád Göncz

Der ehemalige ungarische Staatspräsident Árpád Göncz

Während seiner zweiten Amtszeit im Jahr 1999 war Ungarn das Gastland der Frankfurter Buchmesse und damit auch zu Gast in Bad Berleburg. Staatspräsident Árpád Göncz, Autor des ins Deutsche übersetzten Romans „Sandalenträger“, konnte trotz seiner vielfältigen Aufgaben zu einer Lesung zum Literaturpflaster „Ungarn“ am 14. Oktober 1999 in Bad Berleburg gewonnen werden. Vor einem vollen Saal des Bürgerhauses am Markt las er aus seinem Manuskript „Alte Menschen“.

Die beeindruckende Präsenz des Literaten, die Bescheidenheit des Politikers und die Klugheit des Menschen Árpád Göncz ist allen Besuchern des Abends bis heute in lebhafter Erinnerung geblieben. Seiner Teilnahme an der Veranstaltungsreihe verdankt das Literaturpflaster eine deutlich erhöhte Aufmerksamkeit bei Publikum, Verlagen und Medien.

Beeindruckt von der schönen Landschaft und den Menschen in Bad Berleburg kam Árpád Göncz nach Ausscheiden aus seinem Amt auf Einladung des damaligen Bürgermeisters Braun noch einmal in Begleitung seiner Frau im Jahr 2001 zu einem Besuch nach Bad Berleburg.

Vita

Árpád Göncz wurde 1922 in Budapest geboren. Er ist sowohl Jurist und Politiker als auch Schriftsteller und Übersetzer. Von 1990-2000 war er zwei Amtsperioden Staatspräsident von Ungarn.

Nach seinem Jurastudium schloss Göncz sich 1944 dem Widerstand gegen die deutsche Besatzung an und geriet mehrmals in sowjetische Gefangenschaft, konnte aber immer wieder fliehen. Während des Volksaufstandes 1956 war Göncz im Ungarischen Bauernbund tätig. Nach dem 4. November arbeitete er an der Formulierung der Moratorien mit, die von der Ungarischen Demokratischen Unabhängigkeitsbewegung der Staatsmacht übergeben wurden. 1957 schmuggelte er das Manuskript des Buches von Imre Nagy „In Verteidigung des ungarischen Volkes“ ins Ausland und wurde deswegen am 2. August 1958 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und inhaftiert. In der Haft studierte er Englisch und perfektionierte seine Sparkenntnisse so, dass er als Übersetzter arbeiten konnte. Im Rahmen der Amnestie politischer Häftlinge von János Kádár (1963) wurde auch Göncz vorzeitig aus der Haft entlassen. Anschließend war Göncz zunächst als Übersetzer am Forschungsinstitut für Schwerindustrie und Chemie in Veszprém tätig. Ab 1965 arbeitete er als freier Schriftsteller und Übersetzer. Mit der politischen Wende in Ungarn veränderten sich auch die Möglichkeiten der gesellschaftlichen Einflussnahme in Ungarn. Im Mai 1988 war Göncz an der Gründung des Netzes Freier Initiativen (Szabad Kezdeményezések Hálózata), später an jenem des Bundes Freier Demokraten (Szabad Demokraták Szövetsége – SZDSZ) beteiligt. Vom Mai bis August 1990 amtierte er als Parlamentspräsident und provisorischer Staatspräsident. Auf Vorschlag von József Antall wurde er im August 1990 zum Staatspräsidenten gewählt und übte dieses Amt bis August 2000 aus.

Zwischen den Jahren arbeitete Göncz als Übersetzer zahlreicher Werke. Bekannt wurde er vor allen Dingen durch die Übersetzung des „Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien und Malcolm Lowrys „Unter dem Vulkan“ ins Ungarische. Selbst verfasste er einige Romane und Theaterstücke. Mit „Sandalenträger“ (1987) wurde er auch in Deutschland bekannt.

Mit aufrichtiger Anteilnahme nimmt die Stadt Bad Berleburg und die Veranstaltergemeinschaft des Berleburger Literaturpflasters Abschied von einem bedeutenden Menschen.

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